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Bulgarische EU-Ministerin: "Kein Plan B in der Schublade"

3. August 2006

Bei einem Besuch der Deutschen Welle sprach die bulgarische EU-Minister Meglena Kuneva über Fortschritte ihres Landes, die kommende Generation und warum sie schon jetzt die Party zum EU-Beitritt im Januar 2007 plant.

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Die bulgarische EU-Ministerin Meglena Kuneva bei der Deutschen Welle (28.07.2006)Bild: DW

Von Selbstbewusstsein spricht Meglena Kuneva gerne: Ja, in Bulgarien müsse man selbstbewusster sein, sagt die zierliche Europa-Ministerin. Und irgendwie klingt das zugleich bescheiden: "Ich glaube, der Wunsch nach Verbesserungen ist da. Wir träumen von einem besseren Leben, und das ist unser Motor, jeden Tag Verbesserungen durchzusetzen. Wir erhoffen uns diese Verbesserungen für die nächste Generation. Denn die, die jetzt mittleren Alters sind, werden die Früchte noch nicht ernten können", sagt die Ministerin.

Nachholbedarf und Fortschritte

Sich selbst nimmt sie da ebenfalls aus - sie ist 49. Und hat einen Sohn. Überhaupt, wenn sie von der Jugend in ihrem Land spricht, dann leuchten ihre Augen: "Sie wissen so viel wie Jugendliche in jedem anderen europäischen Land. Sie sind neugierig. Und sie haben ein Freiheitsgefühl. Wenn man diese Generation mit der vor 1990 vergleicht, ist der Unterschied dramatisch! Man sieht den Horizont!"

Den Horizont in einem Land, das noch im Frühjahr von der EU-Kommission wegen grassierender Korruption, vieler unaufgeklärter Auftragsmorde und mangelnder Bekämpfung von Geldwäsche gerügt wurde. Meglena Kuneva räumt ein, dass Bulgarien hier noch viel nachzuholen habe, betont aber auch, dass es Fortschritte gebe: "Wir haben viele erfolgreiche Fälle, bei denen es um Geldwäsche geht. Nun ja, viele - das heißt: vier. Wir hatten vorher ja noch gar keine Erfahrung mit dieser Art von Verbrechen. Aber jetzt sind wir schon integriert in einer größeren Staatengemeinschaft. Und es ist eine Herausforderung, unsere Gesellschaft vor Verbrechen zu schützen."

Alte Garde abgelöst

Aber alles brauche eben seine Zeit, sagt die ausgebildete Juristin. Wichtig sei vor allem, dass die alte Politiker-Garde abgelöst sei, so Kuneva: "Diejenigen, die das Land Anfang der 1990er Jahre in diese unglückliche Situation gebracht haben, haben das Vertrauen der Bürger nie wieder gewinnen können, so dass sie auch nicht wieder an die Regierung gekommen sind."

An der Regierung ist seit 2001 nämlich ihre Partei: die "Nationale Bewegung Simeon der Zweite", benannt nach Ex-König Simeon Sakskoburggotski, der bis Mitte 2005 noch das Amt des Regierungschefs innehatte.

Kampf dem "Brain Drain"

Für die Zukunft wünscht sich Meglena Kuneva mehr qualifizierte und vor allem junge Politiker, die in Bulgarien verantwortungsvolle Posten übernehmen können. Wenn da nicht das große Problem des "Brain Drain" wäre, also dass die Hochqualifizierten in andere Länder abwandern, weil dort lukrativere Posten warten. "Ich glaube, wir können unsere Besten auch in Bulgarien halten - wenn sie wissen, dass sie ins Ausland gehen und danach wieder zurückkehren können. Ich glaube, mit Restriktionen können wir die Leute nicht hier behalten. Das ist auch nicht fair."

Deshalb seien auch EU-Programme wie "Erasmus", bei dem Studenten finanzielle Unterstützung für ein Auslandssemester bekommen können, so wichtig, sagt sie. In den Genuss dieser Hilfen kommt Bulgarien bereits, obwohl es erst Beitrittskandidaten-Status hat. Mit Erlangen der Mitgliedschaft kann das Land dann auf die ganze Palette an Subventionen zugreifen.

Beitrittsparty schon geplant

Was aber, wenn es doch noch nichts wird mit dem Beitritt am 1. Januar 2007? Ein Lächeln. Sie glaube fest daran, sagt sie, es sei auch schon eine große EU-Party in ihrem Wahlkreis Ruse geplant. Und wenn die EU-Kommission im September die Aufnahme doch noch um ein Jahr verschiebt? Nein, sagt Kuneva, einen "Plan B" für diesen Fall habe sie nicht in der Schublade. Und den werde es auch nicht geben.

Klaus Dahmann
DW-RADIO, 31.7.2006, Fokus Ost-Südost