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Buhlen um Asien

Karl Zawadzky17. November 2006

Seit die Welthandelsrunde der WTO stillsteht, buhlen große Wirtschaftsnationen besonders um bilaterale Handelsmöglichkeiten mit den aufstrebenden asiatischen Volkswirtschaften. So auch Bush vor dem APEC-Gipfel in Hanoi.

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Blick von oben auf einen Kleidermarkt in Schanghai
Asien hat lukrative Märkte zu bieten - Blick auf einen Kleidermarkt in SchanghaiBild: picture-alliance/dpa

Je länger die Welthandelsrunde Doha auf Eis liegt und zudem unklar ist, ob sie überhaupt wieder aufgenommen wird, desto mehr suchen die großen Handelsländer ihr Heil in bilateralen oder regionalen Freihandelsabkommen. Den Nachteil davon haben die kleinen und die ärmeren Länder.

Derzeit sind mehr als 200 solcher Handelsabkommen in Kraft, in denen sich zwei Staaten oder Staatengruppen gegenseitigen Marktzutritt und Zollsenkungen gewähren. Weitere 90 Freihandelsabkommen sind unterschrieben oder in Arbeit. Das sind doppelt so viele wie vor zehn Jahren. 1990 waren bei der WTO-Vorgängerin, dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT), erst 31 bilaterale oder regionale Abkommen registriert; 1970 waren es gerade einmal sechs.

Alternative zur WTO

Besonders die USA handeln immer mehr Freihandelspakete mit einzelnen Staaten oder Regionen aus - und dies weltweit. Damit entwickeln sich diese Vereinbarungen für die USA zu einer echten Alternative zur multilateralen Welthandelsorganisation (WTO) und zu einem Druckmittel: Kommen sie nämlich in der WTO nicht zum Ziel, weichen sie auf bilaterale Abkommen aus. Zum Beispiel in Lateinamerika haben die USA in den vergangenen Jahren

mit elf Ländern bilaterale Abkommen vereinbart oder vorbereitet. Die EU mag da nicht abseits stehen und hat ihrerseits mit Mexiko und Chile bilaterale Freihandelsabkommen vereinbart.

Blick auf Peking
Blick auf PekingBild: AP

Vor allem aber buhlen die großen Wirtschaftsnationen um Handelserleichterungen im Warenverkehr mit den aufstrebenden asiatischen Volkswirtschaften. Die EU hat soeben Indien und den ASEAN-Staaten Freihandelsabkommen angeboten. US-Präsident George W. Bush hat im Vorfeld des APEC-Gipfels für asiatisch-pazifische wirtschaftliche Zusammenarbeit in Hanoi (18./19.11.2006) den asiatischen Ländern eine verlässliche amerikanische Handelspolitik zugesichert und erneut für seinen Vorschlag einer Freihandelszone im asiatisch-pazifischen Raum geworben.

Lukrativer Markt in Asien

Die Volkswirtschaften beiderseits des Pazifiks kommen für fast die Hälfte des Welthandels auf und erbringen 70 Prozent des weltweiten Wirtschaftswachstums. Allerdings hätte ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und den asiatischen Partnern erhebliche Nachteile für die daran nicht beteiligten Länder, vor allem aber für die kleinen und ärmeren Entwicklungsländer.

Eine Näherei in Vietnam
Eine Näherei in VietnamBild: DW/Samson

Anton Börner, der Präsident des Deutschen Groß- und Außenhandelsverbandes, verspricht sich nach wie vor von multilateralen Vereinbarungen innerhalb der WTO den größten Vorteil, weil sie nämlich automatisch für alle - mit Vietnam demnächst 150 - WTO-Mitgliedsländer gelten. Wenn die WTO jedoch blockiert ist, sieht auch er in bilateralen Abkommen eine Alternative. Aber: "Die großen Verlierer sind gerade die Länder, die es am meisten brauchen, nämlich die Entwicklungsländer - insbesondere die Ärmsten der Armen."

Bilaterale Abkommen benachteiligen kleinere Länder

Das heißt: Kleine Länder, die zudem nicht über nennenswerte Rohstoffvorkommen verfügen, rücken auf der Prioritätenliste der großen Handelspartner nach hinten. Diesen Ländern wird es zudem schwer fallen, von sich aus bilaterale Handelsabkommen anzustreben, sagt Börner. "Einfach auf Grund der mangelnden Stärke und der mangelnden Möglichkeiten, mit allen großen Wirtschaftsblöcken so zu verhandeln, dass für sie etwas Lukratives dabei rauskommt."

Während in der Welthandelsorganisation alle Handelserleichterungen für alle WTO-Mitgliedsländer gelten, verschaffen bilaterale Handelsabkommen lediglich den beteiligten Ländern exklusive Vorteile. Hinzu kommt: Bei bilateralen Abkommen fällt es potenten Wirtschaftsmächten leichter, ihre Interessen durchzudrücken. Dadurch haben die großen Wirtschaftsmächte - EU, USA, Japan - von bilateralen Abkommen größeren Nutzen als kleinere Partner. Auch fällt es den größeren Ländern leichter als kleineren, gleichzeitig mit einer Vielzahl von Partnern Freihandelsabkommen auszuhandeln. Schließlich nimmt derzeit der Protektionismus weltweit zu.