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Haushaltsdebatte in Berlin

Sabine Kinkartz11. September 2012

In Berlin hat das alljährliche Haushalts-Ritual begonnen. Doch dieses Mal ist etwas anders. Die Euro-Krise ist in der Debatte über die Ausgaben und Einnahmen des Bundes allgegenwärtig.

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ARCHIV - Eine Europafahne weht am 15.09.2011 vor dem Reichstag in Berlin im Wind. Das Bundesverfassungsgericht hat einen wichtigen Teil der Verfahrensregeln für die deutsche Beteiligung an Nothilfen des Euro-Rettungsfonds EFSF vorläufig gestoppt. Die Entscheidungsrechte des Bundestags dürfen nicht von einem Sondergremium aus lediglich neun Parlamentariern wahrgenommen werden, entschied der Zweite Senat im Eilverfahren in einem am Freitag (29.10.2011) bekanntgegebenen Beschluss. Foto: Kay Nietfeld dpa (zu dpa 0353 vom 28.10.2011) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Symbolbild Europa Fahne ReichstagBild: picture-alliance/dpa

Eigentlich ist alles wie in jedem September eines Jahres. Nach dem Ende der Sommerpause tritt das Parlament wieder zusammen und hat auf der Tagesordnung ganz oben den Bundeshaushalt für das kommende Jahr stehen. Drei Monate lang wird über den künftigen Etat verhandelt: Zunächst in einer ersten Lesung im Plenum, danach in den Ausschüssen und Ende November abschließend noch einmal im Plenum.

Doch was ist schon normal in Zeiten der Euro-Krise? Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eröffnete die Debatte über den Haushaltsentwurf für 2013 mit einer rund einstündigen Rede, von der er mehr als ein Drittel allein der Euro-Schuldenkrise widmete. Neu waren seine Aussagen nicht, aber nach der Entscheidung der Europäischen Zentralbank über den unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen krisengeschüttelter Euro-Länder umso betonter.

Man dürfe nicht übersehen und müsse wieder und wieder in Erinnerung rufen, dass die Ursachen "in Fehlern der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Mitgliedsländer" liegen und "nur dort korrigiert werden" könnten. Das sei die Grundlage aller Entscheidungen zu europäischen Rettungsschirmen und auch der Europäischen Zentralbank.Strikte Überwachung von Reformen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterhält sich am Dienstag (11.09.2012) im Bundestag in Berlin mit Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (l, FDP) und Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). (Foto: dpa)
Viel Gesprächsbedarf zwischen Wirtschaftsminister Rösler, Außenminister Westerwelle und Bundeskanzlerin Merkel (v.r.)Bild: picture-alliance/dpa

Schäuble spricht von "bequemen Auswegen" und einem "lockeren Umgang mit der Banknotenpresse", wenn er die Entscheidung der EZB meint. Ohne es direkt zu sagen, drückt er damit seine Missbilligung aus. Gleichzeitig betont er in seiner Rede aber, dass die Unabhängigkeit der EZB respektiert und verteidigt werden müsse. "Man kann unterschiedlicher Meinung darüber sein, in welchem Maße eine Zentralbank ihre Entscheidung für Märkte berechenbar machen sollte, weil mit der Berechenbarkeit immer auch eine Einladung zur Spekulation verbunden sein könnte." Vor diesem Hintergrund könne man auch das Wort "unbegrenzt" unterschiedlich interpretieren.

Das sei aber nur ein Punkt, so Schäuble. Noch wichtiger ist für ihn der Umstand, dass Hilfsgelder lediglich in Verbindung mit Reformzusagen fließen sollen. "Ohne konsequente Reformen, ausgehandelt mit dem Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission und konsequent durch diese Institutionen, die man Troika nennt, überwacht, geht in den Mitgliedsstaaten gar nichts."

Eine Feststellung, auf die der Bundesfinanzminister großen Wert legt, wurde sie in den letzten Tagen doch immer wieder infrage gestellt. "Das ist unabdingbare Konditionalität und so steht es auch in den Verträgen", so Schäuble.

Weitere Schulden eingeplant

Erst nach zwanzig Minuten Redezeit kommt der Bundesfinanzminister auf das eigentliche Thema dieser Woche zu sprechen, den Bundeshaushalt. Der im Juni vom Kabinett verabschiedete Gesetzentwurf sieht für 2013 Gesamtausgaben in Höhe von 302,2 Milliarden Euro vor. Die Neuverschuldung soll bei 18,8 Milliarden Euro liegen und bis 2016 schrittweise auf null sinken. In diesem Jahr sind bisher neue Schulden in Höhe von 32,1 Milliarden Euro eingeplant.

Vor allem die immer noch hohe Neuverschuldung stößt bei der Opposition auf harsche Kritik. SPD, Grüne und die Linke werfen der schwarz-gelben Koalition vor, die guten Jahre nicht zur schnelleren Sanierung des Haushalts genutzt zu haben. "Sie gerieren sich in Europa immer als Klassenprimus, aber in Wahrheit wird viel Wasser gepredigt und Wein getrunken", so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch. Die Koalition habe in der laufenden Legislaturperiode rund 112 Milliarden Euro neue Schulden angehäuft, da könne man nicht von Sparsamkeit sprechen.Opposition fordert mehr Sparsamkeit

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht am Dienstag (11.09.2012) im Bundestag in Berlin. (Foto: dpa)
Die Euro-Krise im Mittelpunkt: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble begründet den Haushalt 2013Bild: picture-alliance/dpa

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Joachim Poß, spricht angesichts des Bundeshaushalts von "Schönfärberei". Der Bundesfinanzminister schmücke seine Haushalts- und Steuerpolitik mit einer glänzenden Außenfassade, habe tatsächlich aber vor allem bei den sozial Schwachen gespart und die soziale Schieflage verschärft.

Diesen Vorwurf weist der haushaltspolitische Sprecher der FDP, Otto Fricke, mit Vehemenz zurück. "Diese Bundesregierung gibt auch weiterhin nahe fünfzig Prozent der Ausgaben für den Sozialstaat aus", so Fricke. Diese Tatsache "Abholzen" zu nennen, oder davon zu sprechen, dass "die Schere auseinandergeht", das sei der Versuch der Opposition, über Steuererhöhungen mehr Geld zu bekommen. "Es ist der Wunsch der linken Seite des Hauses, die Einnahmen zu erhöhen, dafür ist ihnen jedes Argument recht."