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Bundesrat ratifiziert mit großer Mehrheit EU-Verfassung

Nina Werkhäuser, Berlin27. Mai 2005

Zwei Tage vor dem Referendum in Frankreich hat der Bundesrat am Freitag (27.5) wie erwartet dem Vertrag über eine Verfassung für Europa zugestimmt. Dies soll auch ein positives Signal von Berlin an den Nachbarn sein.

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Europa-Fahnen vor dem Landtag von Mecklenburg-Vorpommern -trotz EnthaltungBild: dpa

Ehrengast der Bundesratssitzung war Valéry Giscard d'Estaing, einer der Väter der europäischen Verfassung. Der frühere französische Staatspräsident hat den Konvent geleitet, der den Verfassungsvertrag ausgearbeitet hat. Vor der klaren Zustimmung der deutschen Länderkammer pries Giscard d'Estaing noch einmal die Vorzüge des Vertragswerks: Die nationalen Parlamente bekämen mehr Mitspracherechte und mit dem neuen EU-Außenminister könne die gemeinsame Außenpolitik vorangebracht werden. Außerdem würden die Institutionen der EU durch die Verfassung stabiler, demokratischer, transparenter und effektiver, so Giscard d'Estaing.

Brüssel soll nicht hineinregieren dürfen

Nur ein einziges Bundesland stimmte nicht mit Ja, sondern enthielt sich der Stimme: Mecklenburg-Vorpommern. Der Grund dafür: Die dort gemeinsam mit den Sozialdemokraten regierende PDS lehnt die EU-Verfassung ab. Insgesamt war im Bundesrat die Zustimmung zum Verfassungsvertrag aber ebenso groß wie vor zwei Wochen im Bundestag. Denn die Europäische Verfassung schreibt noch einmal das Prinzip fest, dass Brüssel nicht in das hineinregieren darf, was der Bundestag und die Länderparlamente viel besser regeln können.

Bürger- und Sachnähe sollen bleiben

Bundesratspräsident Matthias Platzeck, der sozialdemokratische Ministerpräsident von Brandenburg, sagt zum Zusammenspiel von Europäischer Verfassung und deutschem Föderalismus: "Die deutschen Länder sind weder Verhinderer noch Blockierer von Entscheidungen auf der Brüsseler Ebene. Sie sind vielmehr dem europäischen Gedanken verpflichtet und haben den europäischen Integrationsprozess von Anfang an und in konstruktiver Weise begleitet. Die föderale Struktur Deutschlands ist integraler Bestandteil der europäischen Entwicklung. Sie ist Garant dafür, dass in dem größer gewordenen Europa Bürgernähe und Sachnähe der Entscheidungen erhalten bleiben."

Stoiber ist weiterhin kritisch

Diese Bürgernähe sieht der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) allerdings noch nicht verwirklicht. Viele Menschen wüssten gar nichts über die Verfassung, so seine Beobachtung. "Diese Öffentlichkeit kann nur über die Parlamente, über die politische Diskussion in den Parlamenten - sei es Bundestag, Bundesrat oder die Landtage - hergestellt werden. Und wenn die Öffentlichkeit nicht hergestellt wird, wird dieses Europa für die Menschen immer ein sehr fernes Instrument, ein sehr fernes Organ sein. Und wir alle wollen ja, dass es ein näheres Organ wird."

Gebrauchsanleitung für Europa

Der Termin für die Abstimmung im Bundesrat war mit Bedacht so gewählt worden, dass Deutschland die EU-Verfassung noch vor dem Referendum in Frankreich am Sonntag (29.5.) ratifiziert hat. Davon soll ein positives Signal ins Nachbarland ausgehen. Er hoffe von ganzem Herzen, dass seine Landsleute am Sonntag zustimmen, sagte Ehrengast Valéry Giscard d'Estaing im Bundesrat. Denn nur mit der Verfassung könne die EU in den kommenden Jahrzehnten funktionieren. Die Verfassung sei eine Gebrauchsanweisung für das Europa der Zukunft.