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Cacau

10. Mai 2007

Cacau ist einer der Aufsteiger der Saison. Er hat sich hochgekämpft. Von der 5. Liga bei Gücu München bis nach Stuttgart und in die Gipfelregionen der Torjägerliste. Jeronimo Claudemir Barreto. Oder eben … Cacau.

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CacauBild: DW-TV

"Ja, das war mein erster Geburtstag, da haben wir gefeiert…

"Der erste Geburtstag?"

"Ja, der erste Geburtstag. Da gibt es ein Lied in Brasilien, wo das Geburtstagskind seinen Namen aussprechen muss. Dann haben wir gesungen und ich habe statt Claudemir Cacau-demir gesagt, weil ich nicht so gut sprechen konnte. Und hab das immer wiederholt: Cacau-demir, Cacau-demir.

Das hat meine Mutter gehört und hat gesagt, wir nennen dich jetzt Cacau und nicht mehr Claudemir, das war dann auch einfacher und seitdem nennt mich jeder Cacau."

"Hier in Stuttgart habt ihr ja lange die Diskussion um die Meisterschaft gar nicht annehmen wollen und jetzt glaubt schon die Mehrheit der Fans, dass ihr doch Meister werdet.

Müsst ihr jetzt die Favoritenrolle doch annehmen?"

"Also, Favoriten nicht, weil wir nicht Erster sind und das hängt nicht von uns ab, ob wir Meister werden können. Aber wir werden alles geben, um die letzten beiden Spiele zu gewinnen und wenn dabei die Meisterschaft rauskommt ist schön, wenn nicht, ist auch schön. Wir haben eine super Saison gespielt. Von daher glaube ich schon, das wir Gewinner dieser Saison sind."

"Und du betest auch vor jedem Spiel?"

"Ja, das stimmt, nicht nur vor jedem Spiel, sondern jeden Tag. Das ist auch ein Teil von meinem Leben."

"Aber betest du auch vor dem Spiel, dass ihr das Spiel gewinnt?"

"Das habe ich schon gemacht, aber letztendlich bete ich dafür, dass Gottes Wille geschieht."

"Wenn Du zum Beispiel hier in Stuttgart dafür betest, dass ihr gewinnt und wenn dein Freund Marcelo Bordon auf Schalke betet, dass Schalke gewinnt und wenn vielleicht Diego in Bremen betet, dass Bremen gewinnt, was wird dann passieren?

"Gott wird dass Beste daraus machen, wie gesagt, es ist nicht entscheidend, dass wir gewinnen, sondern, dass Gottes Wille geschieht. Das ist was ich bete, ich denke Marcelo betet genauso und wenn Diego betet, macht er genau das Gleiche.

Mit Gott sind wir immer Sieger, auch wenn wir auf dem Platz nicht gewinnen."

"Als du nach Deutschland gekommen bist, war das für Dich erstaunlich, dass hier die Kirche und der Glaube eine viel geringere Rolle spielt als in Brasilien?"

"Das war schon ein großer Unterschied. Am Anfang habe ich gedacht, ich bin hier in einer anderen Welt, das kann nicht sein dass es sowas gibt. Ich bin hierher gekommen, hab in der 5. Liga gespielt, konnte die Sprache nicht und die Kultur kannte ich nicht… das war eine ganz schwierige Zeit.

Aber dass der Glaube hier nicht so eine große Rolle spielt ist für mich eher traurig. Weil Gott ist so ein guter Freund, man verpasst etwas, wenn man ihn nicht kennt, aber das ein Teil davon, dass es für mich schwierig war, auch andere Sachen: es war Winter, sehr kalt, schwierige Sprache, ganz schwierig, das war schon eine harte Zeit."

"Und du hast auch mal gesagt, du warst verblüfft, dass du die Spieler gesehen hast, damals, und die wollten gar nicht unbedingt nach oben, die hatten gar nicht den Willen gut spielen und zu gewinnen…"

"Richtig, in Brasilien, auch wenn man bei einer kleinen Mannschaft spielt, Kreisklasse oder so, gibt man alles, man will alles, man will besser werden.

Und da hab ich das Gefühl nicht gehabt,weil, ich denke, hier in Deutschland geht es den Leuten sehr gut, hat man es nicht nötig, alles zu geben..

Viele haben gespielt, haben nach dem Spiel viel getrunken, sind weggegangen…

Und da habe ich mich gefragt, wo sind die guten Spieler hier in Deutschland? Ich wußte nicht, dass es gute deutsche Spieler gibt in Deutschland."

"Ich bin in einer Familie aufgewachsen mit zwei Geschwistern, zwei Brüdern, meine Mutter hat als Putzfrau gearbeitet, hat ein paar Euro verdient, um uns zu ernähren. Und das war‘s auch schon, wir hatten keine guten Klamotten…

Man kann schon sagen, dass wir die ärmste Familie im Dorf waren."

"Es gab auf jeden Fall einen Moment wo du hier nicht so gut gespielt hast und es gab Angebote von anderen Vereinen, wo du gesagt hast, du möchtest aber nicht zur Ware werden."

"Ja, dass war eine Situation, wo der Verein mich nicht mehr wollte, weil es wurde gesagt, Cacau wird dahin wechseln oder dahin, hin und her geschoben…und ich wollte dazu etwas sagen.

Weil man wird dann nicht mehr ernst genommen, wenn man nichts sagt.

Ich gebe alles für meinen Verein. Ich will dann auch als Mensch behandelt werden und das ist jetzt der Fall."

"Die Seele des Vereins?

Für mich ist der Trainer. Ist der Trainer. Auf jeden Fall."

"Er ist ein Trainer der sehr bescheiden ist und der uns auch geholfen hat, auf dem Boden zu bleiben."

"Und er hat auch gesagt, du spielst jetzt mannschaftsdienlicher…"

"Ja, das kann sein. Weil ich bin jetzt schon 26 und habe einige Erfahrungen gesammelt. Ich versuche jetzt auch für die Mannschaft zu spielen. Wenn es geht, mache ich es alleine, wenn nicht, gucke ich ob jemand anders besser postiert ist. Ich denke, die großen Spieler spielen auch so und deswegen sind sie ganz oben. Für mich war es eine Frage der Zeit, wann ich das ändern muss. Und ich bin froh, dass ich diese Saison so gespielt habe."