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Bulgariens EU-Kommissions-Kandidatin gibt auf

19. Januar 2010

Bulgariens umstrittene Kandidatin für die EU-Kommission, Rumjana Schelewa, gibt auf. Im Europaparlament waren Vorbehalte bezüglich der fachlichen Kompetenz Schelewas und wegen ihrer Geschäftsverbindungen laut geworden.

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Rumjana Schelewa vor EU-Flagge (Foto: dpa)
Zieht nicht nach Brüssel: Rumjana SchelewaBild: picture alliance / dpa

Die Außenministerin ihres Landes erklärte am Dienstag (19.01.2010) in einem Schreiben an Regierungschef Boiko Borisow, sie werde nicht für den Posten der EU-Kommissarin für Humanitäre Hilfe kandidieren. Den von Rumjana Schelewa ebenfalls angebotenen Rücktritt als bulgarische Außenministerin lehnte Borisow ab.

Rumjana Schelewa während ihrer Anhörung vor dem EU-Parlament am 12. Januar (Foto: AP)
Rumjana Schelewa während ihrer Anhörung vor dem EU-Parlament am 12. JanuarBild: AP

Die 40-Jährige war bei der Anhörung im EU-Parlament heftig unter Druck geraten. Abgeordnete hatten nicht nur ihre fachlichen Qualitäten angezweifelt. Es wurden auch Fragen nach möglicherweise bisher verschwiegenen Nebeneinkünften und nach Geschäften ihres Mannes gestellt. "Fehlt noch etwas in der Erklärung zum Verhaltenskodex für Kommissare, den Sie unterschrieben haben, über Ihre Interessen? Gibt es etwas, das Sie jetzt dem Ausschuss sagen möchten? Und gibt es irgendwelche früheren Geschäftsinteressen, über die Sie bisher noch nichts gesagt haben?" fragte beispielsweise der britische Sozialist Michael Cashman. Schelewa antwortete eindeutig: "Alles an Gerüchten und Behauptungen gegen meinen Ehemann und mich entbehren jeder Grundlage. Ich finde, wir können uns jetzt auf das eigentliche Thema dieser Anhörung konzentrieren."

"Opfer eines politischen Kleinkrieges"?

Doch die Bulgarin konnte zahlreiche Ausschussmitglieder nicht überzeugen. Der juristische Dienst des Europaparlaments untersuchte die Vorwürfe. Er konnte sie zwar nicht bestätigen, Schelewa aber auch nicht entlasten. Es sei nicht möglich, die "Wahrhaftigkeit" der Angaben zu überprüfen, hieß es.

Während sich die Kritiker jetzt bestätigt fühlen, sehen Schelewas christdemokratische Parteifreunde im Parlament eine Intrige der politischen Gegner am Werk. "Alle Anschuldigungen gegen sie haben sich als haltlos erwiesen", so der französische Fraktionsvorsitzender Joseph Daul. "Aber Frau Schelewa konnte es nicht länger ertragen, dass ihre Ehre und ihre Ehrlichkeit in Zweifel gezogen wurden. Ich meine, sie ist Opfer eines politischen Kleinkrieges geworden."

Rückzug verzögert Antritt der neuen Kommission

Die schriftliche Reaktion von Kommissionspräsident José Manuel Barroso fiel denkbar knapp aus. Sein Sprecher Amadeu Altafaj gab sich vor Journalisten ebenfalls zugeknöpft: Präsident Barroso nehme Schelewas Rückzug als designierte Kommissarin zur Kenntnis. Es handele sich um eine persönliche Entscheidung, die Barroso vollkommen respektiere.

Zunächst muss Barroso jetzt die neue Kandidatin aus Bulgarien treffen. Kristalina Giorgiewa, zurzeit Vizepräsidentin der Weltbank, muss sich natürlich ebenfalls den Fragen des Parlaments stellen. Und selbst die Ressortzuteilung in der Kommission könnte sich ändern. Die Abstimmung im Parlament über die Gesamtkommission dürfte sich nun um etwa zwei Wochen verzögern. Und damit kann auch die neue Kommission ihre Arbeit nicht mehr, wie ursprünglich vorgesehen, am 1. Februar aufnehmen.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Julia Elvers-Guyot