Bukarest unter Brüsseler Beobachtung
14. Juli 2012"Die rumänischen Gesetze werden in Rumänien geschrieben, sie werden nicht woanders geschrieben oder verhandelt", kritisierte Rumäniens Interimspräsident Crin Antonescu (Artikelbild) die Forderungen der Europäischen Union. Nach dem umstrittenen Absetzungsverfahren von Staatschef Traian Basescu verlangt die EU von der rumänischen Regierung die Streichung von zwei Eilverordnungen, mit denen die Macht des Verfassungsgerichts eingeschränkt und die Regeln für das Referendum über Basescus Absetzung gelockert werden. Es soll am 29. Juli stattfinden.
Die EU-Kommission prüft außerdem, ob dieses Vorgehen gegen den Präsidenten europäischen Standards für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit genügt. Als EU-Mitgliedsstaat muss sich Bukarest daran halten, auch wenn sich Antonescu gegen jegliche Kritik aus dem Ausland verwahrt und meint, nur dem rumänischen Parlament und dem Volk Rechenschaft schuldig zu sein.
Die EU sieht das etwas anders und schließt harte politische Sanktionen nicht mehr aus. Notfalls werde man Rumänien auch das Stimmrecht im Ministerrat entziehen, wenn man eine "schwerwiegende und anhaltende Verletzung der Grundwerte" feststelle, hieß es aus Brüssel. Wahrscheinlicher ist Experten zufolge jedoch, dass die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleitet. Eine Entscheidung darüber wird allerdings frühestens kommenden Mittwoch fallen.
Nicht ohne die EU
Auch der rumänische Ministerpräsident Victor Ponta ist sich bewusst, dass Brüssel mitunter auch in Bukarest mitreden darf. Daher antwortete er dem EU-Kommissionspräsidenten José Barroso in einem Brief auf die elf Bedenken und Fragen seitens der EU. Zuvor war er am Donnerstag zu einem Besuch nach Brüssel gereist und hatte versichert, die Kritik ernstzunehmen.
Grund für die politische Krise in dem EU-Mitgliedsstaat ist ein seit Monaten schwelender Machtkampf zwischen dem konservativen Basescu und Pontas Mitte-Links-Regierung. Das Parlament, in dem Ponta über eine Mehrheit verfügt, hat kürzlich für eine Amtsenthebung des Staatschefs gestimmt. Daraufhin entbrannte auch ein Konflikt mit dem Verfassungsgericht über die Regeln eines solchen Verfahrens.
Noch mehr Druck von außen
In den innenpolitischen Streit mischt sich auch der Europarat ein, zu dessen Mitgliedern Rumänien seit 1993 gehört und der sich unter anderem der Wahrung demokratischer Grundsätze widmet. Er will zwei Mitglieder seiner Parlamentarier-Versammlung in das südosteuropäische Land schicken. Der Schweizer Sozialist Andreas Gross und die luxemburgische Liberale Anne Brasseur sollen sich vor Ort über die Ereignisse informieren und mit allen Beteiligten sprechen.
Der Europarat hat bereits eine Prüfung des Amtenthebungsverfahrens durch die sogenannte Venedig-Kommission in Auftrag gegeben. Ihr gehören renommierte Verfassungsrechter aus den 47 Mitgliedsstaaten des Europarates an.
nis/ml (afp, rtr, dapd)