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Bundeswehr-Gewehr G36 nicht treffsicher

30. März 2015

Das G36 ist DAS Gewehr der Bundeswehr. Nun räumt das Verteidigungsministerium ein: In heißgeschossenem Zustand und bei hohen Temperaturen können sich die Soldaten nicht auf seine Präzision verlassen.

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Bundeswehr-Reservist hält G36-Gewehr im Anschlag (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Monatelang haben Experten das G36 unter die Lupe genommen. Nun scheint klar zu sein: Das Standardgewehr deutscher Soldtaten hat massive Probleme bei der Treffsicherheit. Zwar steht der endgültige Abschlussbericht noch aus, aber die bisher vorliegenden Bewertungen wiesen in eine "eindeutige Richtung", teilte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit. "Das G36 hat offenbar ein Präzisionsproblem bei hohen Temperaturen aber auch im heißgeschossenen Zustand", so von der Leyen.

G36 vor der Ausmusterung?

Sobald der Abschlussbericht der Experten vorliege, werde das Ministerium weitere Konsequenzen ziehen. Nun stelle sich auch die Frage, "ob und inwieweit die Truppe auf mittlere Sicht mit einem anderen Sturmgewehr ausgerüstet werden muss", erklärte von der Leyen. Es sei gut, dass nun viele Fakten auf dem Tisch lägen. "Gut ist aus heutiger Sicht auch, dass im engen Einvernehmen mit dem Parlament bereits im Sommer 2014 alle weiteren G36-Beschaffungen gestoppt wurden", fügte die Ministerin hinzu.

Weisung in den nächsten Tagen

Von der Leyen hatte sich nach eigenen Angaben am Sonntagabend mit den obersten Militärs der Bundeswehr getroffen, um über Schlussfolgerungen für die Verwendung der Waffe in den Einsätzen zu beraten. Demnach soll Generalsinspekteur Volker Wieker "in den nächsten Tagen" eine Weisung dazu erlassen. Das Sturmgewehr wird auch in den Bundeswehreinsätzen in Afghanistan und Mali verwendet.

Nach teils widersprüchlichen Berichten zu Mängeln beim G36 hatte die Verteidigungsministerin eine umfassende Untersuchung des Gewehrs angeordnet. Die Tauglichkeits-Prüfung nimmt eine Expertenkommission vor, an der Fachleute des Fraunhofer-Instituts, des Bundesrechnungshofes und der Bundeswehr beteiligt sind.

Heckler & Koch trat inzwischen den Vorwürfen entgegen, die eigenen Prüfungen der Waffe "diametral" widersprächen. "Diese haben bei sachgerechtem Gebrauch keine maßgeblichen Einschränkungen der Einsatztauglichkeit, insbesondere auch im Vergleich zu anderen Sturmgewehren, ergeben", erklärte das Unternehmen in Oberndorf in Baden-Württemberg. Bedauerlicherweise habe die Bundeswehr die Firma nicht in ihre Untersuchungen eingebunden.

Kritik am Verteidigungsministerium

Kritiker hatten schon länger moniert, dass das Ministerium trotz anderslautender Berichte zu lange an der Ansicht festgehalten habe, die Waffe sei uneingeschränkt tauglich und zuverlässig. Der Verteidigungsexperte der Grünen, Tobias Lindner, sprach nach der Erklärung von der Leyens von einem Super-GAU für die Bundeswehr. "Anders als bei anderen Waffensystemen betreffen die Probleme mit dem G36 nicht nur einzelne Verbände, sondern nahezu alle Soldatinnen und Soldaten", erklärte Lindner.

Ein G36 Gewehr lehnt an Sandsäcken während einer Bundeswehr-Übung (Foto: dpa)
Probleme mit der Treffsicherheit: Das G36-Gewehr von Heckler & Koch. Viele Bundeswehrsoldaten nutzen es.Bild: picture-alliance/dpa

"Während die Ministerin gerne über europäische Drohnenprogramme oder ein neues Luftabwehrsystem spricht, zeigen die Probleme bei der Bekleidung und nun beim Standardgewehr G36, dass es in der Bundeswehr bei den einfachsten Teilen der Grundausrüstung massive Probleme gibt", kritisierte der Grünen-Politiker.

G36 auch anderswo der Standard

Die Bundeswehr hat seit 1996 rund 176.000 G36-Gewehre vom Hersteller Heckler & Koch gekauft, nutzt aber nicht mehr alle selbst. Nach Angaben des deutschen Militärs verwenden auch die Streitkräfte Spaniens, Lettlands und Litauens das Gewehr als Standardwaffe. Zuletzt wurden mehrere Tausend G36 an die kurdischen Peschmerga-Streitkräfte im Irak für ihren Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat verschenkt.

Der Rüstungsexperte der Linken, Jan van Aken, wies in der "Leipziger Volkszeitung" darauf hin, "dass die Hitzebeständigkeit aus den Anforderungen für das G 36 herausgestrichen wurde". Der Hersteller sei damit aus der Haftung entlassen worden.

cw/hf/kle (dpa, afp, rtr)