1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bundesanwaltschaft bestreitet V-Mann-Verwicklungen

8. April 2016

Die Bundesanwaltschaft hat Berichten widersprochen, wonach Mitglieder der rechten Terrorgruppe NSU für einen Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes gearbeitet haben. Auch der Verfassungsschutz weist die Vorwürfe zurück.

https://p.dw.com/p/1IRn4
Sitz der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe (Foto: dpa)
Sitz der Bundesanwaltschaft in KarlsruheBild: picture-alliance/dpa/U. Deck

Haben der verstorbene NSU-Terrorist Uwe Mundlos und die in München angeklagte Beate Zschäpe nach ihrem Abtauchen bei einem V-Mann des Verfassungsschutzes gearbeitet? "Die Ermittlungen haben bislang keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Mitglieder des NSU in einem von Ralf M. betriebenen Unternehmen beschäftigt waren", sagte nun eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft dem Portal "Spiegel Online".

Bei Ralf M. handelt es sich um Ralf Marschner, einem Neonazi aus Zwickau und ehemaligen V-Mann. Er war unter dem Tarnnamen "Primus" jahrelang als Informant für den Inlandsgeheimdienst tätig. Dessen Präsident Hans-Georg Maaßen hatte Verbindungen zu NSU-Mitgliedern ebenfalls verneint. "Nach unserer Erkenntnislage und nach den Auskünften der damals dafür zuständigen Mitarbeiter haben wir keine Anhaltspunkte dafür, dass es so war", erklärte Maaßen gegenüber der Tageszeitung "Die Welt".

Unter Tarnidentität beschäftigt?

Ein Autorenteam um Stefan Aust hatte in der am Mittwochabend ausgestrahlten ARD-Dokumentation "Der NSU-Komplex" berichtet, Mundlos sei unter einer Tarnidentität in den Jahren 2000 bis 2002 als Vorarbeiter eines Bauunternehmens im sächsischen Zwickau eingesetzt gewesen. Inhaber der Firma war Marschner. Die Journalisten berufen sich auf Dokumente und Zeugenaussagen. Marschner soll 2002 als V-Mann abgeschaltet worden sein. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) arbeitete Zschäpe einige Jahre später in einer anderen Firma Marschners. Darauf deuten laut dpa Vernehmungsprotokolle und Zeugenaussagen hin.

Beate Zschäpe im Münchner Oberlandesgericht (Foto: Reuters)
Beate Zschäpe im Münchner OberlandesgerichtBild: Reuters/Michaela Rehle

Es hatte schon früher Spekulationen gegeben, Zschäpe sei bei Marschner beschäftigt gewesen. Aust sagte dem Sender MDR Info, dies sei in Recherchen nicht so eindeutig zu belegen gewesen wie bei Mundlos. Der Bayerische Rundfunk berichtete, das Bundeskriminalamt habe das geprüft und sei zum Schluss gekommen, dass Zschäpe nicht dort gearbeitet habe. Auch der erste NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag war solchen Hinweisen erfolglos nachgegangen.

Clemens Binninger - damals CDU-Obmann im ersten NSU-Ausschuss und nun Vorsitzender des zweiten Aufklärungsgremiums zu dem Fall - sagte der dpa, für ihn seien seitdem dennoch Zweifel geblieben. "Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es gar keinen V-Mann gab, der zumindest wusste, wo sich das Trio aufhielt." Diese Zweifel seien mit ein Grund dafür gewesen, einen weiteren U-Ausschuss zu dem Fall einzusetzen. Der neue NSU-Ausschuss werde diesen Dingen nun auf den Grund gehen.

Alarmierte Opposition

Auch die Obleute von Grünen und Linken in dem Ausschuss äußerten sich alarmiert. "Im Raum steht die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung durch einen V-Mann des Staates", sagte die Grünen-Obfrau Irene Mihalic. "Der Staat wäre dann im Zusammenhang mit dem Untertauchen des NSU nicht nur Mitwisser, sondern auch Mittäter." Die Linke-Obfrau Petra Pau mahnte, alle Akten zum V-Mann Marschner müssten nun dem neuen NSU-Ausschuss vorgelegt werden.

Mundlos, Zschäpe und ihrem Komplizen Uwe Böhnhardt wird eine jahrelange Mordserie zur Last gelegt. Zwischen 2000 und 2007 erschoss der NSU, der "Nationalsozialistische Untergrund", nach Erkenntnissen der Ermittler zehn Menschen, neun davon ausländischer Herkunft. Mit Sprengstoffanschlägen soll die Gruppe außerdem Dutzende Menschen verletzt haben.

stu/wa (afp, dpa)