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BRICS-Profilsuche in Durban

Ludger Schadomsky26. März 2013

Der Gipfel der aufstrebenden Schwellenländer sollte deren Machtanspruch in der Weltpolitik bekräftigen. Doch die fünf BRICS-Staaten zeigen sich uneinig - und Gastgeber Südafrika hat noch ganz andere Sorgen.

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Chinas Präsident Xi Jinping stellt Südafrikas Präsident Jacob Zuma die chinesische Delegation vor (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Der Auftakt des Gipfels stand für Gastgeber Südafrika unter einem traurigen Vorzeichen: dem Tod von 13 südafrikanischen Soldaten beim Putsch in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) am vergangenen Wochenende. Politisch unangenehm auch für Südafrikas Präsident Jacob Zuma: Er wollte sich auf dem BRICS-Gipfel seinen Kollegen aus Brasilien, Russland, Indien und China als militärisch kompetente Regionalmacht auf dem eigenen Kontinent präsentieren. Alex Vines von der renommierten Denkfabrik Chatham House in London vermutet, dass der Tod der südafrikanischen Soldaten "sehr schädlich für Südafrika und dessen Ruf als einer der führenden Militärmächte Afrikas" sei.

Schlusslicht Südafrika

Auch an anderer Stelle bekommt der Gastgeber schlechte Noten: Die deutsche Bertelsmann-Stiftung hat pünktlich zum Gipfel eine neue Studie vorgelegt, wonach Südafrika - trotz guter Wirtschaftszahlen und hoher Staatsausgaben - "keine positive Sozialentwicklung" gezeigt habe. Das Gesundheits- und Bildungssystem sowie der Arbeitsmarkt gäben Anlass zur Sorge. "Südafrika bildet das Schlusslicht und zeigt im Gegensatz zu Brasilien, das ebenfalls große soziale Unterschiede aufweist, keine Trendwende", sagte der BRICS-Experte der Bertelsmann-Stiftung, Najim Azahaf, der DW. Die Stiftung hatte bereits in einer früheren Studie von 2012 der BRICS-Staatengruppe - neben politischem Reformstau - vor allem das Fehlen einer effektiven Politik zur Bekämpfung sozialer Ungleichheit nachgewiesen. Kein schmeichelhaftes Ergebnis für einen Zusammenschluss, der die Dominanz der führenden Wirtschaftsnationen (G7) als ungerecht kritisiert und ein politisches Gegengewicht dazu bilden will.

Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane (Foto: pa/dpa)
Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-MashabaneBild: picture-alliance/dpa

BRICS gegen den Rest der Welt?

Bei den BRICS-Mitgliedern ist der Frust über den NATO-Einsatz im Libyenkonflikt 2011 noch immer groß - weshalb sie ihrerseits eine europäische UN-Resolution zu Syrien boykottierten. Nicht zuletzt deshalb appellierte Syriens Präsident Baschar al-Assad im Vorfeld des Gipfels von Durban an die BRICS-Staaten, sie mögen bei der Lösung der Krise in seinem Land helfen. Das könnte freilich zum Dilemma werden: Während Südafrika, Brasilien und Indien auf dem Gipfel humanitäre Hilfsmaßnahmen für Syrien vereinbaren wollen, dürften Russland und China auf ihre Doktrin der Nichteinmischung verweisen. "Die BRICS-Gruppe ist zwar längst ein geopolitisches Konstrukt", sagt Peter Draper, Ökonom und BRICS-Experte an der renommierten Wits Business School in Johannesburg. "Dennoch gibt es tiefe Gräben innerhalb der Gruppe - zum Beispiel auch, was die Reform des UN-Sicherheitsrates anbelangt."

Infografik zur Wirtschaftsleistung der fünf Schwellenländer (Grafik: DW)
BRICS-Staaten: 40 Prozent der Weltbevölkerung und ein Fünftel der globalen Wirtschaftsleistung

Noch mehr als über Syrien grübeln die Delegationen über die genaue Ausgestaltung und den Sitz der geplanten BRICS-Entwicklungsbank. Über deren Einrichtung hatten sich die Delegationen schon kurz vor dem Gipfel geeinigt. "Es ist geschafft", verkündete ein erleichterter südafrikanischer Finanzminister Pravin Gordhan. Das vor allem von Indien vorangetriebene Geldinstitut soll Infrastruktur- und Entwicklungsprojekte finanzieren und Finanzengpässe der Mitglieder abfedern. Kritiker befürchten allerdings, dass eine weitere Bank die geplante Stärkung bereits existierender Regionalbanken, etwa der "African Development Bank" oder der "Asian Development Bank", konterkarieren könnte.

Die Chinesen kommen - Indien ist schon da

Besonderes Augenmerk wird dem neuen chinesischen Präsidenten Xi Jinping zuteil - der seine erste Auslandsreise als Staatsoberhaupt nach Afrika unternimmt. Er dürfte in Durban das strategische Interesse Pekings an Afrika unterstreichen, das sich allein für das Jahr 2011 in einer gemeinsamen Handelsbilanz von 166 Milliarden Euro ausdrückt. Gleichzeitig wird Xi in Durban wohl aufkeimende Ängste der Afrikaner vor einem chinesischen Hegemonialstreben einzudämmen versuchen.

Dem BRICS-Experten der Bertelsmann-Stiftung, Najim Azahaf, zufolge, werden die 5000 Delegierten in Durban eine Neuauflage des kolonialen "Scramble for Africa" sehen, dem Schachern um Afrikas Ressourcen. "Nicht nur China ist an den Rohstoffen und Mineralien Afrikas interessiert", sagt Azhaf. "Brasilien hat schon vor längerer Zeit das portugiesischsprachige Afrika für sich entdeckt, und Indien hat seit jeher starke Verbindungen zum Kontinent."

Chinas Präsident Xi Jinping (Foto: Reuters)
Chinas Präsident Xi JinpingBild: Reuters

Ganz Afrika profitiert von den BRICS-Beschlüssen

Jenseits der Ressourcenstrategie steht auch ein gemeinsamer Wirtschaftsrat auf der Agenda, der die BRICS-Staaten in internationalen Foren repräsentieren soll. Außerdem geht es in Durban um Untersee-Datenkabel, die die Mitgliedsländer untereinander und mit den USA verbinden sollen, sowie um einen 240 Milliarden US-Dollar schwerer Antikrisenfonds für devisenschwache Mitglieder mit Zahlungsengpässen.

Im Juni wird sich dann die sogenannte IBSA-Gruppe aus Indien, Brasilien und Südafrika treffen, um über die Gipfelbeschlüsse von Durban zu beraten. Gut möglich, dass man sich dort auf eine etwas andere Sprachregelung zum Syrienkonflikt einigt.