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Hoffnungsträger China

Nina Haase18. März 2009

In Zeiten der Krise blickt die Welt hoffnungsvoll nach China. Trotz Exporteinbrüche erwartet das Land 2009 noch ein Wachstum von über sechs Prozent. Das umfangreiche Konjunkturpaket hilft auch dem deutschen Mittelstand.

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Windräder in China (Quelle: AP)
China setzt auf erneuerbare EnergienBild: AP
Radfahrer mit Mundschutz (Quelle: AP Photo/EyePress)
Zehn Prozent der staatlichen Hilfen gehen in UmweltschutzmaßnahmenBild: AP

Die Krise hat auch das Boomland China erreicht: Vorbei sind die Zeiten der zweistelligen Wachstumsraten. Selbst die Pekinger Regierung prognostiziert, dass Chinas Wirtschaft dieses Jahr nur noch um etwa acht Prozent zulegen wird, Experten gehen sogar von nur vier bis sechs Prozent aus. Dennoch sind das Zahlen, von denen Europäer und Amerikaner derzeit nur träumen können.

So lautet die Frage, die sich deutsche Unternehmen stellen nicht, ob man in China Geschäfte macht, sondern wie, meint Manfred Rothgänger, der Geschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Shanghai: "Inwieweit nutze ich China? Nutze ich China als Beschaffungsmarkt, als Absatzmarkt oder als Produktionsstandort? Oder eine Kombination dieser drei Möglichkeiten?“ Rothgänger ist überzeugt: Für deutsche Unternehmen ergeben sich besonders durch das Konjunkturprogramm viele Möglichkeiten, am chinesischen Wachstum teilzuhaben.

Weg von der Exportabhängigkeit

Sein rasantes Wachstum seit Ende der 1990er Jahre hatte China vor allem dem Export zu verdanken. Die Exportabhängigkeit rächt sich jetzt, wo der globale Handel so stark eingebrochen ist. Die Verbraucher in den Hauptabsatzmärkten für chinesische Produkte – USA und EU – müssen sparen, und das trifft die chinesische Wirtschaft hart.

Montage eines Dampfturbinen-Rotors(Quelle: AP Photo/Matthias Rietschel)
Deutsches Know-how ist auch im Maschinenbau gefragtBild: AP

Mit dem Konjunkturprogramm, das umgerechnet knapp 470 Milliarden Euro an staatlichen Hilfen umfasst, wollen die Regierenden die Infrastruktur ausbauen, Exporteuren helfen und die Nachfrage ankurbeln. Davon können auch deutsche Unternehmen aus vielen Branchen profitieren, sagt der Leiter der Deutschen Handelskammer in Shanghai. Zumindest dann, wenn kein chinesisches Unternehmen über die erforderlichen Technologien verfügt: "Das betrifft insbesondere alle Branchen, die mit Infrastrukturmaßnahmen zu tun haben, beispielsweise beim Straßenbau, beim Bau von Flughäfen, oder beim Bau von schienengetriebenen Antrieben. Aber auch der Medizinsektor und die Bereiche Energieeffizienz und Umwelttechnologien sind sehr nachgefragt.“

Windräder (Quelle: Ingo Wagner dpa/lni)
Jedes dritte neue Windrad wird in China aufgestelltBild: picture-alliance / dpa

Die Windkraft-Branche boomt nach wie vor: Jedes dritte Windrad, das weltweit neu gebaut wird, wird in China aufgestellt. Bislang ist kein Ende des Wachstums in Sicht, denn gerade der Westen des Landes mit seinen windigen Ebenen ist noch wenig erschlossen. Bis 2010 will China den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung auf 10 Prozent steigern, bis 2015 auf 15 Prozent.

Gerade das Know-how von deutschen Firmen sei hier gefragt, sagt Gisbert Schulze, der Geschäftsführer der SSB Gruppe, einer deutschen Firma, die in Qingdao an der chinesischen Ostküste Antriebssysteme für Rotorenblätter von Windrädern vertreibt. „Wenn wir in unsere Auftragsbücher schauen, sehen die erfreulich gut aus.“ Schulze beobachtet aber durchaus Verzögerungen in der Branche: „Wir erwarten, dass 2009 relativ unsicher wird, aber wir erwarten auch, dass 2010 das prognostizierte Wachstum tatsächlich stattfinden wird.“

China investiert im In- und Ausland

Sudanesisches Frau geht an chinesischer Flagge vorbei (Quelle: AP Photo/Alfred de Montesquiou)
Eröffnet Chancen für deutsche Unternehmer: Chinas wachsende Aktivitäten im AuslandBild: AP

Anders als die USA sitzt China nicht auf 10 Billionen Dollar Schulden, sondern hat Devisenreserven von etwa zwei Billionen Dollar. China hat also die finanziellen Mittel, um zu investieren. Das tut es mit Vorliebe auch immer mehr im Ausland, und die gesteigerten Übersee-Aktivitäten der chinesischen Business-Elite eröffnen wiederum neue Geschäftsfelder für deutsche Unternehmer wie Hans-Christian Ueberschaer, der in Peking Topmanager bei der Auswahl des richtigen Firmenflugzeugs berät: "China sichert sich nun weltweit Ressourcen – Erzminen in Australien oder Metalle in Afrika, Lateinamerika und Asien. Die Manager müssen in der Lage sein, diese Rohstoffquellen schnell zu erreichen und hier können wir ihnen helfen.“

Aber China investiert nicht nur im Ausland, sondern auch immer mehr im Inland, beispielsweise in die Entwicklung neuer Produkte. Je mehr Geld die Chinesen für Innovationen ausgeben, desto mehr tut es ihnen weh, wenn ihre Produkte von den eigenen Landsleuten kopiert werden. Immer mehr Chinesen haben also ein Interesse, sich gegen Ideendiebstahl zu schützen. Es gibt zwar schon ein gesetzliches Regelwerk, aber in vielen Fällen existierten die Regeln nur auf dem Papier, sagt Manfred Rothgänger: "China ist groß. Die Überprüfbarkeit ist noch nicht so gegeben.“

Krise bringt Länder näher zusammen

MP3 Player auf einem Tisch (Quelle: AP Photo/Joerg Sarbach)
Mit der Zahl der eigenen Patente wächst das Interesse von chinesischen Firmen am Schutz des geistigen EigentumsBild: AP

Würde der Schutz der geistigen Eigentumsrechte verbessert, trüge das unter anderem auch zur Verbesserung des deutsch-chinesischen Verhältnisses bei. Zwischen China und Deutschland waren im Herbst 2007 die politischen Gespräche eingefroren worden. Grund war das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter, dem Dalai Lama. Auch die wirtschaftlichen Kontakte wurden davon in Mitleidenschaft gezogen.

Durch den weltweiten Wirtschaftsabschwung rücken die Länder aber trotz politischer Differenzen wieder zusammen, meint Unternehmer Hans-Christian Ueberschaer: "Jetzt, gerade in der Zeit der Krise, führen gemeinsame Interessen uns zu gemeinsamem Handeln zusammen, und das stärkt die Vertrauensbasis ungeheuer.“

Und in Zeiten, in denen Banken einander kein Geld mehr leihen, ist Vertrauen in der Geschäftswelt Gold wert.