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Chen fühlte sich erpresst

2. Mai 2012

Der blinde Bürgerrechtler Chen Guangcheng habe die US-Botschaft freiwillig verlassen und würde gerne in China bleiben, heißt es in Peking. Doch ganz so freundlich ist die heikle Affäre wohl doch nicht zu Ende gegangen.

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Der chinesische Dissident Chen Guangcheng (Foto: AP)
Bild: AP

Er habe um das Leben seiner Familie fürchten müssen, sagte Chen der Nachrichtenagentur AP, kurz nachdem er die US-Botschaft in Peking verlassen hatte. Die chinesischen Behörden hätten ihn massiv unter Druck gesetzt und Todesdrohungen gegen seine Frau ausgestoßen. US-Diplomaten haben das bislang nicht bestätigt.

Vielmehr äußerte sich US-Außenministerin Hillary Clinton höchst zufrieden: Chen habe die Botschaft "gemäß seinem Wunsch und unserer Werte" verlassen und "für seine Zukunft mehrere Vereinbarungen mit der chinesischen Regierung getroffen". Dazu gehöre auch, ihm in sicherer Umgebung ein Studium zu ermöglichen, sagte Clinton in Peking. Den Worten müssten nun Taten folgen. Die USA würden Chens Schicksal und das seiner Familie "in den nächsten Tagen, Monaten und Jahren" aufmerksam beobachten. Chen verließ die US-Vertretung in Begleitung von Botschafter Gary Locke, der ihn in ein Krankenhaus brachte.

Chen fühlt sich bedroht

China fordert eine Entschuldigung

Auch das chinesische Außenministerium betonte, Chen habe die US-Vertretung aus freiem Willen verlassen. Zugleich warf das Ministerium den USA Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas vor: "Es muss unterstrichen werden, dass die US-Botschaft in Peking nicht normale Mittel angewendet hat, um den chinesischen Bürger Chen Guangcheng in die Botschaft zu bringen", sagte ein Sprecher. China fordere "eine Entschuldigung in dieser Angelegenheit, eingehende Ermittlungen, Strafmaßnahmen für die Verantwortlichen und eine Garantie, dass sich eine solche Angelegenheit nicht wiederholt".

Ein US-Beamter wollte auf die Forderung nach einer Entschuldigung nicht eingehen. Er sagte, es habe sich um einen "außergewöhnlichen Fall" gehandelt, der sich nicht wiederholen werde. Chen wolle seine Frau und seine beiden Kinder im Krankenhaus treffen. Auch solle er dort Besuch von US-Ärzten erhalten dürfen. Chen hatte sich bei seiner Flucht verletzt.

Der seit seiner Kindheit blinde Chen war am 22. April dem größten Staatssicherheitsdienst der Welt entwischt und aus seinem Hausarrest in der östlichen Provinz Shandong über Hunderte von Kilometern in die US-Botschaft geflohen. Dort hielt er sich sechs Tage lang versteckt.

Chen zu Clinton: "Ich würde Sie am liebsten umarmen"

Chen ist einer von zahlreichen autodidaktischen Anwälten, die sich in China in Menschenrechtsfragen engagieren und Betroffene beraten. Er zog vor allem mit Kritik an Zwangsabtreibungen im Rahmen der Ein-Kind-Politik den Zorn der chinesischen Führung auf sich. Die in den USA ansässige Organisation ChinaAid hatte zuletzt erklärt, Peking und Washington wollten über eine Vereinbarung verhandeln, die Chen und seiner Familie den Gang ins US-Exil erlauben solle.

Der US-Beamte ergänzte, Chen werde gemeinsam mit seiner Familie in einer sicheren Umgebung untergebracht werden, etwa an einer Universität, um dort zu studieren. Außenministerin Clinton habe mit Chen telefoniert, nachdem er die Botschaft verlassen habe, sagte der US-Beamte. Chen habe Clinton gesagt: "Ich würde Sie am liebsten umarmen."

rb/hp (afp, dapd, dpa, rtr)