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Bundesanwaltschaft ermittelt im Fall Reker

19. Oktober 2015

Jetzt liegt die Akte in Karlsruhe auf dem Tisch: Kaum im Amt, übernimmt der neue Generalbundesanwalt Peter Frank die Ermittlungen zum Attentat auf die Kölner OB-Wahl-Siegerin Henriette Reker.

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Nach der Messerattacke: Polizist am Tatort (Archivbild: dpa)
Nach der Messerattacke am Samstag: Polizist am TatortBild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Der neue Generalbundesanwalt Peter Frank hat die Ermittlungen zum Messerattentat auf die nunmehr gewählte Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker an sich gezogen. Hintergrund ist die besondere Bedeutung des Falls. Frank wies auf die Schwere der Tat und die vom Beschuldigten angestrebte öffentliche Signalwirkung hin.

Die 58-jährige Reker war am Samstag bei einem Wahlkampfauftritt niedergestochen und schwer verletzt worden. Der Angreifer sitzt wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft. Der längere Zeit arbeitslose Maler und Lackierer hat laut Polizei fremdenfeindliche Motive genannt. Ein Psychiater stufte ihn als voll schuldfähig ein.

"Nur eine Randperson im rechtsextremen Lager"

Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz bestätigte unterdessen, dass der Tatverdächtige jahrelang Kontakte in die rechtsextreme Szene unterhielt. Schon in den 1990er Jahren soll der 44-Jährige in Bonn aktiv gewesen sein. Dort habe er Kontakte zur "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) gepflegt, einer aggressiven Neonazi-Partei, die 1995 verboten wurde.

1994 nahm der Mann laut Verfassungsschutz an einem sogenannten "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch" in Luxemburg teil und wurde dort von der Polizei in Gewahrsam genommen. 2008 habe er Interesse an der NPD gezeigt. In jüngster Zeit sei er sporadisch in rechtsgerichteten Online-Foren in Erscheinung getreten.

Nach Einschätzung von Verfassungsschutz-Chef Burkhard Freier war der mutmaßliche Messerstecher von Köln allerdings nur "eine Randperson" im rechtsextremen Lager. Das sagte Freier im WDR-Hörfunk. Im Internet gebe es eine unglaubliche Zunahme der Hetze gegen Flüchtlinge und Aufnahmeeinrichtungen.

Generalbundesanwalt Peter Frank (Archivbild: dpa)
Besondere Bedeutung des Falls: Generalbundesanwalt Peter Frank (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

"Bewusst geschürte Hetze"

Wenn man im Internet so etwas wie virtuellen Applaus für seine Hasstiraden erhalten habe, dann könnten "schnell aus Worten Taten werden", so der Verfassungsschutz-Chef. Viele der Täter kämen gar nicht aus dem organisierten Rechtsextremismus, sondern aus dessen Umfeld. "Wir gehen davon aus, dass rechtsextremistische Parteien und Organisationen diese Hetze im Internet bewusst schüren", sagte Freier.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sieht auch bei der Pegida-Bewegung und der Alternative für Deutschland (AfD) eine Mitschuld für den Anschlag auf Reker. Dafür hätten Mitglieder von AfD und Pegida, "die fremdenfeindliche Parolen in die Welt posaunen", den "Boden bereitet", sagte Göring-Eckardt im ARD-"Morgenmagazin". Linken-Chefin Katja Kipping erklärte im RBB-Inforadio, Pegida, AfD und Co. hätten "ganz klar eine gesellschaftliche Stimmung mit angeheizt, die dann genau zu solchen erschreckenden Übergriffen führt".

Erste Frau an der Stadtspitze

Wahlkampf-Fahrzeug von OB-Spitzenkandidatin Henriette Reker am Tatort (Archivbild: dpa)
Das Wahlkampf-Fahrzeug von Henriette Reker (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Henriette Reker, die weiterhin im Krankenhaus liegt, war am Sonntag mit absoluter Mehrheit zur neuen Oberbürgermeisterin von Köln gewählt worden. Die parteilose Politikerin ist die erste Frau auf dem OB-Posten in der Geschichte Kölns und zugleich das einzige weibliche Stadtoberhaupt unter den 20 größten Metropolen hierzulande. Ob die nach einem Messerattentat schwer verletzte 58-Jährige überhaupt von ihrem Wahlsieg weiß, blieb am Tag nach ihrem Triumph allerdings unklar.

Ihr Gesundheitszustand hat sich nach Angaben der Universitätsklinik "in Anbetracht der Schwere der Verletzung positiv entwickelt". Das Umfeld der Wahlsiegerin geht davon aus, dass sie das Amt der Oberbürgermeisterin antreten wird. "Wer Frau Reker kennt, weiß: Sie ist eine Kämpfernatur, und sie hat einen starken Willen", sagte Stadtsprecherin Inge Schürmann.

jj/fab (dpa, afp, swr)