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Chemie-Nobelpreis für Forscher aus Frankreich und USA

5. Oktober 2005

Die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete "Metathese" ermöglicht die Bildung neuer Moleküle und bringt vor allem Nutzen für Pharmazie, Umweltschutz und Kunststoffindustrie.

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Das Nobelpreiskomitee bei der Bekanntgabe der PreisträgerBild: AP

Den Chemie-Nobelpreis teilen sich in diesem Jahr der Franzose Yves Chauvin und die beiden Amerikaner Robert Grubbs und Richard Schrock. Die Wissenschaftler wurden für die Entwicklung einer neuen Reaktionsmethode in der Kohlenstoffchemie ausgezeichnet, wie die Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch (05.10) in Stockholm bekannt gab. Die von ihnen entdeckte Metathese eröffne "fantastische Möglichkeiten" bei der Herstellung neuer Moleküle, beispielsweise in der Pharmazie und der Kunststoffproduktion, erklärte das Nobel-Komitee.



"Wie Tanz mit Partnertausch"

Bei der Metathese werden gezielt neue Moleküle gebildet, indem mit Hilfe eines Katalysators Doppelbindungen von Kohlenstoffen aufgebrochen und neue Bindungen geschaffen werden. Zwei Chemieprofessoren und zwei Mitarbeiterinnen der Wissenschaftsakademie demonstrierten nach der Bekanntgabe des Nobelpreises mit einem echten Volkstanz den Molekültausch. Erst tanzten die Professoren zu zweit und die Mitarbeiterinnen ebenfalls. Dann sagte einer der Professoren: "Jetzt kommt der Katalysator", und schon öffneten sich beide Paare füreinander und tanzten im Viererkreis.

Chauvin, Grubbs und Schrock hätten die Metathese zu einer der wichtigsten Reaktionsmethoden in der organischen Chemie gemacht, erklärte das Nobel-Komitee. Dank ihrer Forschung seien Synthesen effizienter, einfacher und umweltfreundlicher geworden. Da bei der Produktion von Molekülen durch die Metathese gefährliche Abfallstoffe vermieden werden können, sei sie "ein großer Schritt in Richtung 'grüne Chemie'", so das Nobel-Komitee. Sie zeige außerdem, wie Grundlagenforschung der Menschheit und der Umwelt nützen könne.

Nutzen für Pharmazie und chemische Industrie

1971 beschrieb Chauvin dem Komitee zufolge, wie Metathese funktioniert und welche metallischen Elemente als Katalysatoren dienen können. Schrock entwickelte 1990 als erster einen effizienten Katalysator, der 1992 von Grubbs verbessert wurde. Die Metathese findet heute der Akademie der Wissenschaft zufolge breite Anwendung in der chemischen Industrie, vor allem bei der Entwicklung von Medikamenten und Kunststoffen.

Katalysatoren beschleunigen chemische Reaktionen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Sie vermindern die für eine Reaktion nötige Energie, indem sie mit den beteiligten Substanzen ein Zwischenprodukt bilden und Bindungen zwischen den einzelnen Atomen schwächen. Ohne Katalysatoren wäre die Herstellung etlicher Stoffe wie zum Beispiel Plastik nicht möglich oder extrem energieaufwendig. Im Autokatalysator dagegen sorgen die Substanzen für den Abbau von Schadstoffen wie Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffen und Stickoxiden.

1,1 Millionen Euro Preisgeld

Schrock lehrt am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge in den USA. Er fühle sich regelrecht durchgeschüttelt und könne kaum sprechen, sagte der 60-Jährige dem schwedischen Radio. Als er von der Auszeichnung erfahren habe, sei er gerade aufgestanden gewesen und habe Kaffee getrunken. Der 74 Jahre alte Chauvin arbeitet am Institut Français du Pétrole in Rueil-Malmaison, sein 63 Jahre alter Kollege Grubbs am California Institute of Technology (Caltech).

Testkolben vor Laboranten
Dossierbild Nobelpreis
Chemie-Nobelpreis von Marie Curie von 1911Bild: dpa
Freies Bildformat: Die diesjährigen Gewinner des Chemie-Nobelpreises
v.l.n.r. Robert Grubbs, Yves Chauvin und Richard R. SchrockBild: Montage/AP/dpa

Der Chemie-Nobelpreis ist mit zehn Millionen Kronen (rund 1,1 Millionen Euro) dotiert und wird am 10. Dezember in Stockholm verliehen. Schon am Montag wurde den Australiern Barry Marshall und Robin Warren der Nobelpreis für Medizin zuerkannt. Am Dienstag wurden die Träger des Physik-Preises benannt. Die Auszeichnung erhielten der 63-jährige Max-Planck-Forscher und Münchner Professor Theodor Hänsch sowie die Amerikaner Roy J. Glauber und John L. Hall.

Zwei Humboldtianer

Die Humboldt-Stiftung gratulierte den beiden US-Forschern zu der Auszeichnung. Grubbs hatte 1975 als Humboldt-Forschungsstipendiat am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mühlheim an der Ruhr gearbeitet. "Wir freuen uns sehr, dass in den vergangenen zwei Tagen gleich fünf Humboldtianer den Nobelpreis erhalten haben", sagte Stiftungs-Generalsekretär Georg Schütte. Auch die drei diesjährigen Physik-Laureaten sind Humboldt-Forschungspreisträger. (ina)