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Bundesregierung drängt auf Entsendegesetz

Nina Werkhäuser 21. August 2003

Bevor deutsche Soldaten ins Ausland geschickt werden, muss der Bundestag zustimmen. Das kann Wochen dauern und Einsätze verzögern. Dewegen will die Regierung ein Entsendegesetz mit klaren Regeln beschließen.

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Ihr Einsatz soll per Entsendegesetz beschlossen werden: Bundeswehr-Soldaten im AuslandBild: AP

Die Bundeswehr ist keine Armee, über die die Regierung nach Belieben verfügen kann. Das gilt vor allem für die Auslandseinsätze deutscher Soldaten, auch wenn sie friedensstiftenden Charakter haben. Vorgeschaltet ist das Parlament. Doch das war nicht immer so, und es steht auch in keinem Gesetz. Die rechtliche Grundlage dafür ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1994.

Damals formulierten die höchsten deutschen Richter für Auslandseinsätze der Bundeswehr erstmals den so genannten "Parlamentsvorbehalt". Demnach muss die Regierung vor einem Auslandseinsatz die Zustimmung des Parlaments einholen. Und noch eine Auflage machten die Verfassungsrichter: Ein Gesetz muss her, in dem die Mitbestimmung des Parlaments genau geregelt wird. Diese Notwendigkeit sieht auch Bundeskanzler Gerhard Schröder: "Ich bin der Auffassung, dass wir ein vernünftig gemachtes Entsendegesetz brauchen. Und zwar eines, dass dem Parlamentsvorbehalt durchaus Rechnung trägt, dass aber in vernünftiger Auslegung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes die Details von der Regierung regeln lässt."

Abstimmung über jeden Einsatz

Doch das Gesetz lässt fast ein Jahrzehnt nach dem Richterspruch immer noch auf sich warten. Also stimmt der Bundestag weiterhin über jeden Auslandseinsatz der Bundeswehr, über jede Verlängerung einzeln ab. Bis zur Entscheidung können leicht mehrere Wochen oder gar Monate vergehen.

Die Bündnispartner Deutschlands sind von diesem zeitraubenden Verfahren nicht besonders begeistert. Zurzeit baut die Nato eine schnelle Eingreiftruppe auf, die in wenigen Tagen an jeden Krisenherd der Welt verlegt werden kann. Auch die Bundeswehr will sich beteiligen. "Aber wie soll das in der Praxis gehen?", fragt der CSU-Verteidigungsexperte Christian Schmidt. "Wenn Sie immer sagen müssen, wir wissen aber nie, ob die Soldaten dann wirklich auch eingesetzt werden könnten, weil erst noch eine längere Prozedur im deutschen Bundestag und von der deutschen Bundesregierung her stattfinden muss, ist das problematisch."

Nachträglicher Parlamentsentscheid

Ein Entsendegesetz könnte dieses Problem lösen, indem es eine schnelle Vorab-Entscheidung der Regierung zuließe. Das Parlament könnte dann nachträglich befragt werden.

Als Nachteil empfinden es viele Parlamentarier auch, dass sie über die Auslandseinsätze zwar abstimmen, danach aber oft nicht mehr genau informiert werden. So geschehen beim Einsatz deutscher Spezialkräfte in Afghanistan, den das Parlament pauschal abgesegnet hatte. Etliche Abgeordnete vor allem aus den Reihen der Opposition beschwerten sich über die "Geheimniskrämerei" der Regierung, darunter Unions-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble. "Bei der Vielzahl und der Schwierigkeit der Einsätze und bei den bitteren Erfahrungen, die wir jetzt in Afghanistan machen mussten, werbe ich bei der Bundesregierung sehr darum, dass sie ihre Informationspolitik gegenüber dem Bundestag wirklich überprüft."

Gesetz noch in diesem Jahr

Ein Entsendegesetz könnte auch das regeln: die Informationspflicht der Regierung und die Kontrollmöglichkeiten des Parlaments. Doch weil das Gesetz auf sich warten lässt, klagt die FDP vor dem Bundesverfassungsgericht. Das halten die Regierungsparteien für unsinnig. Noch in diesem Jahr wollen sie den Entwurf für das Entsendegesetz vorlegen und rechnen mit einer breiten Mehrheit im Bundestag.