1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutsche Olympiahoffnungen

Lutz Kulling

Echte Goldfavoriten sind bei den deutschen Schwimmern eher Mangelware. Doch den beiden Freistil-Assen Britta Steffen und Paul Biedermann ist Edelmetall allemal zuzutrauen.

https://p.dw.com/p/Eco3
Britta Steffen schwamm bei der EM 2006 in Bundest Weltrekord über 100 Meter Freistil (AP Photo / Bela Szandelszky)
Bild: AP

„Ich denke, dass der Weg stimmt. Jetzt müssen wir nur noch die Ausdauer stabilisieren und die Schnelligkeit herauszufordern – dann muss es laufen!“ Schon zu Saisonbeginn hatte sich Kraulsprinterin Britta Steffen optimistisch gezeigt. Und die 24jährige Berlinerin sollte recht behalten: Ende April stellte sie bei den Deutschen Meisterschaften über 100 Meter Freistil in 53,20 Sekunden sogar einen neuen Europarekord auf.

Von Triumphen im feuchten Element war in ihrer Kindheit zunächst keine Rede, denn noch zu DDR-Zeiten schien ihr das Talent nicht in die Wiege gelegt. Britta Steffens Kindergarten bekam jedenfalls eines Tages eher Besuch der ungewöhnlichen Art: „Diese Leute sind herumgegangen und haben gesagt, der könnte ein guter Schwimmer werden und der nicht“, so beschreibt die Athletin eine Schlüsselszene ihres Lebens. „Und mich wollten sie nicht, ich war denen zu klein und zu dünn. Aber man kann sich natürlich auch täuschen!“


Verkannter Goldfisch

Jedenfalls wollte sich Klein-Britta – heute stolze 1,80 Meter groß - nicht mit dem Gehörten abfinden: Trotzig begann sie schon bald, ihre Bahnen zu ziehen. Mit 12 Jahren kam dann der Wechsel auf ein Sportinternat nach Potsdam. Dort begann der Tagesablauf mit einem Morgentraining, bevor gen Mittag und nachmittags schulische Belange zu ihrem Recht kamen. Am Abend folgte dann wieder eine Einheit im Trainingsbecken und an Gewichten oder Kraftmaschinen.

„Aber das hat auch immer Spaß gemacht, weil man wirklich gefordert war“, meint Britta Steffen noch heute. „Und abends schlief man todmüde ein, statt herumzugrübeln, ob das nun das richtige Leben für einen war.“ Zumal wachsender Erfolg die Trainingsfron zu versüßen begann: Schon in den Jugendklassen gewann sie zahlreiche Medaillen auch auf internationalem Parkett.

Britta Steffen feiert 2006 in Budapest ihren EM-Sieg über 100 Meter Freistil (AP Photo/Michael Sohn)
EM-Triumph 2006 in BudapestBild: AP

Sydney brachte dann für die 16jährige als Staffel-Schwimmerin die erste Begegnung mit dem Phänomen Olympia. „Allein schon deshalb, weil Olympische Spiele nur alle vier Jahre stattfinden, es war gigantisch“, schwärmt Steffen Und als sie von einer Begegnung mit dem muskulösen US-Sprinter Maurice Green erzählt, meldet sich endgültig der Teenager von einst: „Der stand im Bus neben mir und war tatsächlich kleiner als ich! Ich war total enttäuscht und dachte, auf Fotos sieht der doch immer so Hammer aus!“


Tief nach Olympia-Premiere

Dem Feuerwerk der Emotionen folgten allerdings einige Jahre mit eher bescheidenen Resultaten. Eine Zeit lang überlegte Britta Steffen sogar, den Schwimmsport ganz an den Nagel zu hängen. Erst die Europameisterschaften 2006 wurden zur Bühne für eine Art Comeback in ungeahnter Stärke: In Budapest holte sich Steffen gleich viermal Gold, gekrönt von zwei Weltrekorden.

Franziska van Almsick im Olympiajahr 2004
Ex-Schwimm-Idol Franziska van AlmsickBild: dpa

Seitdem gilt die angehende Wirtschaftsingenieurin als Siegschwimmerin in spe, die sich auch von ihren zahlreiche Vorbildern gelöst hat: „Das ging über Sandra Völker und Franziska van Almsick bis hin zu Alexander Popow. Letztendlich muss man dann aber irgendwann den Absprung schaffen und sich selbst verwirklichen!“

Vor diesem Hintergrund dürfte auch der Aufsteiger der Saison im deutschen Schwimmerlager auf gutem Kurs sein: Als Europameister von Eindhoven „knackte“ Paul Biedermann zunächst den nationalen Uralt-Rekord von Michael Groß über 200 Meter Freistil.


Schneller als der „Albatros“

24 Jahre hatte die Bestmarke des dreimaligen Olympiasiegers mit der legendären Armspannweite allen Angriffen standgehalten. „Ich habe mich wirklich sehr gut vorbereitet, also mehr und besser trainiert als sonst“, gab Biedermann eher schlicht zu Protokoll. „Nachdem ich in den letzten beiden Jahren auf der langen Bahn einen kleinen Hänger hatte.“

Paul Biedermann nach seinem WM-Sieg über 400-Meter Freistil bei den Deutschen Schwimmmeisterschaften 2008 (AP Photo/Michael Sohn)
Paul BiedermannBild: AP

Das Tief scheint eindrucksvoll überwunden, denn bei den Deutschen Meisterschaften legte der Rekordmann noch nach: Mit 1:46,37 Minuten kraulte er über die 200 Meter endgültig in die Weltspitze. „Ich bin überglücklich, dass ich jetzt gezeigt habe, wie schnell ich schwimmen kann“, jubelte der Hallenser nach dem neuerlichen Coup. „Das kann gern so weitergehen.“

Wenn alles gut geht, könnte Paul Biedermann bei der Medaillenvergabe in Peking durchaus ein Wörtchen mitreden. Denn schon beim Gezänk um die Ganzkörperanzüge der Schwimmer zeigt sich, dass der 22jährige mit Siegermentalität auf dem Startblock steht: „Ich sage nur, der Sportler bringt die Leistung und nicht diese Anzüge. Und wer da von vornherein nach Entschuldigungen sucht, der verliert schon im Kopf!“