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Ungewöhnliche Maßnahmen

Martin Schrader25. September 2008

"Unsere gesamte Wirtschaft ist in Gefahr!" Mit diesen eindringlichen Worten hat sich US-Präsident Bush an seine Landsleute gewandt. Beide Präsidentschaftskandidaten lud Bush zu einem gemeinsamen Krisentreffen ein.

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Bush im Weißen Haus bei TV-Ansprache (AP Photo/Lawrence Jackson)
Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen: Bush bei seiner Rede an die NationBild: AP
Foto-Montage: McCain, Bush, Obame, Wall Street (DW)
Wollen den Finanzmärkten gemeinsam einen Weg aus der Krise bahnen:
Bush (M.), McCain (l.) und ObamaBild: picture-alliance/ dpa/AP/DW

US-Präsident George W. Bush warb am Mittwochabend (24.09.2008, Ortszeit) noch einmal in einer Fernsehansprache eindringlich für die rasche Annahme seines milliardenschweren Rettungspakets für den US-Finanzmarkt durch den Kongress. Ziel sei es, mit Problemen behaftete Anlagen aufzukaufen, damit Kredite wieder fließen und die Wirtschaft sich wieder erholen könne. Das Rettungspaket solle dem Land helfen, nicht einzelnen Unternehmen, sagte Bush.

Ohne sofortiges Handeln des Kongresses drohten die USA in eine Finanzpanik zu rutschen, betonte Bush. Tatenlosigkeit könne Banken vernichten, Rentenpläne bedrohen und Millionen Arbeitsplätze gefährden. Er habe sich für eine "dramatische Aktion" der Regierung zur Rettung der Banken entschieden, anstatt stillzuhalten und dem "verantwortungslosen Handeln einzelner" tatenlos zuzuschauen.

Ungewöhnlich: Gemeinsame Erklärung von McCain und Obama

Angesichts der anhaltenden Kritik an seinem Rettungsplan lud Bush die beiden Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und John McCain sowie die Präsidenten von Repräsentantenhaus und Senat für Donnerstag zu einem Treffen ein. Dabei ging Bush auch den ungewöhnlichen Weg und rief den demokratischen Kandidaten Obama persönlich an, um ihn einzuladen, wie Präsidenten-Sprecher Dana Perino mitteilte. Obama habe die Einladung angenommen. Ziel des Treffens sei es, schnell eine Lösung in der größten Wirtschaftskrise der USA seit Jahrzehnten zu erreichen, sagte Perino. Auch der republikanische Kandidat John McCain nahm die Einladung zu dem Treffen an.

Obama und McCain stellten sich in einer ungewöhnlichen Aktion hinter Bushs Vorhaben: In einer gemeinsamen Erklärung der beiden Wahlkampfteams hieß es, der Vorschlag der Regierung habe zwar Fehler, dürfe aber nicht scheitern.

Gegenvorschlag der Demokraten im Kongress

Bush hat ein Rettungspaket über 700 Milliarden Dollar vorgeschlagen, das im Kongress aber auf Kritik und Widerstand stößt. Zwar herrscht grundsätzliche Bereitschaft zu schnellem Handeln, doch gibt es ernste Einwände: Vor allem wird eine parlamentarische Aufsicht über das Milliardenprogramm an in Not geratene Bankhäuser gefordert; außerdem müssten die Manager solcher Finanzinstitute, denen unter die Arme gegriffen wird, auf ihre extrem hohen Gehälter verzichten. Vor allem die Demokraten verlangen auch Hilfen für Hausbesitzer, die im Zuge der Krise in Not geraten sind. Sie einigten sich auf einen eigenen Gesetzentwurf, den sie Bush zur Unterzeichnung vorlegen wollen. Demnach sollen die von der US-Regierung angestrebten 700 Milliarden Dollar schrittweise zur Verfügung gestellt werden. Zudem sind in ihrem Vorschlag Kontrollmechanismen vorgesehen.

Zugleich forderte McCain, die für Freitag geplante erste Fernseh-Debatte mit seinem demokratischen Gegner zu verschieben. Dies lehnte Obama, der ebenfalls dem Senat angehört, ab. "Das ist genau die Zeit, in der die Amerikaner etwas von uns hören wollen", begründete der 46-jährige schwarze Senator seine Haltung. Kommentatoren im US-Fernsehen gingen davon aus, dass die Debatte wie geplant stattfindet.

Wahltaktische Manöver?

Anders als Obama, der seinen Wahlkampf wie geplant fortsetzt, will McCain am Donnerstag seinen Wahlkampf unterbrechen und nach Washington zurückkehren, um sich mit der Finanzkrise zu befassen. Das Wohl des Landes sei ihm wichtiger als die Politik, sagte McCain. Er wolle auch alle Parteiauftritte und TV-Werbespots für die nächsten Tage aussetzen.

TV-Kommentatoren werteten den Schritt des 72-Jährigen als einen Versuch, sich als "staatsmännischer Retter" zu präsentieren, der die Streitereien der Politik überwinden könne. Auch politische Gegner werteten McCains Vorschlag als ein taktisches Manöver. Er wolle damit in einem Bereich - der Wirtschaft -, der bislang Obama zugute gekommen ist, den Demokraten ausstechen. Der demokratische Senator Dick Durbin mutmaßte, McCain reagiere mit seinem Wahlkampfabbruch weniger auf den Kursturz an den Börsen als auf seinen Absturz in den Umfragen. Obama profitiert Umfragen zufolge derzeit von der Finanzkrise. Eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage der "Washington Post" mit dem Sender ABC sieht Obama mit neun Prozentpunkten Vorsprung vor McCain. In einer Umfrage für Fox News lag Obama um sechs Prozentpunkte vor seinem Gegner von den Republikanern. (mas)