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"Friedensgespräche im Interesse aller!"

Friedel Taube26. Dezember 2014

Die Gespräche zwischen der Ukraine, Russland und den prorussischen Separatisten sind wieder unterbrochen. Der Europa-Abgeordnete Elmar Brok ruft die Konfliktparteien auf, weiter zu verhandlen..

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Elmar Brok - Foto: Konrad-Adenauer-Stiftung
Bild: KAS

DW: Die Minsker Friedensverhandlungen unter Führung der Organisation für
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sind offensichtlich geplatzt. Wie geht es jetzt Ihrer Einschätzung nach weiter?

Elmar Brok: Ich hoffe, dass das nur eine kurzfristige Unterbrechung ist. Wenn Russland die Sanktionen loswerden möchte, dann geht das nur über die Erfüllung des Minsker Abkommens. Wie es aussieht, ist man bislang - abgesehen von einem vereinbarten Gefangenenaustausch - nicht weitergekommen.

Immerhin zwei Tage wurde ja miteinander gesprochen. Wie ist der Gefangenenaustausch zwischen den ukrainischen Regierungstruppen und den prorussischen Separatisten im Donbass zu bewerten?

Das ist ein guter Fortschritt. Es geht um eine humanitäre Frage - auf diesem Gebiet war auch bereits das Minsker Abkommen im September erfolgreich. Aber das ist auch das Einzige, was danach wirklich geklappt hat. Denn der damals vereinbarte Waffenstillstand als solcher ist nie zustande gekommen. Ich glaube, das ist zunächst die wichtigste Frage: Wie kann man die Kämpfe entzerren, sodass nicht versucht wird, gegenseitig zu Geländegewinnen zu kommen.

Hat die Tatsache, dass die Ukraine jetzt offensichtlich in die NATO strebt, Einfluss auf das Scheitern der Gespräche gehabt?

Das glaube ich nicht und das hoffe ich nicht. Es ging ja darum, dass man den erst vor vier Jahren von Janukowitsch eingeführten Passus der Blockfreiheit wieder wegnimmt. So etwas hat die Ukraine ja vorher nie gehabt. Präsident Petro Poroschenko hat gesagt, er will in sieben Jahren ein Referendum zu dieser Frage durchführen, sodass sie jetzt gar nicht praktisch auf der Tagesordnung steht.

Die neueste Entwicklung ist eine Militärdoktrin, die Wladimir Putin unterschrieben hat. In dieser werden die Expansionsbestrebungen der NATO als größte externe Gefahr für Russland bezeichnet. Wie bewerten Sie diese Doktrin?

Erstens ist das keine reale Angelegenheit. Der NATO-Beitritt der Ukraine ist 2008 abgelehnt worden, auch durch Deutschland und Frankreich. Zweitens ist es sicherlich leicht möglich, eine Einigung mit Russland zu erzielen und auf den NATO-Beitritt zu verzichten, wenn Russland die Minsker Vereinbarung erfüllt und auch dafür Sorge trägt, das dies die prorussischen Kräfte tun, und wenn das Völkerrecht wiederherstellt wird. Ich glaube nicht, dass es erstes Ziel sein sollte, die Ukraine in die NATO aufzunehmen.

Welche Rolle kann die OSZE jetzt noch spielen?

Ich glaube, dass die OSZE eine sehr wirkungsvolle Rolle spielt, weil ja alle beteiligten Parteien dort Mitglied sind, auch Russland. Die OSZE ist eine Organisation, die die rechtlichen Voraussetzungen schafft und auch die notwendigen Instrumentarien hat, um Beobachtungen vorzunehmen und die Sicherheit zu gewährleisten, damit über Verhandlungen dann doch ein friedlicher Ausgleich erfolgt. Das ist ja das eigentliche Ziel des Helsinki-Abkommens, das die Grundlage der OSZE ist: dass man Konflikte - die es immer zwischen Nationen geben wird - friedlich in Europa auflöst. Ich hoffe, dass die OSZE - die derzeit von der Schweiz klug geführt wird - in der Lage ist, diese Gesprächsebene herzustellen.

Und Sie gehen auch davon aus, dass das in Minsk in den kommenden Tagen wieder geschehen wird?

Ich weiß es nicht, aber ich hoffe es. Es ist im Interesse aller, dass es geschieht. Und ich hoffe, dass die Klugheit vorhanden ist, solche Gespräche weiterzuführen, wenn man eine Ausweitung des Konflikts vermeiden möchte und wenn man vor allem in diesem Winter an die Menschen denkt, die in Flüchtlingslagern und in der Krisenregion selbst leben. Mit Rücksicht auf die Menschen sollte man sich gemüßigt fühlen, zu einer Einigung zu kommen.

Elmar Brok (CDU) ist Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlamentes. Im Zuge der Ukraine-Krise ist er seit November 2013 immer wieder nach Kiew gereist, um zu vermitteln.

Das Gespräch führte Friedel Taube.