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Bundeskanzler Schröder dankt den Ungarn für die Grenzöffnung vor 15 Jahren

17. September 2004

- Ungarn-Besuch zu Ende

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Bonn, 16.9.2004, DW-Radio, Jens Thurau

Am zweiten Tag seines Ungarn-Besuches hat sich Bundeskanzler Gerhard Schröder am Donnerstag (16.9.) beim Malteser-Caritas-Dienst für dessen Unterstützung von DDR-Flüchtlingen bei der Grenzöffnung vor 15 Jahren bedankt. Jens Thurau mit Einzelheiten.

Pater Imre Kozma wollte nie Politiker sein - und doch war sein Wirken vor genau 15 Jahren im höchsten Maße politisch. Der heute 64 Jahre alte Präsident des ungarischen Maltester-Caritas-Dienstes erhielt im August 1989 einen Hilferuf der Botschaft der Bundesrepublik in Budapest. Dorthin hatten sich über 100 DDR-Bürger geflüchtet. Ob denn der Pater Menschen aufnehmen könne, lautete die Bitte. Er konnte. Bis zum Winter betreuten die Malteser 50 000 DDR-Flüchtlinge. Grund genug für Bundeskanzler Gerhard Schröder, dem Pater zum 15. Jahrestag der Öffnung der ungarisch-österreichischen Grenze zu danken:

"Das tut gut, daran zu erinnern, dass es nicht irgendwelche weltgeschichtlichen Akteure gewesen sind. Es waren Menschen wie Sie, Pater Kozma, wie ihre Helfer vom Malteser-Caritas-Dienst, die damals gehandelt haben. Gehandelt aus Mitgefühl mit Menschen, die in die Freiheit wollten - gehandelt mit großer Tatkraft."

Später nahmen die ungarischen Malteser erneut Flüchtlinge auf - diesmal aus dem kriegszerrütteten Jugoslawien. Der Pater verweist dennoch eher auf die Rolle der Politik am Ende des Ost-West-Konflikts. Die damalige ungarische Regierung - deren bekanntester Vertreter der Außenminister Gyula Horn war - habe mit der Grenzöffnung das entscheidende Signal gegeben. Pater Kozma:

"Vor 15 Jahren ist hier ein Wunder geschehen. Wir haben nur Menschen aufgenommen. Aber die Politiker haben zueinander gefunden. Und über diesen guten Willen der Politik freuen wir uns immer noch."

Der Regierung der Wendejahre gehörte auch der heutige Ministerpräsident Peter Medgyessy an. Der Sozialist ist nur noch wenige Tage im Amt - er hat nach innenparteilichen Querelen seinen Rücktritt erklärt. Nachfolger wird Jugendminister Ferenc Gyurcsany, ein Self-Made-Millionär der postkommunistischen Ära. Auch er wird an dem strikten Sparkurs nicht vorbeikommen, der seinen Vorgänger zermürbte. Das neue EU-Mitglied Ungarn will bis 2008 die Maastricht-Kriterien erfüllen und 2010 den Euro einführen. Deutschland ist wichtigster Handelspartner - rund ein Drittel der ausländischen Direktinvestitionen kommen aus der Bundesrepublik, allen voran die Telekom mit über 1,7 Milliarden Dollar. Telekom-Vorstandsmitglied Karl Gerhard Eick war mit in Budapest. Probleme für Investoren sieht er durch die politischen Aufregungen kaum:

"Wir bemerken dadurch keine Beeinträchtigungen. Ungarn ist für uns nach wie vor ein interessantes Land. Wir sehen natürlich die Veränderungen, gehen aber weiter davon aus, dass wir stabile politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen haben - da sind wir sehr zuversichtlich."

Greifbares Ergebnis der 26-Stunden-Visite in Budapest war die Unterzeichung einer Erklärung über gemeinsame Wissenschaftsprojekte. Forscher aus beiden Ländern werden an den Standorten Budapest und Kaiserslautern künftig im Bereich der künstlichen Intelligenz zusammenarbeiten. Beide Seiten stellen zusammen sechs Millionen Euro dafür bereit. (fp)