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Gewalt in Burundi

António Cascais9. November 2015

In dem ostafrikanischen Land wächst die Gefahr eines Bürgerkriegs. Zum Schutz der Bevölkerung fordern internationale Beobachter Friedenstruppen. Auch der UN-Sicherheitsrat hat sich jetzt geäußert.

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Burundi Polizei Sicherheitskräfte Militär Symbolbild (Foto: Ndabashinze Renovat / Anadolu Agency)
Bild: picture-alliance/AA/N. Renovat

Auch an diesem Montag haben die burundischen Sicherheitskräfte ihre Hausdurchsuchungen in den von der Opposition beherrschten Vierteln Bujumburas fortgesetzt - angeblich um Oppositionelle und Kriminelle zu entwaffnen. Am Samstag endete ein fünftägiges Ultimatum des Präsidenten Pierre Nkurunziza. Er hatte alle Bürger dazu aufgerufen, ihre illegalen Waffen abzugeben. Hintergrund sind die anhaltende Gewalt im Land und tägliche Schusswechsel zwischen Polizei und Bewaffneten.

Doch die Entwaffnungs-Aktionen der Sicherheitskräfte sorgen für noch mehr Gewalt, sagen Anhänger der burundischen Opposition. Nach Angaben des Präsidents des burundischen Oppositionsbündnisses CNARED, Léonard Nyangoma, habe die Regierung bewusst Hass zwischen den größten Ethnien des Landes, Hutu und Tutsi, geschürt. Prominente Regierungsvertreter wie der Senatspräsident hätten dazu aufgerufen, Stadtviertel, in denen Oppositionsanhänger vermutet würden, dem Erdboden gleich zu machen. Tatsächlich ist die Gewalt in den vergangenen Tagen eskaliert. Nachrichtenagenturen sprechen von neun Toten allein am Wochenende und von vielen Verletzten, vor allem im von Oppositionellen beherrschten Viertel Mutakura. Am Freitag hatte die Ermordung eines Sohnes des Menschenrechtlers Pierre-Claver Mbonimpa weltweit Empörung ausgelöst. Er war tags zuvor von der Polizei verhaftet worden.

Viele Burunder flohen gerade in den letzten Tagen vor der Gewalt in der Hauptstadt Bujumbura (Foto: AP Photo)
Viele Burunder flohen gerade in den letzten Tagen vor der Gewalt in der Hauptstadt BujumburaBild: picture-alliance/AP Photo

Chaos und Gewalt

Seit Monaten versinkt Burundi im Chaos und in Gewalt, fast täglich gibt es neue Meldungen von Toten und Verletzten auf den Straßen. Hintergrund der Krise in Burundi ist die umstrittene Präsidentenwahl im Juli, bei der sich Nkurunziza für eine dritte Amtszeit hatte wählen lassen. Die Opposition hält das für verfassungswidrig und fordert den Rücktritt Nkurunzizas. Bewaffnete Teile der Opposition sollen für die Detonation mehrerer Sprengsätze in den vergangenen Wochen verantwortlich sein. Mehr als 200.000 Bewohner des zentralafrikanischen Staats sind bislang vor der Gewalt geflohen. In der Vergangenheit haben sich Regierung und Opposition immer wieder gegenseig die Schuld an der Gewalt im Land gegeben. Ein Sprecher des Staatspräsidenten Pierre Nkurunziza warf den Regierungskritikern sogar Terrorismus vor und verglich sie mit der Al Shabaab-Terrormiliz in Somalia.

Regierungsvertreter erklären, die aktuell laufende Entwaffnung der Oppositionellen werde professionell und unter Beachtung der Menschenrechte vollzogen. In einer an diesem Montag über die Auslandsvertretungen Burundis - auch über die burundische Botschaft in Berlin - verteilten Erklärung heißt es, die Gewalt im Lande beschränke sich auf drei Stadtviertel der Hauptstadt Bujumbura. Dort würden Kriminelle Polizisten mit Granaten angreifen und unschuldige Bürger töten. Im Rest des Landes gehe es friedlich zu. Die Pressemitteilung schließt mit den Worten: „Die Regierung und die große Mehrheit des burundischen Volks sind sich bewusst, dass Gewalt niemals eine Lösung darstellen kann. Deshalb bleiben die Türen zum Dialog und zu einer friedlichen Lösung weit offen.“

Sicherheitskräfte in Bujumbura (Foto: AP Photo/Jerome Delay)
Sicherheitskräfte in BujumburaBild: picture-alliance/AP Photo/J. Delay

Internationale Friedenstruppen in Burundi?

Eine andere Analyse der Lage in Burundi liefert Ulrich Delius, Afrika-Referent der Gesellschaft für bedrohte Völker. Im Gespräch mit der DW appelliert er erneut an den UN-Sicherheitsrat. Der müsse den Einsatz von Friedenstruppen in Burundi vorbereiten, um Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern. „Da Burundis Regierung alle verhängten Sanktionen und internationalen Appelle zur Mäßigung ignoriert, muss der Weltsicherheitsrat nun handeln, um ein Blutbad zu verhindern", so Delius. Die Spannungen nähmen dramatisch zu, politisch motivierte Entführungen und Morde blieben ohne Strafe. "Deshalb müssen die Vereinten Nationen ihre Schutzverantwortung für die Zivilbevölkerung ernst nehmen und gemeinsam mit der Afrikanischen Union eine Friedenstruppe entsenden“, sagt Delius. „Burundis Staatsführung handelt unverantwortlich, weil sie gezielt die ethnische Aufspaltung des Landes schürt und damit den Ausbruch von Gewalt zwischen Hutu und Tutsi fördert." Als zusätzliches Druckmittel solle der UN-Sicherheitsrat androhen, den Internationalen Strafgerichtshof mit einzubeziehen, um die Verantwortlichen für politisch motivierte Gewalttaten zur Rechenschaft zu ziehen.

Auch UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, der UN-Hochkommissar für Menschenrechte Zeid Al Hussein und die Regierungen Frankreichs, Belgiens und Deutschlands warnten in den letzten Tagen nachdrücklich vor noch mehr Gewalt in Burundi. Der UN-Sicherheitsrat forderte nach seiner Sitzung am Montag einen nationalen Dialog zur Entschärfung der Krise in Burundi. Frankreich hatte außerdem einen Entwurf für eine Resolution eingebracht, der allen Verantwortlichen für die Gewalt mit Sanktionen droht. Doch wann darüber entschieden wird, steht noch nicht fest. Die Veto-Mächte Russland und China haben laut Agenturberichten Vorbehalte gegen diesen Entwurf angekündigt.

Kritik in Afrika wird lauter

Auch auf dem afrikanischen Kontinent wächst der Druck auf die Regierung in Bujumbura. Vor allem in den Nachbarstaaten Burundis wird die Kritik deutlicher: Ruandas Präsident Paul Kagame sprach von „Massakern“ und sogar von einer „Vorbereitung eines Genozids“ in Burundi. Das erscheint einigen Beobachtern zu harsch: Dass Statement Kagames stelle „eine unnötige verbale Aufrüstung“ dar, sagt Gwandumi Mwakatobe, politischer Analyst aus Tansania: „Es sind wirklich harte Worte, die ein Präsident eines Nachbarlands normalerweise nicht aussprechen sollte. Was Burundi jetzt braucht ist nicht in erster Linie Druck, sondern vor allem diplomatische Bemühungen auf möglichst hohem Niveau.“

Paul Kagame (links) und Pierre Nkurunziza (Mitte) bei einem Treffen der Ostafrikanischen Gemeinschaft 2012 (Foto: TONY KARUMBA/AFP/Getty Images)
Paul Kagame (links) und Pierre Nkurunziza (Mitte) bei einem Treffen der Ostafrikanischen Gemeinschaft 2012Bild: Getty Images/AFP/T. Karuma

Sulaiman Dahiru, Diplomat aus dem weiter entfernten Nigeria, plädiert im DW-Interview dagegen dafür, den burundischen Präsidenten poltisch zu isolieren: „Es sollte für die Afrikanische Union keinerlei Rechtfertigung geben, den burundischen Präsidenten als einen von uns zu akzeptieren. Er hat die Verfassung und die Gesetze seines eigenen Landes verletzt. Mehr noch: Er lässt sein eigenes Volk ermorden. Und das alles wegen seiner unbändigen Ambition, an der Macht zu bleiben.“

Mitarbeit: Sudi Mnette, Sani Kamaluddeen