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Bundestag billigt Arzneimittel-Sparpaket

11. November 2010

Pharma-Hersteller müssen künftig den Nutzen neuer Medikamente nachweisen. Mit den Stimmen von Union und FDP billigte der Bundestag das Gesetz zum Arznei-Sparpaket. Die Opposition spricht von einer Mogelpackung.

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Ein-Euro-Münze auf Tabletten (Foto: dpa)
Bringt das neue Arzneimittel-Gesetz wirklich Einsparungen?Bild: picture alliance / dpa

Gesundheitsminister Philipp Rösler sieht sich am Ziel und ist zufrieden. Mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr glaubt er, mit dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes zugunsten der gesetzlichen Krankenversicherung einsparen zu können. Allein die gesetzlichen Kassen gaben 2009 rund 32 Milliarden Euro für Medikamente aus. Das sind 5,3 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor.

Gesundheitsminister Philipp Rösler, Archiv (Foto: dpa)
Minister Rösler sieht die Gesundheitsreform auf gutem WegBild: picture-alliance/dpa

Mit dem neuen Gesetz, das 2011 in Kraft tritt, werde das bisherige Preismonopol der Industrie gebrochen, wiederholte der FDP-Politiker gebetsmühlenartig in Berlin. Zudem werde es keinen Anreiz für die Unternehmen mehr geben, "Schein-Innovationen" auf den Markt zu bringen. Es sei auch sichergestellt, dass die Patienten weiter bezahlbaren Zugang zu den besten Medikamenten hätten. "Alle drei Ziele sind zu 100 Prozent erreicht worden", meinte Rösler.

Gesetz auf den Weg gebracht

Der Bundestag in Berlin beschloss am Donnerstag (11.11.2010) mit 314 Ja- gegen 269 Nein-Stimmen die Neuerungen. Danach müssen Pharmaunternehmen künftig den Nutzen für neue Arzneimittel nachweisen, damit die Krankenkassen bei der Verschreibung durch den Arzt die Kosten übernehmen. Dann handelt der Hersteller den endgültigen Preis binnen eines Jahres mit den Krankenkassen aus. Hat das Medikament keinen Zusatznutzen, wird ein Festbetrag in Höhe vergleichbarer Präparate festgelegt.

Opposition spricht von Armutszeugnis

Der gesundheitspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Karl Lauterbach, nannte das neue Gesetz eine Mogelpackung und ein Armutszeugnis. Damit lasse sich das Ziel einer Kostensenkung nicht erreichen. Leidtragende seien die Patienten.

Medizin tropft aus einer Flasche (Foto: Fotolia/Gina Sanders)
Apotheker und Ärztevertreter sind skeptischBild: Fotolia/Gina Sanders

Weitere Redner der SPD sowie der Grünen und der Linken bemängelten, die Pharmaindustrie könne im ersten Jahr nach Einführung des Gesetzes weiter "Mondpreise" verlangen. "Die Firmen steigen mit Maximalpreisen ein", sagte die Gesundheitsexpertin der Grünen, Birgitt Bender.

Sparpaket wird verpuffen

Auch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft befürchtet, dass das Sparpaket verpufft. "Wir wissen aus zahlreichen Untersuchungen, dass bei klinischen Studien, die der Hersteller finanziert, getrickst wird und negative Ergebnisse zur Wirksamkeit und zu unerwünschten Nebenwirkungen neuer Arzneimittel häufig nicht publiziert werden", betonte ihr Vorsitzender Wolf-Dieter Ludwig.

Apotheker befürchten schlechtere Versorgung

Der Apothekerverband ABDA wies das Gesetz als "Angriff" auf die Branche zurück. Damit werde ein "Stützpfeiler der flächendeckenden Gesundheitsversorgung zertrümmert", warnte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf.

Am Freitag will der Bundestag das Gesetz verabschieden, mit dem Anfang 2011 die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung um 0,6 Prozentpunkte auf 15,5 Prozent steigen werden.

Autorin: Susanne Eickenfonder (mit dpa, afp, rtr, dapd)
Redaktion: Martin Schrader