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"Grundsätze einhalten"

Joanna Impey, Brüssel14. Oktober 2012

Human Rights Watch sieht den Friedensnobelpreis für die Europäische Union kritisch. Die eigenen Grundsätze hielten die Mitgliedsstaaten oft genug nicht ein, bemängelt Reed Brody im Interview.

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Europaflagge mit Wegweiser zu Hauptstädten in Europa Foto: montebelli - Fotolia.com
Bild: Fotolia/montebelli

DW:Wie haben Sie auf die Nachricht reagiert?

Reed Brody: Wir waren natürlich überrascht. Ohne jeden Zweifel hat das Projekt Europa über viele Jahrzehnte hinweg Demokratie und Menschenrechte gestärkt sowie wirtschaftliche Interessen gefördert; und das zum Nutzen aller. Gleichzeitig haben aber die EU und ihre Mitgliedsstaaten weniger Bereitschaft gezeigt, sich mit Menschenrechtsverletzungen innerhalb der EU auseinanderzusetzen und diese abzustellen: Drohungen gegen Minderheiten, Einschränkungen für Flüchtlinge und Migranten sowie rassistisch motivierte Gewalt sind durchaus Teil der EU-Realität.

Sie haben ihren Sitz in Brüssel und arbeiten eng mit der EU zusammen. Erkennen Sie da die langjährige Anstrengung für den Frieden, den das Nobelkommitee jetzt ausgezeichnet hat?

Ja, auf jeden Fall. Der Wiederaufbau, das Zusammenbringen von früheren Feinden, die Hilfe für die Länder, in denen vorher Militärdiktaturen herrschten, also Griechenland, Portugal und Spanien, die Einigung Europas nach dem Fall der Berliner Mauer und nach den Kriegen im früheren Jugoslawien - all das hat ohne Zweifel dabei geholfen, Frieden zu schaffen. 

In welchen Fällen hat die EU dazu beigetragen, der Arbeit von Human Rights Watch mehr Gewicht zu geben?

Ganz sicher bei der Verteidigung der Menschenrechte in Ländern wie Syrien, Iran und Burma – die Verhängung von Sanktionen gegen Angehörige der Regime in Burma oder Syrien war sehr wichtig. Das gilt auch für die Menschenrechtspreise, die die EU verleiht, der Sacharov-Preis zum Beispiel, der die Arbeit von Menschenrechtlern auf der ganzen Welt ehrt. Und schließlich war die EU eine treibende Kraft bei der Einrichtung des Internationalen Strafgerichthofs und beim Vertrag über die Ächtung von Landminen.  

Reed Brody bei einer Pressekonferenz in Madrid Foto: Paul White/AP/dapd
Reed Brody von Human Right Watch in BrüsselBild: AP

Wo gibt es ihrer Meinung nach Defizite bei der EU?

Die EU lebt nicht immer das vor, was sie von anderen verlangt. Defizite gibt es in der Behandlung von Flüchtlingen und Migranten, insbesondere an den EU-Außengrenzen und auf See. Manche Flüchtlinge verbringen Monate oder Jahre im Gefängnis, beispielsweise in Griechenland oder Malta. In diesem Bereich muss die EU ihren eigenen Grundsätzen erst noch gerecht werden.

Wohin sollte die EU steuern?

Hoffentlich wird die EU noch rigoroser gegen Menschenrechtsverletzungen innerhalb und außerhalb der eigenen Grenzen vorgehen.

Reed Brody ist Sprecher von Human Rights Watch, einer unabhängigen internationalen Organisation, die sich für den Schutz und die Verteidigung der Menschenrechte einsetzt.

Das Interview führte Joanna Impey.