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BRIC-Staaten verlieren an Dynamik

14. März 2012

Jahrelang waren sie die Antreiber des globalen Aufschwungs – jetzt geht auch den großen Schwellenländern Brasilien, Russland, Indien und China die Puste aus, das Wachstum verlangsamt sich.

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Night view of the Oriental Pearl TV Tower, Jinmao Tower, the Shanghai World Financial Center and other skyscrapers and high-rise buildings in the Lujiazui Financial District in Pudong, Shanghai, 24 September 2011. Photo Tang Dewei
China Shanghai Skyline bei NachtBild: picture alliance/dpa

Es war ein amerikanischer Finanzexperte, der vor gut zehn Jahren das Kürzel BRIC zu einer Art Markenzeichen machte. Dahinter stehen die aufstrebenden Volkswirtschaften Brasilien, Russland, Indien und China. Während Brasilien und Russland mit ihren Rohstoffvorkommen das Interesse von Investoren auf sich zogen, versprachen Indien und China mit ihrer Milliardenbevölkerung billige Arbeitskräfte und damit niedrige Produktionskosten.

Nur fünf Jahre später trugen diese aufstrebenden Schwellenländer bereits einen höheren Anteil zum Wachstum der Weltwirtschaft bei als die alten Industrieländer. Doch in letzter Zeit stockt diese Wachstumsmaschine. Zum ersten Mal muss China Handelsdefizite verkraften und auch die anderen BRIC-Staaten kämpfen mit Problemen. Ihre Wirtschaftsleistung schrumpft.

China und Indien weiter vorne

Maria Laura Lanzeni, Expertin für die Emerging Markets bei der Deutschen Bank, relativiert diese Entwicklung im Gespräch mit der DW. Die letzten Zahlen stammten aus dem vergangenen Jahr. "In der zweiten Jahreshälfte 2012 werden wir wieder eine Beschleunigung des Wachstums erleben", so Manzeni. Man dürfe nicht einzelne Jahre miteinander vergleichen, sondern eher die Zeiträume 'vor der Krise' und 'nach der Krise'. Dann könne man sehen, dass die Schwellenländer, vor allem China und Indien, weiterhin sehr dynamisch wachsen werden.

In China und Indien wurden die Wachstumsziele für 2012 auf siebeneinhalb  beziehungsweise sieben Prozent gesenkt. Im Vergleich zu den Industrieländern ist das immer noch enorm – gemessen an den zweistelligen Zuwachsraten vergangener Jahre aber ein herber Rückgang. Ursache für den Dämpfer sind steigende Preise für Rohstoffe, die von beiden Ländern in riesigen Mengen importiert werden müssen.

Brasilien und Russland mit Problemen

Brasilien leidet unter drastisch steigenden Lohnkosten, Inflation und der Aufwertung seiner Währung durch ständig wachsende Kapitalströme aus dem Ausland. Westliche Anleger investieren dort, weil in ihren Heimatländern aufgrund der Krisenbekämpfung mit billigem Geld und niedrigen Zinsen kaum noch Renditen zu erwirtschaften sind.

In Russland hemmt die einseitige Abhängigkeit vom eigenen Öl die Entwicklung. Das Land muss seine Wirtschaft dringend modernisieren und breiter aufstellen. Aber Korruption und staatliche Eingriffe in das Geschäftsleben verängstigen Investoren. Wer Geld hat, bringt es ins Ausland. Nach seriösen Schätzungen schafften alleine im Jahr 2011 rund 85 Milliarden Dollar ins Ausland.

Exportraten sinken

Hinzu kommt, dass die Schwellenländer auch von der Schuldenkrise des Westens nicht unberührt bleiben: Die Exporte in die Industriestaaten stottern und die Nachfrage im Inland kann die Verluste nicht auffangen.

Maria Laura Manzeni glaubt dennoch, dass von den Schwellenländern auch in Zukunft wichtige Impulse für die Weltwirtschaft ausgehen werden. "Eine andere Frage ist, ob diese Länder wirklich eine Lokomotive des Wachstums sein können", so Lanzeni. Diese Rolle könnten ihrer Meinung nach lediglich China und Indien ausfüllen.

Schwellenländer aus der zweiten Reihe

Die BRIC-Staaten schwächeln also. Aber schon drängen andere Schwellenländer ins Rampenlicht. Nach Berechnungen von Experten tragen diese Schwellenländer aus der zweiten Reihe bereits ein Viertel zum globalen Wachstum bei, im Jahr 2050 werden es nach Schätzungen bereits 40 Prozent sein.

Die Expertin Maria Laura Mazeni von der Deutschen Bank sieht das entsprechende Potential bei Ländern wie Indonesien, Mexiko und Korea. Natürlich sind die Wachstumsraten dieser Länder unterschiedlich. " Das ist eine heterogene Gruppe. Aber ich glaube schon, dass diese Länder sehr attraktiv für Investoren und Unternehmen sein können", sagt Mazeni.

Hoffnung und Enttäuschung

Zu den Ländern mit langfristig guten Aussichten zählt die US-Investmentbank Goldman Sachs asiatische Staaten wie Vietnam, die Philippinen, Pakistan und Bangladesh. Wobei in einigen dieser Länder die politische Unsicherheit zum Hemmschuh für die Entwicklung werden könnte. Das gilt genauso für die bevölkerungsreichen Staaten Ägypten und Iran im Nahen Osten und auch für Nigeria.

Dagegen sorgt Südafrika nach einer Phase des Aufstiegs für Enttäuschung wegen sinkender Wachstumsraten. Und auch im ehemaligen Vorzeigeland Türkei hat sich das Wachstum dramatisch verlangsamt. Nach Steigerungen von jeweils acht Prozent innerhalb von zwei Jahren in Folge konnte die türkische Wirtschaft im vergangenen Jahr nur noch weniger als drei Prozent zulegen.

Autor: Klaus Ulrich
Redaktion: Henrik Böhme