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Bundesregierung will bessere Pflege

Peter Stützle28. März 2012

Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zur Reform der Pflegeversicherung beschlossen. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) nannte als Ziel mehr Hilfe für Demenzkranke und für pflegende Angehörige.

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Hand eines Pflegers, der einem alten Menschen hilft, beim Essen die Gabel zu führen
Bild: picture alliance / dpa

Rund 82 Millionen Einwohner hat Deutschland, 2,4 Millionen davon sind anerkannt pflegebedürftig. Ein großer Teil der auf mindestens 1,2 Millionen geschätzten Demenzkranken in Deutschland gehört nicht dazu, denn nur wenn sie zusätzlich ein körperliches Gebrechen haben, bekommen Demenzpatienten Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist damit zu rechnen, dass sich diese Zahlen in wenigen Jahrzehnten verdoppeln.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) wies bei der Vorstellung des Regierungsentwurfs zur Pflegeversicherung darauf hin, dass heute 70 Prozent der Menschen zuhause gepflegt werden. Ihm und der gesamten Bundesregierung gehe es darum, "den gesellschaftlichen Zusammenhalt auch weiterhin zu gewährleisten." Wenn immer mehr Menschen pflegebedürftig würden und immer weniger Junge nachkämen, müsse geklärt werden, wie die Pflege finanzierbar bleibe und wie eine menschenwürdige Pflege weiterhin gewährleistet werden könne, sagte Bahr.

Häusliche Pflege soll gestärkt werden

Ein Schwerpunkt der Pflegereform ist es daher, die häusliche Pflege zu stärken. Dazu gehört, die Leistungen ambulanter Pflegedienste nicht mehr so starr festzuschreiben. Angehörige von Pflegebedürftigen sollen die Leistungen der Pflegedienste künftig flexibler nach ihren individuellen Bedürfnissen verabreden können. Pflegende Angehörige sollen zudem leichter eine Auszeit von der Pflege nehmen können, indem sie vorübergehend höhere professionelle Leistungen erhalten. Vor allem aber sollen Demenzkranke erstmals überhaupt als Pflegefälle anerkannt werden und damit Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. Finanziert werden soll dies durch eine Beitragserhöhung um 0,1 Prozent ab 2013.

Porträt Bahr
Gesundheitsminister Daniel BahrBild: dapd

Für die Pflegereform sollte ursprünglich der Begriff "Pflegebedürftigkeit" neu definiert werden. Was darunter zu verstehen ist, war Mitte der 1990er Jahre bei der Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung festgelegt worden, hat sich aber in vielen Fällen als nicht praxistauglich erwiesen. Die Neudefinition ist aber bisher nicht geglückt, weshalb Gesundheitsminister Bahr jetzt eine Expertenkommission eingesetzt hat. Bahr hat keinen Einfluss darauf, wann diese ihre Arbeit abschließt. Die Anerkennung von Demenzkranken geschieht nun im Vorgriff auf diese Neudefinition.

Pflegeverbände, Krankenkassen und Opposition haben das Fehlen eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes umgehend kritisiert. Bahr verteidigte sich mit dem Hinweis, eine christlich-liberale Koalition habe die Pflegeversicherung eingeführt, eine christlich-liberale reformiere sie jetzt, die Regierungen dazwischen aber hätten gar nichts getan.

Förderung von Zusatzversicherungen noch offen

Noch nicht geregelt ist in dem Gesetzentwurf auch die Frage, wie private Pflege-Zusatzversicherungen staatlich gefördert werden. Bahr verwies auf die noch laufenden Haushaltsberatungen. Im Rahmen der jetzt anstehenden parlamentarischen Beratung des Gesetzentwurfes solle dieser Punkt später eingearbeitet werden. Bahr und die FDP wollten ursprünglich die Bürger zu einer Zusatzversicherung verpflichten. Angesichts der Erfahrungen mit der Finanzkrise hatte es allerdings massive Kritik daran gegeben, eine Versicherung zur Pflicht zu machen, die das Geld der Versicherten an den Kapitalmärkten anlegt. Jetzt strebt die Koalition an, freiwillige Zusatzversicherungen zu fördern. Ob dies in Form von Steuererleichterungen oder Zuschüssen geschehen soll, ist noch strittig.