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Bulgaren stimmen über AKW ab

27. Januar 2013

Im ersten Referendum nach dem Ende des Kommunismus 1989 sind die Bürger in Bulgarien aufgerufen, über den Bau eines Atomkraftwerks zu entscheiden.

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Stillstehender Kraftwerksbau im bulgarischen Belene (Archivbild:ddp images/AP)
Bild: Anonymous/AP/dapd

Es geht um den Weiterbau des Kernkraftwerks im Donaustädtchen Belene, den die derzeitige bürgerliche Regierung im März 2012 wegen explodierender Kosten gestoppt hatte. Die oppositionellen Sozialisten hatten daraufhin mit der Sammlung von fast 800.000 Unterschriften das Referendum erzwungen. Sie unterstützen das Projekt vorbehaltlos, denn der Bau in Belene war während der Amtszeit des sozialistischen Staatschefs Georgi Parwanow mit Russland vereinbart worden. Geplant waren zwei 1000-Megawatt-Meiler russischen Typs. Der deutsche Energiekonzern RWE war bereits Ende 2009 wegen unklarer Finanzierung aus dem Kraftwerks-Projekt ausgestiegen.

Zur Abstimmung aufgerufen sind rund 6,5 Millionen Wähler. Damit die Volksabstimmung gültig ist, ist eine Beteiligung von mehr als 60 Prozent der Stimmberechtigen erforderlich. Beobachter bezweifeln, dass dieses Quorum erreicht werden wird. Hinzu kommt, dass die Referendumsfrage etwas unklar formuliert ist: "Soll die Atomenergiewirtschaft in der Republik Bulgarien durch den Bau eines neuen Kernkraftwerks weiterentwickelt werden?" Damit ist offen, welches Atomkraftwerk gemeint ist. Die nicht im Parlament vertretene Partei der früheren EU-Kommissarin für Verbraucherschutz, Meglena Kunewa, rief daher zum Boykott des Referendums auf, da es keine Klarheit über das AKW-Projekt gebe.

Alternative Kosloduj

Regierungschef Boiko Borissow erklärte dazu immer wieder: "Alle wissen doch, dass es um Belene geht.". Als ärmstes EU-Land könne sich Bulgarien Baukosten von mehr als zehn Milliarden Euro für das AKW nicht leisten, argumentierte der Ministerpräsident. Die Regierung präferiert statt des Projekts Belene den Bau eines neuen Kraftwerksblocks in der aus kommunistischer Zeit stammenden Anlage Kosloduj. Dort sind nur noch zwei 1000-Megawatt-Meiler in Betrieb - vier kleinere Reaktoren wurden auf Druck der Europäischen Union vor dem EU-Beitritt Bulgariens 2007 geschlossen.

Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissow (Foto:dpa)
Bulgariens Premierminister Boyko Borissow BorissovBild: picture-alliance/dpa

Sozialisten für Belene

Sozialisten-Chef Sergej Stanischew setzt dagegen auf den Slogan: "Wollen wir eine Nation von Ingenieuren oder von Kellnern sein?" Der Bau in Belene würde zu einer Belebung der angeschlagenen Wirtschaft beitragen. Bulgarien könne mehr Strom exportieren, im Inland würden gleichzeitig die Strompreise fallen. "Ohne Belene würde Bulgarien Strom aus der Türkei einführen müssen", warnte Stanischew. Diese Argumentation verfange nicht nur bei Nationalisten, hieß es in Korrespondentenberichten.

wl/uh (dpa,afpe)