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Vaclav Klaus im Europarlament

Anja Koch20. Februar 2009

Der tschechische Staatspräsident gilt als bekennender Europa-Skeptiker. Den EU-Reformvertrag lehnt er ab. Deshalb wurde seine Rede im europäischen Parlament mit Spannung erwartet.

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Vaclav Klaus; Quelle: (AP Photo/Richard Drew)
Ein passionierter EU-Skeptiker: Vaclav KlausBild: AP

"Die ersten Wochen der tschechischen Ratspräsidentschaft haben gezeigt, dass Tschechien sich seiner Verantwortung bewusst ist. Ich möchte hier auch noch einmal klar und deutlich betonen, dass ich selbst für die Europäische Union bin", sagte der tschechische Präsident Klaus ungewohnt Europa-freundlich. Doch kurze Zeit später fand er zu den Tönen zurück, die er schon seit Wochen und Monaten angeschlagen hatte: Es gebe keine Alternativen zur EU, wohl aber zu ihrer Ausgestaltung. Die EU sei zu zentralistisch und werde von oben dirigiert.

Ohne Klaus’ Unterschrift keine Ratifizierung

Vaclav Klaus; Quelle: (AP Photo/Thierry Charlier.)
Bei seiner Rede im Europaparlament.Bild: AP

Klaus forderte, viele Entscheidungen auf EU-Ebene müssten wieder zurück in die einzelnen Staaten verlegt werden. "Der Status Quo der Europäischen Union ist nichts, was nicht kritisiert werden kann. Weder der Status Quo noch das Erstarken der EU ist ein Dogma für demokratische Regierungen", sagte er – und spielte damit auch auf den EU-Reformvertrag an, den er entschieden ablehnt. Denn der Vertrag werde noch mehr Entscheidungen nach Brüssel verlegen, kritisiert der tschechische Präsident.

Für die EU-Politik Tschechiens ist zwar nicht Vaclav Klaus verantwortlich, sondern die Regierung von Ministerpräsident Mirek Topolanek, trotzdem spielt der Präsident eine wichtige Rolle bei der Ratifizierung des Reformvertrags: Er muss seine Unterschrift unter das Dokument setzen.

Jeder kann seine Meinung äußern – auch Vaclav Klaus

Vaclav Klaus; Quelle: (AP Photo/Thierry Charlier.)
Eine europäische Flagge kommt ihm nicht auf die Prager Burg.Bild: AP

Mit dem Vertrag werde die EU undemokratischer, erklärte Klaus. Und dass es so wenig Demokratie gebe, läge auch am Parlament. "Es gibt keine Opposition im europäischen Parlament, und jeder, der über Alternativen nachdenkt, wird als Gegner der europäischen Integration bezeichnet. Aber ohne Opposition gibt es keine Demokratie." Deshalb würde es auch nichts nützen, mit dem EU-Reformvertrag das Parlament zu stärken.

Seine Skepsis gegenüber der EU hat der tschechische Staatspräsident schon oft mit der Geschichte seines Landes begründet. Lange stand Tschechien unter dem Einfluss der Sowjetunion, eine freie Meinungsäußerung war zu jener Zeit nicht gewährleistet. Gerade deshalb müsste die Europäische Union dafür sorgen, dass auch diejenigen gehört würden, die sich kritisch zur EU äußerten, betonte Klaus.

Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering wies Klaus’ Kritik zurück. "In einem Parlament der Vergangenheit hätten Sie eine solche Rede nicht halten können. Gott sei Dank leben wir in einer europäischen Demokratie, in der jeder seine Meinung äußern kann."

Lautstarke Proteste

Im Plenum sorgte die Rede von Vaclav Klaus für Aufsehen: Einige Abgeordnete verließen unter lauten Buh-Rufen den Saal. "Das war eine Rede passend zum Karneval. Die Grünen-Fraktion wird Herrn Klaus für den Karnevalsorden als Provokateur des Jahres vorschlagen", kommentierte der Grünen-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit Klaus’ Rede.