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Rassismus in der Bundeswehr

16. April 2007

Das Bundesverteidigungsministerium hat das Skandalvideo der Bundeswehr scharf verurteilt und als "Einzelfall" bewertet. Rechtliche Maßnahmen würden geprüft. Im den USA war zuvor massive Kritik laut geworden.

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Kaserne in Rendsburg, 15. April 2007, AP
Tor der "Feldwebel-Schmid-Kaserne" in RendsburgBild: AP

Das Verteidigungsministerium hat das in den USA mit Empörung aufgenommene rassistische Video aus der Bundeswehr als "absolut inakzeptabel" verurteilt. Nun würden dienstrechtliche Maßnahmen gegen den betroffenen Ausbilder geprüft, sagte Ministeriumssprecher Thomas Raabe am Montag (16.4.2007) in Berlin. Er sprach allerdings gleichzeitig von einem "isolierten Einzelfall". Solche Zwischenfälle seien kein speziell deutsches Problem.

Das Video war am vorigen Freitag durch eine Publikation von stern.de bekannt geworden. Es zeigt einen Ausbilder, der Rekruten bei einer Schießübung auffordert, sich als Ziel "Afroamerikaner" in dem New Yorker Stadtteil Bronx vorzustellen und diese als "Motherfucker" zu beschimpfen. Ein solches Verhalten widerspreche den Maßstäben der Ausbildung und der inneren Führung der Bundeswehr, sagte Ministeriumssprecher Raabe. Näher könne man sich derzeit zu dem schwebenden Verfahren nicht äußern. Dienstrechtliche Maßnahmen müssten genau geprüft werden.

Video intern seit Januar bekannt

Archivbild, 24. Juli 2003, New York
Bronx-Bürgermeister Adolfo Carrion will, dass sich US-Präsident Bush einschaltet (Archivbild)Bild: AP

Das Video stammt vom Juli 2006 und ist nach Angaben des Sprechers intern bereits seit Januar bekannt. Raabe wollte sich nicht festlegen, wie lange die Prüfung dienstrechtlicher Konsequenzen noch dauern werde - womöglich einige Wochen. Der Ausbilder wurde seit dem Vorfall im Juli 2006 aus der Feldwebel-Schmid-Kaserne in Rendsburg an einen anderen Standort versetzt, tut aber nach Auskunft der Bundeswehr weiter regulär seinen Dienst. Stern.de hat inzwischen gemeldet, dass der Ausbilder, anders als von der Bundeswehr bisher behauptet, nicht wegen des Vorfalls versetzt worden sei - sondern ganz regulär nach Beendigung des dreimonatigen Praktikums, dass der Anfang-20-Jährige Offiziersanwärter in Rendsburg abgeleistet hat.

Der Trainingsfilm sorgt vor allem in den USA für große Aufregung. Aber auch deutsche Politiker hatten sich am Wochenende bestürzt über den Vorfall gezeigt. Raabe sprach in einem Interview mit AP Television News von einem Einzelfall. "In jeder Gesellschaft - in Deutschland, in Frankreich, in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten - passiert so etwas, aber ich glaube, das ist ein isolierter Fall", sagte Raabe.

Sprecher: kein speziell deutsches Problem

Die 250.000 Soldaten der Bundeswehr spiegelten die Gesellschaft wider. "Ich glaube, das ist nicht ein speziell deutsches Problem." Insgesamt sei die 50-jährige Geschichte der Bundeswehr eine Erfolgsgeschichte. "Es ist wirklich selten, dass so etwas passiert", sagte Raabe.

Seit das Video im Januar bekannt wurde, wird gegen den Ausbilder und gegen den Soldaten, der die Situation gefilmt hat, ermittelt, so ein Sprechers des Bundesverteidigungsministeriums zu stern.de. Geprüft würden sowohl disziplinarrechtliche Strafen wie auch dienstrechtliche Maßnahmen, sagte der Sprecher. Die rechtliche Bewertung sei allerdings nicht abgeschlossen.

Empörung in den USA

In den USA hat der Fall Empörung ausgelöst. Der schwarze Bürgerrechtler Al Sharpton rief Präsident George W. Bush auf, das Video zu verurteilen. Der Bürgermeister der New Yorker Bronx, Adolfo Carrion, forderte, die Regierung in Berlin solle sich von dem Vorgang distanzieren und die Bundeswehr sich entschuldigen.

Vor einem Gericht in Münster müssen sich derzeit 18 frühere Bundeswehr-Ausbilder wegen Misshandlung Untergebener verantworten. Einer der Angeklagten hatte in dem Prozess vor zwei Wochen zugegeben, einem Rekruten einen Stromschlag versetzt zu haben. Geschehen sei dies während eines Verhörs nach einer simulierten Geiselnahme im Keller der Kaserne in Coesfeld. (vem)