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Bundeskabinett beschließt Etatentwurf 2003

Karl Zawadzky / DW Parlamentsstudio Berlin19. Juni 2002

Auf 246,3 Milliarden Euro beläuft sich der am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf für den Bundeshaushalt des kommenden Jahres.

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Verteidigungsminister Rudolf Scharping, Außenminister Joschka Fischer und Bundesbankpräsident Ernst Welteke, vor der Kabinettsitzung zum Haushalt 2003Bild: AP

Im Vergleich zum laufenden Jahr sollen die Ausgaben des Bundes damit um 0,5 Prozent oder 1,2 Milliarden Euro sinken. Auch für das folgende Jahr 2004 sieht Bundesfinanzminister Hans Eichel einen Rückgang der Bundesausgaben vor.

Auch die Netto-Neuverschuldung des Bundes ist rückläufig. Im laufenden Jahr wird der 700 Milliarden Euro hohe Schuldenberg des Bundes noch um 21,5 Milliarden Euro erhöht; im kommenden Jahr benötigt der Bundesfinanzminister nur noch 15,5 Milliarden Euro an zusätzlichen Krediten. In der ebenfalls vom Kabinett beschlossenen mittelfristigen Finanzplanung ist für das Jahr 2004 ein nahezu ausgeglichener Bundeshaushalt vorgesehen; im Jahr 2006 soll der Bund dann ganz ohne Netto-Neuverschuldung auskommen und in den Jahren danach mit der Abtragung des in 30 Jahren aufgetürmten Schuldenberges beginnen.

Voraussetzung dafür, daß das umfangreiche Zahlenwerk aufgeht, ist das allseits prognostizierte Anspringen der Konjunktur. Bundesfinanzminister Eichel betonte bei der Vorlage des Etatentwurfs seine Annahme für das Wirtschaftswachstum des kommenden Jahres von 2,5 Prozent. Dadurch werden die Steuereinnahmen zunehmen, während die Arbeitslosigkeit zurückgeht. Erstmals seit vielen Jahren kann dann die Arbeitslosenversicherung ohne einen Zuschuß des Bundes auskommen. Dagegen steigt der Bundeszuschuß zur Rentenversicherung um fünf Milliarden Euro auf 77 Milliarden Euro im kommenden Jahr, was durch die vierte Stufe der Öko-Steuern finanziert wird. Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bundesfinanzminister:

"Das ist ein Haushalt der Vernunft und der Verantwortung. Wir machen keine unbezahlbaren Versprechungen. Und wir rütteln nicht an den Kriterien des Europäischen Stabilitätspaktes. Zum ersten Mal seit 30 Jahren, das weist die mittelfristige Finanzplanung aus, wird ein Haushalt im Jahr 2006 ausgeglichen sein, d. h. ohne neue Schulden auskommen. Wir werden im Jahr 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt haben. Ich will hinzufügen: Das ist eine große Leistung, nicht zuletzt des Bundesfinanzministers."

Schröder geht davon aus, daß auch die übrigen Mitgliedsländer der Europäischen Union am Ziel der Haushaltskonsolidierung und an den Vorgaben des Stabilitätspaktes festhalten. Deutschland wird seine Verpflichtungen für die Stabilitätspolitik nach den Worten des Bundeskanzlers strikt einhalten und dadurch sein Haushaltsdefizit von im laufenden Jahr rund 2,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts abbauen. Dies erwartet Schröder auch von anderen EU-Ländern, vor allem Frankreich, Portugal und Italien, die mit ihren Haushalts- defiziten der im Stabilitätspakt festgelegten Obergrenze von drei Prozent gefährlich nahe kommen. Zu Berichten, Frankreich wolle im Rahmen einer expansiven Finanzpolitik den Stabilitätspakt aufweichen, äußerte Schröder sich nicht.

Bundesfinanzminister Eichel wies darauf hin, daß die Bundesregierung mit dem Etatentwurf 2003 zum vierten Mal in Folge dem Bundestag einen Haushalt vorlegt, in dem die Neuverschuldung gegenüber dem Vorjahr zurückgeführt wird. Für 2004 ist ein weiterer Rückgang geplant. Eichel betonte:

"Der Haushalt 2003 folgt der Grundlinie, die alle Haushalte hatten, die wir seit der Einleitung des Konsolidierungskurses gefahren sind: 1. strikte Reduzierung der Neuverschuldung, 2. Senkung der Steuern und Abgaben und 3. Stärkung der notwendigen Zukunftsinvestitionen, in diesem Fall mit einem neuen Programm Ganztagsbetreuung durch Ausbau von Ganztagsschulen."

Die Einrichtung von 10 000 Ganztagsschulen soll nicht nur die Bildung stärken, sondern auch die Betreuung von Kindern verbessern und damit den Frauen bei der Vereinbarkeit von Pflichten in Familie und Beruf helfen. Für die Jahre bis 2007 bietet die Bundesregierung den Gemeinden und Ländern ein Vier-Milliarden-Euro-Programm an, das im kommenden Jahr mit 300 Millionen Euro starten soll. Zahlungen des Bundes im Rahmen dieses Programms von maximal 400 000 Euro pro Schule sind an Beteiligungen der Länder gekoppelt.

Mit mehr als 93 Milliarden Euro ist der Haushalt für Arbeit und Soziales der größte Einzelposten; in ihm stellt der Bundeszuschuß zur Rentenversicherung mit 77 Milliarden Euro den größten Block. Mit 26 Milliarden Euro bleibt der Verkehrsetat der zweitgrößte Einzelhaushalt. Danach folgt der Verteidigungsetat mit 24,4 Milliarden Euro. Durch die Einbuchung der bislang aus dem allgemeinen Haushalt finanzierten Mittel von 767 Millionen Euro für Anti-Terror-Maßnahmen der Bundeswehr steigt der Etat von Bundes-
verteidigungsminister Rudolf Scharping um drei Prozent. Um jeweils 200 Millionen Euro sollen die Etats von Bundesinnenminister Otto Schily und von Forschungsministerin Edelgard Bulmahn aufgestockt werden. Der Haushalt von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul soll um rund 100 Millionen Euro auf 3,8 Milliarden Euro zunehmen. Damit erfolgt ein weiterer Schritt hin zu dem Ziel, bis zum Jahr 2006 den Anteil der Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit von derzeit 0,27 Prozent auf 0,33 Prozent des Bruttosozialprodukts zu steigern.

Der Etatentwurf wird Mitte September und damit etwa eine Woche vor der Bundestagswahl vom Bundestag beraten. Mit dem Ende der Legislaturperiode wird der Entwurf hinfällig. Nach der Wahl und der Regierungsbildung muß ein neuer Entwurf für den Bundeshaushalt aufgestellt werden. Der wird sich, egal wie die Wahl ausgeht, weitgehend an dem jetzt erstellten Zahlenwerk orientieren und Anfang kommenden Jahres vom Bundestag beschlossen werden. Ohne gültigen Haushalt können die Ministerien Monat für Monat nur ein Zwölftel der Gesamtausgaben des Vorjahres tätigen.