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Castro rudert zurück

13. September 2010

In einem Interview mit einem US-Magazin äußerte Fidel Castro Kritik am kubanischen Modell - nun soll alles ein großes Missverständnis gewesen sein.

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Fidel Castro bei der Vorstellung siner Biografie "Die strategische Gegenoffensive" in Havanna (Foto: AP)
"Die strategische Gegenoffensive" - Fidel Castro stellt seine Memoiren vorBild: AP

Da rieb sich die Welt ungläubig die Augen: "Das kubanische Modell funktioniert nicht einmal mehr für uns!" Diese Worte kamen ausgerechnet vom großen Revolutionsführer persönlich. Fidel Castro hatte sie im Interview mit dem US-amerikanischen Journalisten Jeffrey Goldberg fallen lassen, das letzte Woche (08.09.2010) im US-Magazin "The Atlantic" veröffentlicht wurde.

Doch nun rudert der Comandante zurück: Goldberg habe ihn "falsch verstanden", er habe "genau das Gegenteil" gemeint. Es amüsiere ihn aber zu sehen, dass Goldberg ihn "wortwörtlich" interpretiert habe, sagte so der 84-Jährige am Freitag (10.09.2010) bei der Vorstellung des zweiten Teils seiner Memoiren "Die strategische Gegenoffensive". "Wie die ganze Welt weiß, ist meine Idee, dass das kapitalistische System nicht mehr funktioniert- weder für die USA noch den Rest der Welt", erklärte Castro, der vor mehr als 50 Jahren die kubanische Revolution angeführt hatte. "Wie soll ein solches System dann für ein sozialistisches Land wie Kuba funktionieren?"

Nehmt mich doch nicht wörtlich!

Plakat gegen den Kapitalismus, Havanna (Foto: Lena Fabian)
"Kapitalismus in der Krise" -Propaganda in HavannaBild: DW / Lena Fabian

Der US-Journalist Goldberg wies die Vorwürfe zurück. Castro hätte während des dreitägigen Interviews mit "The Atlantic" auf seine Frage, ob das kubanische Modell noch exportfähig sei, genau das gesagt, was er geschrieben habe. "Das Gegenteil dieser Äußerungen würde so klingen: Das kubanische Modell funktioniert so gut, dass wir es gerne exportieren möchten. Das hat er aber nicht gesagt."

Das bestätigte die Kuba-Expertin des US Council on Foreign Relations (CFR), Julia Sweig, die von der Zeitschrift "The Atlantic" bei dem Interview hinzugezogen wurde. Castro habe "nicht gescherzt", sagte Sweig. "Als ich ihn das sagen hörte, dachte ich, er meint, dass das Wirtschaftsmodell nicht mehr funktioniert - nicht die Revolution, die sozialistische Gesinnung, der Unabhängigkeitswillen", so die Kuba-Expertin. "Doch als er sagte, 'Oh, das Modell funktioniert nicht einmal mehr für uns', bezog er sich geradezu auf dieses fast schon zum Fetisch erhobene Modell."

Zurück an der Öffentlichkeit

In Kommentaren zu dem "Missverständnis" wurde darüber spekuliert, Fidel Castro wolle möglicherweise den Kurs seines Bruders Raúl in Richtung einer vorsichtigen Liberalisierung der Wirtschaft unterstützen. An Raúl hatte der Comandante die Staatsführung vor vier Jahren abgegeben, weil er sich wegen einer Darmoperation aus der Politik zurückziehen musste. Lange Zeit hatte sich Castro nicht in der Öffentlichkeit gezeigt, in den vergangenen Wochen mehrten sich jedoch seine Auftritte. Sweig bekräftigte, bei den Gesprächen habe er sich "in guter Form und witzig" gezeigt.

Autorin: Anne Herrberg (afp, ap, dpa)
Redaktion: Oliver PIeper