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Politik

Welche Afrika-Politik versprechen die Parteien?

Daniel Pelz
8. September 2017

G20-Präsidentschaft, Compact with Africa, Marshallplan: Noch nie redete die deutsche Politik so viel über Afrika wie in diesem Jahr. Doch wie geht es weiter? Unser Blick in die Wahlprogramme der Parteien.

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Wahlplakate in Berlin
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Auf die Wahlplakate hat es Afrika auch diesmal nicht geschafft. Im Wahlkampf zählen in erster Linie innenpolitische Themen: Soziale Gerechtigkeit, innere Sicherheit oder faire Löhne. Trotzdem kommen die Parteien an Afrika nicht vorbei. "Wenn Sie in die Wahlprogramme schauen, finden Sie bei allen Parteien mehr oder weniger lange Absätze zu Afrika", sagt Bernd Bornhorst vom entwicklungspolitischen Dachverband VENRO. Das passt zum Trend. Angesichts der steigenden Zahl afrikanischer Flüchtlinge redete die Berliner Politik in diesem Jahr soviel über Afrika wie noch nie. Bundeskanzlerin Merkel erklärte den Kontinent zum Schwerpunkt der deutschen G20-Präsidentschaft. Gleich drei Ministerien legten neue Entwicklungskonzepte vor.

Kritiker monieren, das deutsche G20-Engagement habe außer Investitionspartnerschaften mit fünf afrikanischen Ländern wenig gebracht. Die CDU hält trotzdem an der Merkel-Linie fest. Der "Compact with Africa", den die Bundesregierung für den G20-Prozess erfunden hat, soll weitergeführt werden. Wie auch die FDP, setzt die CDU auf Privatinvestitionen, die neben der klassischen Entwicklungszusammenarbeit für bessere Lebensbedingungen in Afrika sorgen sollen. Kritiker sagen: davon profitieren vor allem Unternehmen in Deutschland. Die CDU bleibt trotzdem bei ihrer Linie.

CDU will Privatinvestitionen trotz Kritik

"Es ist auch meine persönliche Überzeugung, dass das Armutsproblem nicht ohne zusätzliche private Investitionen zu lösen ist", sagt Andreas Lämmel, Vorsitzender des Arbeitskreises Afrika der CDU-Bundestagsfraktion. "Man kann das auch daran erkennen, dass wir seit vielen Jahren umfangreiche Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit bereitstellen und die Entwicklung trotzdem nicht so dynamisch verläuft, wie es mal gedacht war." In der Flüchtlingspolitik fordert die CDU Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Staaten nach dem Vorbild des EU-Türkei-Abkommens.

Die EU-Außenbeauftragte Mogherini, Nigers Präsident Issoufou, Tschads Präsident Idriss Deby, Frankreichs Präsident Macron, Bundeskanzlerin Merkel und der spanische Ministerpräsident Rajoy beim Migrationsgipfel in Paris im August 2017
Die CDU fordert Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Staaten nach dem Vorbild des EU-Türkei DealsBild: Getty Images/AFP/L. Marin

Die SPD ist vorsichtiger. "Wir glauben, es gibt viel Raum für private Investitionen in Afrika. Aber uns ist auch wichtig, dass dabei viele Arbeitsplätze entstehen und Möglichkeiten für die Menschen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen", sagt Gabriela Heinrich, stellvertretende entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Bisher hatte ihre Partei den G20-Kurs der Bundesregierung mitgetragen. Mit Pro!Afrika hatte SPD-Wirtschaftsministerin Zypries eine Initiative gestartet, die ebenfalls auf Privatinvestitionen setzt.

Das Wahlprogramm liest sich dagegen wie ein vorsichtiger Versuch, sich von der Regierungslinie zu distanzieren. So will die SPD neben Unternehmen auch mit anderen Partnern zusammenarbeiten - Kirchen, Gewerkschaften und privaten Entwicklungsorganisationen. Die Zusammenarbeit mit Kleinbauern soll ausgebaut werden, um ländliche Räume zu entwickeln. Das ist eine eher klassische Strategie der Entwicklungszusammenarbeit. Die umstrittenen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Ländern sollen kritisch überprüft werden.

Grüne wollen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen stoppen

Die Grünen versprechen, im Falle einer Regierungsbeteiligung die aktuellen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen gleich ganz neu zu verhandeln. Zudem fordern sie eine "faire europäische Handels- und Agrarpolitik". Allerdings bräuchte Deutschland dafür die Unterstützung der anderen EU-Mitgliedsstaaten. Internationale Finanzmärkte sollen stärker reguliert werden, um Nahrungsmittelspekulationen zu unterbinden. Auch eine Reform der Welthandelsorganisation wird gefordert. Zudem lehnt die Partei es ab, Entwicklungshilfe mit Rücknahmeabkommen für abgelehnte Flüchtlinge zu koppeln. Die Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit sollen "effizienter und wirksamer" werden. Wie das geschehen soll, verraten die Grünen aber nicht. Migrationspartnerschaften mit Ländern, die Menschenrechtsstandards nicht einhalten, lehnen sie ab.

Zwei Männer in Uganda füllen Chia-Pflanzen in eine Dreschmaschine
Die SPD will Kleinbauern stärker unterstützen, um ländliche Regionen zu stärkenBild: picture-alliance/dpa/G. Forster

Ähnlich das Programm der Linkspartei: "Statt an der Politik von ungleichen Handelsbeziehungen festzuhalten, sollte deutsche Außenpolitik an der Schaffung einer globalen sozialen Infrastruktur mitwirken", fordert sie in ihrem Wahlprogramm. Auch die Entwicklungspolitik soll neu ausgerichtet werden. Exporte von Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln dürfen nicht länger subventioniert werden, da sie nach Meinung der Linken zur Zerstörung landwirtschaftlicher Strukturen in vielen Entwicklungsländern beitragen.

Wie wichtig bleibt das Thema Afrika in der Berliner Politik?

Auch FDP und AFD beschäftigen sich in ihren Wahlprogrammen mit Afrika. Nach aktuellen Umfragen haben beide Chancen, in den nächsten Bundestag einzuziehen. Für die FDP ist Afrika ein "Chancenkontinent", der in der Entwicklungszusammenarbeit eine prominente Rolle spielen soll. Vor allem die Privatwirtschaft soll stärker einbezogen werden. Die rechtspopulistische AFD befürchtet eine angeblich bevorstehende "Masseneinwanderung" aus Afrika. Sie will die Entwicklungszusammenarbeit stärker an deutschen Handels- und Sicherheitsinteressen ausrichten. Auch die Privatindustrie soll stärker einbezogen werden. Details dazu nennt die AFD aber nicht. Interessanterweise fordert sie zudem eine stärkere Öffnung deutscher Märkte für Produkte aus Entwicklungsländern.

Doch trotz aller Afrika-Versprechen in den Wahlprogrammen - VENRO-Vorstandschef Bornhorst glaubt, dass die Politik dem Nachbarkontinent nach der Wahl nicht mehr so viel Bedeutung zumessen wird, wie im ersten Halbjahr 2017. "Wir gehen davon aus, dass es auch deswegen viele Aktivitäten gab, weil die Wahlen vor der Tür standen und man zeigen musste, dass man was tut", sagt er im DW-Gespräch. "Daher wird es wohl so sein, dass das Thema erstmal abebbt und dann wieder hochschlägt, wenn vielleicht die nächste Flüchtlingskrise vor der Tür steht."