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Politik

Fünf Reden, George Soros und ein "Komplott"

Barbara Wesel
12. Februar 2018

Die Straße zum Brexit ist mit Reden gepflastert, George Soros spendet aus Trotz noch mehr Geld an die EU-Freunde und auch eine Links-Rechts-Allianz kann eines nicht ändern: Am Brexit ist nichts einfach.

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Berlin Eröffnung Europäische Roma Institut für Kunst und Kultur
George Soros hält den Brexit für schädlich - für Europa wie für GroßbritannienBild: Getty Images/S. Gallup

Dies wird die große Woche der Reden. Wobei man sehen wird, ob es große Reden werden. Jedenfalls sollen sie den Riss bei den Tories wegen des Brexit heilen. Dabei ist schon jetzt klar: Ein paar Worte können den Bürgerkrieg bei den Konservativen über Nationalismus, britische Identität, Migranten und andere ungreifbare Fragen nicht beenden. Der Hass geht tief, und die Gräben verlaufen zwischen verfeindeten Clans. Am Ende wird die politische Landschaft in Trümmern liegen und nichts geklärt sein.

Ein Sieger im anstehenden Krieg der Worte steht dennoch schon fest: Boris Johnson ist der einzige begabte unter den Rednern - die anderen sind die Minister Liam Fox und David Lidington sowie zweimal Theresa May. Boris wird der Nation über Optimismus und Hoffnung predigen, gab ein Mitarbeiter bekannt. Da sind eine Reihe gelehrter Zitate zu erwarten, himmelstürmende Rhetorik und eine Menge falscher Fakten. Schon als junger Journalist war Boris berüchtigt dafür, dass er die Wahrheit nie in die Quere einer guten Geschichte kommen ließ.

Der Brexit ist Boris' bisher allergrößte Geschichte, und er kann sich ihrer Wirkungskraft sicher sein. Nicht weil er noch irgendwie glaubwürdig wäre, sondern weil die Schlagzeilen bei seinen Unterstützern in der Brexit-Presse wohl schon geschrieben sind.

George Soros lässt sich nicht einschüchtern

In der vergangenen Woche spendete der US-Milliardär und Investor George Soros der Anti-Brexit-Gruppe "Best for Britain" 400.000 Pfund. Das sollte eigentlich nicht bemerkenswert sein, denn die Pro-Brexit-Kampagne "Leave" hatte von einigen der reichsten Leute in Großbritannien über 24 Millionen Spendengelder erhalten. Die Ultra-Reichen hassen die EU, weil deren Regeln ihr Leben ein klein wenig unbequemer machen könnten.

Ungarn | Anti-Soros Plakate
In seiner Heimat Ungarn ist George Soros Prügelknabe der rechten Regierung.Bild: AFP/Getty Images

Was also sind da ein paar hunderttausend Pfund von Soros? Aber er ist jüdischer und ungarischer Abstammung, und das scheint alles zu verändern. Nick Timothy, früherer Berater der Premierministerin, startete den Angriff im Brexit-Blatt "The Telegraph". Und es entstand ein wilder Streit über die Frage, ob Timothy dabei auf antisemitische Begrifflichkeiten, also auf die Schmier-Kampagne gegen Soros in Ungarn, angespielt hat oder nicht.

Viktor Orban benutzt den Unterstützer von Menschenrechten und Demokratie in Osteuropa als Prügelknaben und als Vorwand für seine zunehmend rechtsradikale Politik. Und britische Schlagzeilen nach seiner Spende ließen es zumindest an Gift nicht fehlen: "Der Mann, der die Bank von England knackte, unterstützt Verschwörung, um Brexit zu verhindern." Und weiter hieß es, Soros sei ein "reicher Spieler… der beschuldigt wird, sich in britische Angelegenheiten einzumischen". Die "Daily Mail" schrieb von seinem "schmutzigen Geld". Warum sollte wohl Soros Geld weniger sauber sein als das anderer Milliardäre, die ihrerseits den Brexit unterstützen? Ein Verdacht liegt hier nahe.

Großbritannien - Symbol - Europa
Der jüngste Streit zwischen London und Brüssel betrifft die Rechte von EU-Bürgern in der ÜbergangsperiodeBild: Getty Images/AFP/J. Tallis

Soros aber ist nicht so leicht einzuschüchtern und hat gleich noch einmal 100.000 für die Pro-Europäer gespendet. Und in der "Mail am Sonntag" beklagte Soros jetzt die vergifteten Attacken gegen sich und seine Stiftung. Willkommen in der wunderbaren neuen Welt des "globalen Großbritannien" nach dem Brexit!

Nichts ist jemals einfach

EU-Unterhändler Michel Barnier sandte in der vorigen Woche eine deutliche Botschaft nach London. Wenn die "umfangreichen Meinungsverschiedenheiten" zur Übergangsperiode nicht geklärt werden könnten, wäre eine Vereinbarung im März keine "sichere Sache". Es geht dabei um neue EU-Gesetze in diesem Zeitraum und neu eintreffende EU-Bürger in Großbritannien. Die Rechtsfrage ist vielleicht noch zu lösen, aber die Rechte der Bürger sind politisch eine heiße Kartoffel.  

Theresa May ist auf das Thema Migration fixiert. Sie will also den EU-Bürgern, die nach dem Brexit-Datum, dem 29. März 2019, und vor Ende der Übergangsperiode 2020 ins Land kommen, das Bleiberecht verweigern. Brüssel wiederum sagt, dass ihre Rechte nicht eingeschränkt werden dürften.

Uk Chuka Umunna und Anna Soubry nach der Aufzeichnung der Andrew Marr Show
Tory Anny Soubry und Labour-Mann Chuka Umunna: Gemeinsam könnte man im Parlament einen harten Brexit verhindern Bild: imago/i Images/E. Franks

Beide Seiten finden sich in einer Pattsituation. May sucht einen PR-Erfolg nach dem Brexit. Die EU aber erlaubt keine Rosinenpickerei. Es bleiben vier Wochen, um eine Lösung zu finden. Britische Wirtschaftsverbände haben angekündigt, ihre Brexit-Notfallpläne zu aktivieren, wenn es im März keine Übergangsvereinbarung gibt. 

Das Traumpaar der Pro-Europäer

Indes haben die Pro-Europäer ein neues Traumpaar: Labour-Politiker Chuka Umunna und die konservative Abgeordnete Anna Soubry saßen am Sonntag einträchtig auf dem Sofa einer BBC-Politik-Show. Wenn die EU-freundlichen Abgeordneten überparteilich zusammen arbeiteten, erklärten beide, könnten sie im Herbst einen unverdaulichen Brexit-Deal verhindern. Die Zahl der Skeptiker auf beiden Seiten reichten dafür aus. Dabei geht es vor allem um den Binnenmarkt und die Zollunion. Soubry nennt den Ausstiegsplan ihrer Premierministerin einen "großen Fehler" und Umunna hält nichts von der Ambivalenz bei Labour-Chef Jeremy Corbyn. 

"Tory und Labour Abgeordnete schmieden gemeinsamen Komplott" gegen den Brexit, hieß dazu am Montag die Schlagzeile in "The Times". Es ist alles eine Frage der Betrachtungsweise.