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Bundesliga Wirtschaftsbilanz

20. Juni 2011

Was für eine Überraschung: Deutschlands Fußball ist Spitze - zumindest in finanzieller Hinsicht. Die Bundesliga erzielt höhere Gewinne als die europäische Konkurrenz. Wie ist das möglich?

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Symbolbild Bundesliga Umsätze (DW-Grafik / Per Sander)
Bild: Tomo Jesenicnik/babimu/Fotolia/DW

"Deutschland ist Europameister" - diesen Satz würden Fußballfans hierzulande nur allzu gerne wieder einmal hören. Sportlich gesehen ist der Traum seit 1996 nicht mehr in Erfüllung gegangen, dafür kann sich jetzt aber immerhin die Bundesliga aufgrund ihrer finanziellen Situation mit diesem Titel schmücken. Mit einem erzielten Gewinn von 138 Millionen Euro wirtschaftete sie so erfolgreich wie kein anderes europäisches Fußball-Oberhaus. Dies geht aus einer aktuellen Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte hervor. Die Zahlen beziehen sich auf die Saison 2009/2010 - aktuellere Zahlen gibt es derzeit nicht. Finanzieller Vizeeuropameister wurde Englands Premier League mit einem Gewinn von 101 Millionen Euro. Die italienische Serie A und die französische Ligue 1 machten dagegen Verluste von 110 beziehungsweise 102 Millionen Euro. Spanien äußerte sich nicht zu den Gewinnen und Verlusten seiner Profiliga Primera División.

Strenges Lizensierungsverfahren

Stefan Ludwig, Senior Manager Sport Business bei der Unternehmensberatung Deloitte (Foto: Deloitte)
Lizensierung entscheidend: Stefan Ludwig von DeloitteBild: Deloitte

Stefan Ludwig, Direktor der Sport Business Gruppe bei Deloitte, führt das gute Abschneiden der Bundesliga insbesondere auf das besonders strenge Lizensierungsverfahren zurück. "Die Klubs in Deutschland wirtschaften aufgrund der Aufsicht durch die Deutsche Fußball Liga offensichtlich konservativer als ihre Kollegen in anderen Ländern", so Ludwig gegenüber DW-WORLD.DE. Das Lizensierungsverfahren im deutschen Fußball gilt als das schärfste in Europa. Die Vereine erhalten ihre Lizenz zur Teilnahme an der Bundesliga nur, wenn sie besonders strenge finanzielle Kriterien erfüllen.

Trotz der strikten Liquiditätsprüfung häuften dennoch einige Klubs Schulden an. Laut der Süddeutschen Zeitung fielen in der Saison 2009/2010 rund 78 Millionen Euro Verlust in der Liga an. Elf der achtzehn Klubs schrieben rote Zahlen. Stefan Ludwig geht allerdings davon aus, dass es sich hierbei um ein relativ kurzfristiges Phänomen handelt, dass auf ein etwas risikofreudigeres Investitionsverhalten zurückzuführen ist. "Noch vor drei Jahren waren alle 18 Klubs der ersten Liga profitabel."

Zuschauer kommen in Scharen

Auch bei den Zuschauerzahlen belegt die Bundesliga den Spitzenplatz in Europa. Sie konnte ihre durchschnittliche Besucherzahl in der abgelaufenen Saison nochmals erhöhen: Im Durchschnitt kamen 42.101 Besucher pro Spiel ins Stadion. Laut Dirk Meyer-Bosse, Sprecher der Deutschen Fußball Liga (DFL), tragen zur Attraktivität der Bundesliga die vergleichsweise günstigen Tickets, die modernen und sicheren Stadien und der spannende Wettbewerb bei. "In den vergangenen vier Jahren wurden in Deutschland drei verschiedene Vereine Meister. Außerdem schaffen es auch immer wieder Klubs auf die oberen Plätze, mit denen im Vorjahr noch niemand gerechnet hätte", so Meyer-Bosse gegenüber DW-WORLD.DE.

Blick in das Stadion des Deutschen Meisters Borussia Dortmund (Foto: dapd)
Zuschauermagnet Borussia Dortmund - 80.000 pro HeimspielBild: dapd

Trotz Wirtschaftskrise Umsatzrekord

Obwohl die wirtschaftliche Situation in Europa momentan alles andere als rosig ist, wuchs laut der Deloitte-Studie auch der Gesamtumsatz des europäischen Fußballmarktes. Insgesamt stieg der Erlös um vier Prozent auf ein Rekordniveau von 16,3 Milliarden Euro an. Verantwortlich für diesen Wachstumsschub sind insbesondere die "Big-Five"-Ligen. Premier League, Bundesliga, Primera División, Serie A und Ligue 1 erwirtschafteten mehr als die Hälfte des europäischen Gesamtumsatzes. Die Premier League führt dabei das Feld mit einem Umsatz von rund 2,5 Milliarden Euro an. Deutschland konnte sich zumindest auf finanzieller Ebene gegen die Liga von Fußball-Weltmeister Spanien durchsetzen und sichert sich mit 1,66 Milliarden Euro Platz zwei. Die Primera Division, die sich zwar in Sachen Gewinnen und Verlusten bedeckt hält, gibt zumindest Auskunft über ihren Umsatz: Den konnten die Spanier auf 1,62 Millionen Euro erhöhen. Wachstumsmotoren waren in Spanien insbesondere Real Madrid und der FC Barcelona, die ihre Umsätze insgesamt um 69 Millionen Euro steigerten.

Financial Fairplay

Symbolbild Champions League Finale Barcelona - ManU (DW-Grafik / Steinmetz)
Finanziell eine andere Liga: Barcelona und ManUBild: DW/AP/UEFA

Stefan Ludwig geht davon aus, dass sich die Profitabilität der europäischen Ligen aufgrund der Einführung des Financial Fairplay zukünftig weiter positiv entwickeln wird. Die von der Europäischen Fußball-Union (Uefa) verabschiedete Regelung besagt, dass die Vereine nicht mehr ausgeben dürfen, als sie an Umsatz erlösen. Ihre Ausgaben dürfen die Klubs zukünftig nur noch aus ihren operativen Einnahmen wie Ticketerlöse und Vermarktung von Medienrechten bestreiten. Zuwendungen von Gesellschaftern oder Kapitalgebern fallen nicht darunter. Wettbewerbsvorteile durch Investorengelder sollen somit unterbunden werden.

Das Financial Fairplay soll außerdem einen Beitrag zur Sanierung der europäischen Klubs leisten. Laut einer Untersuchung der Uefa sind über 50 Prozent der europäischen Vereine defizitär. Halten sich die Klubs nicht an die Uefa-Vorgaben, müssen sie um ihre Teilnahme an der Champions League oder Europa League bangen. Das Konzept des Financial Fairplay tritt ab der Saison 2013/2014, zunächst noch mit Übergangsfristen, in Kraft. "Solide wirtschaftenden Klubs wird diese Regelung entgegenkommen", so Dirk Meyer-Bosse. Stefan Ludwig geht davon aus, dass sich für die relativ gut wirtschaftenden Bundesligaklubs durch die Einführung des Financial Fairplay nicht viel verändern wird. Europäische Vereine, die bisher aber weit über ihre Verhältnisse gewirtschaftet haben, werden sich in Zukunft etwas einfallen lassen müssen.

Autorin: Mareike Theisling
Redaktion: Henrik Böhme