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Bundesregierung blamiert

Wolter von Tiesenhausen29. Januar 2002

Die Bundesregierung steht vor einem Scherbenhaufen ihrer internationalen Rüstungspolitik. Ein Kommentar von Wolter von Tiesenhausen.

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Angerichtet hat den Schlamassel nicht nur Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping, auch Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundesfinanzminister Hans Eichel haben kräftig mitgeholfen. Zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr einigte man sich mit einer ganze Reihe von NATO-Partnern - darunter Frankreich, Großbritannien, Italien und die Niederlande - auf den gemeinsamen Bau eines militärischen Transportflugzeuges.

Um die Finanzierung dieses Airbusprojektes sicherzustellen, sollten sich alle Beteiligten zur Abnahme einer bestimmten Anzahl von Maschinen verpflichten. Deutschland sollte mit 73 Flugzeugen zum Preis von fast neun Milliarden Euro dabei sein. Doch der Haushalt für dieses Jahr weist nur Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von fünf Milliarden Euro aus. Das reicht gerade einmal für 40 Flugzeuge. Den Partnern war das zu wenig. Sie verlangen von der Bundesregierung eine rechtsverbindliche Verpflichtung über die Gesamtsumme.

Das aber hätte die Vorlage eines Nachtragshaushaltes erfordert, so wie es die Opposition vorschlug. Dem widersetzte sich der Bundesfinanzminister. Nicht nur, daß es das Ansehen eines Finanzministers schmälert, wenn er schon im Januar einen Nachtragshaushalt vorlegen muß, auch wäre Eichel gezwungen, die veränderten wirtschaftlichen Rahmendaten zu berücksichtigen. Das heißt, ein Nachtragshaushalt hätte sich nicht nur auf die Anpassung des Wehretats beschränken können.

Deshalb versuchten Bundesregierung und rotgrüne Koalition einen Ausweg. Sie bekräftigten ihren politischen Willen, auch die restlichen 33 Flugzeuge zu finanzieren. Eine solche Willensbekundung liest sich zwar gut, bindet aber nicht zukünftige Parlamente und entspricht damit nicht der Forderung der Partner. Um dieses zu verschleiern vermied Bundesverteidigungsminister Scharping in der Bundestagsdebatte vor einer knappen Woche jene Versicherung, zu der er sich jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht bereit fand: Die Bundesregierung respektiert das Haushaltsrecht des Deutschen Bundestages, der Koalitionsbeschluß bleibt eine politische Willenserklärung, die keine Auswirkung auf zukünftige Haushalte hat.

So weit, so schlecht. Die Bundesregierung und insbesondere der Verteidigungsminister wurden beim Versuch, die Bündnispartner hinter das Licht zu führen, ertappt. Das ohnehin lädierte Ansehen Scharpings hat erneut Schaden genommen. Aber auch Kanzler und Finanzminister sind blamiert. Sie haben die haushaltsrechtlichen Gefahren und wohl auch die Hartnäckigkeit der Opposition unterschätzt. Jetzt kommt es darauf an, trotz dieses Reinfalles die Partner bei der Stange zu halten. Denn das Airbusprojekt ist nicht nur militärische notwendig, sondern auch industriepolitisch dringend erwünscht.