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Burundi: Brutales Vorgehen gegen Demonstranten

Philipp Sandner17. April 2015

Burundis Polizei geht gewaltsam gegen Demonstranten vor. Deren Forderung: Präsident Nkurunziza dürfe nicht erneut für Wahlen kandidieren. Selbst die Regierungspartei ist darüber gespalten.

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Burundische Polizisten bei einer Demonstration im Februar 2015 (Foto: E. Ndikumana/AFP/Getty Images)
Archivbild: Demonstrationen in BujumburaBild: Esdras Ndikumana/AFP/Getty Images

In Burundis Hauptstadt Bujumbura ist es zu Auseinandersetzungen gekommen, als am Freitag hunderte Menschen auf die Straße gingen. Sie riefen Präsident Pierre Nkurunziza auf, sich nicht erneut zur Wahl zu stellen. Die Polizei feuerte mit Tränengas und Wasserwerfern auf die Demonstranten. Die Frage, ob Nkurunziza erneut kandidieren darf, entzündet sich an einem Detail. Laut den Verträgen von Arusha, dem Dokument, das vor 15 Jahren das Ende des Bürgerkrieges in dem zentralafrikanischen Land besiegelte, darf ein Präsident höchstens zwei Mandate von je fünf Jahren absolvieren. So sagt es auch die Verfassung von 2005. Doch Unterstützer des Staatschefs berufen sich auf einen Artikel in der Verfassung, der eine Direktwahl des Präsidenten vorsieht. Da Nkurunzizas erste Amtszeit auf einer Wahl durch das Parlament beruhte, zähle sie nicht mit - so die Argumentation.

"Wenn Wahlen bevorstehen, brechen die Menschen in Burundi in Panik aus." So formulierte es vor einigen Wochen Burundis Geheimdienstsprecher Télesphore Bigirimana im DW-Gespräch. Nun nähern sich die für Juni angekündigten Präsidentschaftswahlen - und tatsächlich wächst die Unruhe. Bereits 8000 Menschen hätten das Land verlassen, meldete am Freitag das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). Die meisten flohen demnach nach Ruanda, ein kleinerer Teil in die Demokratische Republik Kongo. Die Menschen haben Angst vor Jugendbanden, die im Namen der Regierungspartei für Angst und Schrecken sorgen. Wer nicht den Präsidenten und die Regierungspartei unterstützt, muss um sein Leben fürchten. Augenzeugen vermuten hinter den Banden Mitglieder der Jugendliga der Partei, bekannt als Imbonerakure.

Burundis Präsident Pierre Nkurunziza (Foto: FRANCOIS GUILLOT/AFP/Getty Images)
Burundis Präsident Pierre NkurunzizaBild: F. Guillot/AFP/GettyImages

Gespaltene Partei

Nkurunziza selbst hält sich über seine Kandidatur bedeckt und verweist auf seine Partei CNDD-FDD (Nationalrat für die Verteidigung der Demokratie-Kräfte für die Verteidigung der Demokratie). Sie müsse den Kandidaten für die für den 26. Juni geplanten Präsidentschaftswahlen aufstellen. Die Zeit wird knapp: Ab dem 30. April haben die Parteien des Landes rund eine Woche, um ihre Kandidaten zu registrieren. Solange Nkurunziza im Gespräch bleibt, ist die Opposition in Aufruhr.

Und auch im eigenen Lager regt sich der Widerstand: Seit einigen Wochen gibt es eine Petition, die von hochrangigen Parteimitgliedern unterzeichnet wurde. "Sie haben sich gegen eine dritte Amtszeit Nkurunzizas ausgesprochen aus Angst, dass diese Gewalt provozieren könne", erklärt die deutsche Politikwissenschaftlerin Katrin Wittig, die sich zurzeit in Burundi aufhält. Unterdessen verkündete der Vorsitzende der CNDD-FDD, Pascal Nyabenda, dass viele Parteimitglieder der Wahl fernbleiben würden, wenn Nkurunziza nicht zur Wahl stehe. Das Tauziehen könne weitergehen, sagen Beobachter.

Straßenszene mit Wandbild der Regierungspartei in Bujumbura, Burundi (Foto: CARL DE SOUZA/AFP/Getty Images)
Omnipräsent: die Regierungspartei CNDD-FDDBild: C. de Souza/AFP/GettyImages

Einer der Abtrünnigen aus Nkurunzizas Lager ist Onésime Nduwimana. Der ehemalige Parteisprecher der CNDD-FDD war unlängst entlassen worden, weil er sich gegen eine dritte Kandidatur des Staatschefs ausgesprochen hatte. Ihm zufolge sind sechs Armeegeneräle - unter ihnen der Armeechef und der ehemalige Geheimdienstchef - für die missliche Lage des Landes verantwortlich, weil sie nur ihre eigenen Interessen im Blick hätten.

DW-Karte Burundi

Schnellschuss

Bereits vergangenen Dienstag hatte Nduwimana zusammen mit Vertretern von fünf anderen Parteien zu Demonstrationen für den Folgetag aufgerufen. Nicht nur, um gegen das dritte Mandat zu protestieren: "Wir verurteilen aufs Schärfste die Bewaffnung einer Miliz durch einige Funktionäre von Polizei und Armee", sagt Nduwimana. Er beruft sich auf lange bekannte Vorwürfe, dass die Regierung die Parteijugend systematisch bewaffne. "Wir verurteilen den Terrorismus, Morddrohungen gegen führende Politiker, willkürliche Verhaftungen und die Verfolgung von Menschenrechtsvertretern und Journalisten." Indem sie mit allen Mitteln die Wiederwahl Nkurunzizas forcierten, wollten die Generäle sich auch vor Strafverfolgung schützen - das ist der Vorwurf, den manche interne und externe Beobachter teilen.

Doch am Mittwoch blieben die Straßen leer - abgesehen von einem großen Aufgebot an Polizisten. Das habe an organisatorischen Fehlern gelegen, glaubt der ehemalige burundische Botschafter Paul Mahwera - und verweist auf ein Gesetz, wonach Demonstrationen eine Woche im Voraus angekündigt werden müssten. "Es sieht danach aus, dass die Veranstalter die vorgegebene Zeit nicht einhalten konnten." Unklarheiten gab es offenbar auch über den genauen Ort der Veranstaltung. Laut Politikwissenschaftlerin Katrin Wittig gelang es den Vertretern der Oppositionsparteien zudem nicht, ein breites Bündnis zu mobilisieren. Es fehle der Schulterschluss mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich in den vergangenen Monaten besonders deutlich gegen staatliche Repressionen und gegen Nkurunzizas dritte Amtszeit ausgesprochen hatten.

Burundische Soldaten in Bujumbura (Foto: E. Ndikumana/AFP/Getty Images)
Mittel zum Machterhalt? Polizisten in BujumburaBild: E. Ndikumana/AFP/Getty Images

Klima der Angst

Doch Spannungen und Repressionen könnten in offene Gewalt umschlagen, sollte der CNDD-FDD eine erneute Kandidatur Nkurunzizas verkünden. Eine Warnung, die auch der UN-Menschenrechtsbeauftragte Zeid Raad al-Hussein kürzlich bei seinem Besuch in Burundi aussprach. "Wenn Menschen ohne Angst diskutieren und ihre Meinung äußern können, werden sich all diese Probleme sicher lösen lassen", so Hussein. Er verwies auf die Flüchtlingsströme von Menschen aus Burundi nach Ruanda und die regierungsnahen Milizionäre der Parteijugend Imbonerakure. "Einige der Flüchtlinge haben der UN als Grund für ihre Flucht die Einschüchterungen durch die Miliz genannt." Es gelte zu unterscheiden zwischen der Jugendliga der CNDD-FDD und einigen ihrer Mitglieder, die der Miliz angehören, die ungestraft und immer aggressiver vorgehe, betonte Hussein.

Für ihn gibt es nur einen Weg: "Die Regierung und die Sicherheitskräfte müssen hart gegen die Miliz durchgreifen." Wenn das nicht geschieht, droht der UN-Beauftragte mit Konsequenzen: Burundi könnte das Recht verlieren, an UN-Friedensmissionen teilzunehmen. In den letzten Jahren hatte das Land immer mehr Soldaten in Missionen entsandt, etwa nach Somalia und in die Zentralafrikanische Republik. Ob die Drohung ihr Ziel erreichen kann, bleibt aber abzuwarten. Wenig Verständnis für die Äußerungen zeigt etwa Gélase Ndabirabe. Er hat Nkurunziza-Kritiker Onésime Nduwimana als Parteisprecher der CNDD-FDD beerbt. "Wir sind sehr erstaunt, dass Imbonerakure mit einer Miliz verglichen wird. Milizen vollbringen großes Unrecht in der ganzen Welt. Wir verurteilen diesen Vergleich aufs Schärfste."

Burundischer Soldat in der Zentralafrikanischen Republik (AP Photo/Rebecca Blackwell)
Burundische Soldaten sind Teil der UN-Mission in der Zentralafrikanischen RepublikBild: picture alliance/AP Photo

Mitarbeit: Sandrine Blanchard, Ines Gakiza, Amida Issa, Mohammed Abdulrahman