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Bundestag will Druck auf Bulgarien und Rumänien beibehalten

8. Juni 2006

Rumänien und Bulgarien sollten bereits zum 1. Januar 2007 der EU beitreten - so das Fazit einer Parlamentsdebatte zum Thema. Allerdings müsse der Reformdruck auf beide Länder aufrechterhalten werden.

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Einigkeit im Bundestag: Beitritt soll 2007 stattfindenBild: AP

Der vor zwei Wochen vorgestellte Fortschrittsbericht der EU-Kommission zum Stand der Beitrittsvorbereitungen Bulgariens und Rumäniens hat viel Lob im Deutschen Bundestag geerntet. Ein offener und ehrlicher Bericht sei das, betonten die Abgeordneten aller Fraktionen am vergangenen Donnerstag (1.6.) in Berlin. Dadurch habe die Europäische Kommission Vertrauen bei den Bürgern der bisherigen EU geschaffen und den Druck auf die beiden Kandidatenländer aufrechterhalten. Immer wieder haben die deutschen Abgeordneten darauf hingewiesen, dass die Europäische Kommission das Beitrittsdatum 01.01.2007 für möglich hält.

EU-Osterweiterung als Erfolg

Niemand im Deutschen Bundestag hat den EU-Beitritt der beiden Länder grundsätzlich in Frage gestellt und alle waren sich einig: Rumänen und Bulgaren haben Beachtliches in den vergangenen Jahren erreicht. Dies sei nur unter dem Reformdruck der EU möglich gewesen. Deshalb betonte Markus Löning von der FDP: „Ich werde es immer wieder sagen, auch wenn es in Deutschland unpopulär ist in der öffentlichen Debatte: Die Osterweiterung ist ein Erfolg gewesen, ein Erfolg für Deutschland und ein Erfolg für Europa. Und wir können es nicht oft genug wiederholen."

Zahlreiche Bedenken

Genau wie die EU-Kommission in ihrem jüngsten Bericht kamen auch die Abgeordneten nach dem Lob zu einem großen "ABER": Rumänien müsse Defizite in vier und Bulgarien sogar in sechs Bereichen bis zum nächsten Fortschrittsbericht Anfang Oktober beheben. Somit steht Rumänien, wo es vorwiegend um die Erfüllung technischer Bedingungen geht, besser da als Bulgarien. Dieser Unterschied wurde auch in der Bundestagsdebatte klar hervorgehoben. Unabhängigkeit der Justiz, Kampf gegen die Korruption und die Organisierte Kriminalität - das sind die wichtigsten Aufgaben der bulgarischen Regierung. Gunther Krichbaum von der CDU/CSU-Fraktion formulierte es stellvertretend für viele andere Redner im deutschen Parlament: „Da müssen wir klare Erwartungen aussprechen, an die Regierung und an die Staatsführung, dass wir hier eine Null-Toleranz erwarten."

In einem weiteren Punkt waren sich die Abgeordneten aller Fraktionen einig: Die Verschiebung des EU-Beitrittes der beiden Länder um ein Jahr auf den 1. Januar 2008 wäre nicht nur undurchsetzbar wegen des Widerstandes einiger EU-Länder, sondern auch kontraproduktiv. Dazu die SPD-Abgeordnete Lale Akgün: „Wir müssen uns die Frage stellen, was eine Verschiebung politisch bedeuten würde. Eine Verzögerung des Beitrittes wäre Wasser auf die Mühlen der anti-europäischen Kräfte wie die rechtsradikale Partei „Ataka“ und die Bewegung „Wappen“ in Bulgarien. Sie würden die Verschiebung instrumentalisieren und würden Zulauf in der Bevölkerung gewinnen."

Eingebaute Sicherung

Deshalb unterstützen die deutschen Abgeordneten die Vorschläge aus der Fortschrittsbericht der EU-Kommission: Die Einführung von Schutzklauseln oder eines Monitorings nach dem EU-Beitritt, falls Rumänien und Bulgarien die Defizite nicht bis zum Herbst beseitigen können. Durch die Schutzklauseln beabsichtigt die EU das jeweilige Land von der Zusammenarbeit in dem Bereich auszuschließen, in dem noch weiterhin Probleme vorhanden sind. Vorgeschlagen wurde auch die Nichtauszahlung von EU-Geldern im Falle von Defiziten. Entsprechende Maßnahmen sollen aber erst nach Vorlage des nächsten Berichtes der EU-Kommission vereinbart werden, obwohl manche Abgeordnete - wie Thomas Silberhorn von der CSU - schon heute der Meinung sind, dass die Schutzklausen unabdingbar sein werden.

Ratifizierung kommt

Klar haben die deutschen Abgeordneten auf die Ängste in Bulgarien und Rumänien geantwortet, ob Deutschland bis zum Ende des Jahres die notwendige Ratifizierung des EU-Beitritts der beiden Länder vornehmen wird: Der Bundestag wird den nächsten Fortschrittsbericht der EU-Kommission im Herbst abwarten und dann ab Oktober den Ratifizierungsprozess abschließen. Günther Gloser, Staatsminister im Auswärtigen Amt, versprach: „Wir sind zuversichtlich, dass Deutschland die Ratifizierung rechtzeitig bis zum Jahresende abschließen kann."

Marinela Liptcheva-Weiss, Berlin

DW-RADIO/Bulgarisch, 2.6.2006, Fokus Ost-Südost