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BVB: Die neue Bayern-Konkurrenz

Olivia Fritz21. April 2012

Vor einigen Jahren noch fast pleite, nun (wieder) ein ernsthafter Konkurrent von Liga-Krösus Bayern München: Der BVB gewinnt erneut die deutsche Meisterschaft und etabliert sich an der Bundesligaspitze.

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Fans von Dortmund feiern ihre Mannschaft. (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es war ein Triumphzug der Gier, den Borussia Dortmund einmal mehr hingelegt hat. Bereits drei Spieltage vor Schluss ist dem BVB die Meisterschaft in der Fußball-Bundesliga nicht mehr zu nehmen – die Titelverteidigung ist früher geglückt, als es die meisten Fußballexperten für möglich gehalten hatten. Mit acht Punkten Vorsprung vor dem härtesten Konkurrenten FC Bayern München haben die Dortmunder ihren Titel verteidigt, zum achten Mal die Meisterschaft gewonnen und sich mit der schon in der vergangenen Saison gezeigten frischen und begeisternden Spielweise ganz oben in der Liga festgesetzt.

Von Rekord zu Rekord

Dabei war das junge Team um die erfahrenen Leistungsträger Torwart Roman Weidenfeller (31 Jahre) und Kapitän Sebastian Kehl (32) – kein anderer Stammspieler ist älter als 26 Jahre – ebenso erfolgshungrig wie im Jahr zuvor. Obwohl Leistungsträger wie Nuri Sahin fehlten (wechselte vor der Saison zu Real Madrid) oder – wie Mario Götze – lange verletzt ausfielen, blieb am Ende der Erfolg. Trotz mäßigen Saisonstarts und der verpassten Herbstmeisterschaft behielt der deutsche Meister im Endspurt die Nerven. "Diese Mannschaft ist nie zufrieden und wahnsinnig gierig", kommentierte ein sichtlich stolzer Trainer Jürgen Klopp den zweiten Derbysieg gegen Schalke 04. Denn den Dortmundern gelangen seit 15 Jahren zum ersten Mal zwei Saisonsiege gegen ihren Erzfeind. "Das ist unglaublich, die Mannschaft hat alles aus sich herausgepresst bis zum letzten Tropfen", sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

Das schlägt sich auch in Zahlen nieder: Seit 26 Spielen sind die Borussen ohne Niederlage – Bundesligarekord. Mit insgesamt noch zwei Siegen könnte der BVB einen weiteren Liga-Rekord brechen: 81 Punkte stünden dann auf dem Konto, damit wäre der Bayern-Rekord aus den Jahren 1972 und 1973 übertroffen (umgerechnet auf die Drei-Punkte-Wertung kam Bayern auf jeweils 79 Zähler). Dabei war das Thema Meisterschaft für Klopp bis zum Ende tabu: "Warum sollten wir uns mit etwas anderem beschäftigen, als damit, Punkte zu sammeln und idealerweise die beste Saison unseres Lebens zu spielen?" Klopp behielt damit genau wie in der vergangenen Saison die nötige Ruhe.

Der Dortmunder Robert Lewandowski bejubelt sein Tor zum 1:0. (Foto: Roland Weihrauch dpa/lnw)
Lewandowski mit seinem wichtigsten Saisontor: 1:0 gegen Bayern MünchenBild: picture-alliance/dpa

Denn Ruhe und Geduld waren gefragt in den wichtigen Spielen: Im Derby und vorher im zum "Gigantenduell" hochstilisierten Duell am 30. Spieltag zwischen Dortmund und den Bayern, das der BVB durch den Treffer von dem in dieser Saison überragend aufspielenden Stürmer Robert Lewandowski mit 1:0 gewann und damit die Meisterschaft entschied.

International noch viel Luft nach oben

Enormen Steigerungsbedarf haben die international eher unerfahrenen jungen Spieler im Europapokal: Dortmund schied mit insgesamt vier Niederlagen, einem Unentschieden gegen den FC Arsenal und nur einem Sieg über Olympiakos Piräus bereits in der Vorrunde der Champions League sang- und klanglos aus und kassierte in den sechs Spielen zwölf Tore.

Das brachte dem BVB auch Spott von der nationalen Konkurrenz ein: "Dortmund bekommt erst den Ritterschlag, wenn sie nicht nur national, sondern auch international erfolgreich spielen", ätzte Bayern-Präsident Uli Hoeneß, worauf Klopp zugab: "Den Schuh ziehe ich mir an, dass wir international noch nichts gerissen haben. Aber möglicherweise wird Uli Hoeneß irgendwann den Hut vor dieser Mannschaft ziehen müssen." Und wer weiß – vielleicht hat sich die Nervosität der Dortmunder vor dem europäischen Parkett in der kommenden Saison schon gelegt.

Vom Pleitenklub zum Titelverteidiger

Es bleibt abzuwarten, wohin der Weg der Borussia in Zukunft führen wird. Schon einmal – Ende der 1990er Jahre – waren die Dortmunder ernstzunehmende Konkurrenten der Bayern, gewannen ebenfalls zweimal nacheinander (1995 und 1996) die Meisterschaft und sogar die Champions League (1997). Danach folgten der finanzielle Absturz und die drohende Insolvenz, die 2005 im letzten Moment verhindert werden konnte. Damals bekam der BVB sogar vom Konkurrenten FC Bayern München mit einem Millionenkredit finanzielle Unterstützung.

Seitdem Jürgen Klopp die Geschicke der Mannschaft in Dortmund leitet, geht es sportlich und finanziell wieder bergauf. Zuerst schaffte der BVB einen ordentlichen sechsten Platz (2009), danach folgte der Einzug in die Europa League (2010) und schließlich zweimal der Gewinn der Meisterschaft. Das wird man auch an der Isar bemerken müssen. Denn nach den "Eintagsfliegen" VfB Stuttgart (Meister 2007) und VfL Wolfsburg (Meister 2009), die sich zwischen die Münchener Titelgewinne mogelten, ist es nach 1995 und 1996 wieder einmal der BVB, der den Bayern zweimal in Folge die Meisterschaft wegschnappen konnte.

Jürgen Klopp. (Foto: REUTERS/Alex Domanski)
Klopp lehrte seine Spieler, "gierig" zu seinBild: Reuters

Die Voraussetzungen für eine dauerhafte Bayern-Konkurrenz sind gut: Der aktuelle Rekord-Abschluss über rund 2,5 Milliarden Euro für die Medienverwertung der Bundesliga spült ordentlich Geld in die Kasse der Topklubs: Bayern und Dortmund könnten ihre Einnahmen pro Saison auf über 40 Millionen Euro steigern. Zudem zementiert sich auch der aktuelle Kader: Jungstar Mario Götze widerstand anderen Verlockungen und verlängerte seinen Vertrag bis 2016. Zudem kommt zur nächsten Saison der spielstarke und ebenfalls junge Marco Reus von Borussia Mönchengladbach. Und auch die Vereinsführung bleibt: Watzke, Klopp und Sportdirektor Michael Zorc haben neue Verträge bis 2016 unterschrieben. So sieht kontinuierliches Arbeiten aus. Wenn jetzt noch der Erfolgshunger bleibt, ist dem BVB auch in der nächsten Saison viel zuzutrauen.