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Freund und Helfer

Steffen Leidel 21. September 2006

China leistet immer mehr Entwicklungshilfe. Die ist selten an Bedingungen geknüpft und könnte den Einfluss traditioneller Geber schwinden lassen.

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Straßenbau in der südlichen Provinz Yunnan - China sucht die Anbindung an die NachbarnBild: PA/dpa

Alle Wege führen nach China – an dieser Vision arbeitet das Reich der Mitte fleißig. Ob Kambodscha, Laos oder Myanmar: An vielen Stellen Südostasiens bauen chinesische Ingenieure und Arbeiter an Straßen, Brücken, Häfen. Ein Beispiel ist die 1300 Kilometer lange Route, die von der südchinesischen Stadt Kunming durch Laos bis an den Hafen von Sihanoukville am Golf vom Thailand reichen soll.

Sihanoukville
Der Hafen von Sihanoukville bald nicht mehr so idyllisch?Bild: PA/dpa

Hier wird Entwicklungshilfe geleistet von einem Land, das selbst noch Empfängerland ist, doch inzwischen selbst einer der größten Geber weltweit geworden ist. "China leistet verstärkt Entwicklungshilfe", sagt Oliver Hensengerth vom Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) in Duisburg. Vor allem in Südostasien, dem "strategischen Angelpunkt" für die aufstrebende Macht.

Sicherheit und Märkte

China geht es dabei nicht nur um wirtschaftliche Interessen. "Es geht auch um Sicherheit", sagt Hanns Günther Hilpert von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. "Peking will keinesfalls, dass es zu einer politischen Destabilisierung der Nachbarländer kommt, denn man fürchtet, dass Unruhen dann über die Grenzen ins eigene Land schwappen könnten", sagt der SWP-Experte. In den Grenzregionen, wie der Provinz Yunnan, sei die Bevölkerung besonders arm.

Peking zeigt sich bei der Hilfe besonders großzügig. Erst im Frühjahr gewährte China Kambodscha einen Kredit von 600 Millionen US-Dollar. Von dem Geld sollen Brücken und ein Wasserkraftwerk gebaut sowie Telekommunikationsnetze errichtet werden. Nicht nur die Höhe der gewährten Hilfe schreckte die westlichen Länder und Institutionen wie die Weltbank auf, die bislang die Entwicklungshilfe dominieren.

Weltbank Paul Wolfowitz in Singapur
An der Spitze der Weltbank: Paul WolfowitzBild: AP

"China knüpft seine Hilfe an so gut wie keine Bedingungen", sagt Hensengerth. Da wird weder auf die Einhaltung von Umweltstandards gepocht, noch die Bekämpfung von Korruption eingefordert. Dagegen ist es langwieriges Verfahren, einen Kredit von der Weltbank zu bekommen. Oft müssen die Empfänger dann auch noch teure Berater für die Ausführung der Projekte akzeptieren. Außerdem soll die Vergabe von Hilfen nach dem Willen von Weltbankpräsident Paul Wolfowitz künftig stärker abhängig gemacht werden von einer guten Regierungsführung der betroffenen Länder. Die Weltbank hat erst kürzlich in Kambodscha vier Projekte mit einem Budget von 70 Millionen US-Dollar wegen Korruption suspendiert.

Prinzip der Nichteinmischung

Dagegen fließt das Geld aus Peking in der Regel schnell, Transparenz ist hier jedoch nicht angesagt. "Die Chinesen lassen sich nicht in die Karten schauen", sagt Hilpert. China reagiere grundsätzlich äußert sensibel, wenn Staaten versuchen, Einblick in die inneren Angelegenheiten zu bekommen. "Deshalb mischen sie sich auch nicht in die Angelegenheiten der Staaten ein, die chinesische Hilfe bekommen", sagt Hilpert.

Evo Morales in China
China umwirbt auch Staatsführer in Lateinamerika. Hier Evo Morales, Präsident von Bolivien in PekingBild: dpa

In Südostasien geht China bei der Umsetzung seiner Hilfsprojekte eher zurückhaltend vor. "Die Regierung in Peking will vermeiden, dass sie als Bedrohung wahrgenommen wird", sagt der Duisburger Experte Hensengerth. Allerdings trete China in anderen Teilen der Welt wie Lateinamerika oder Afrika "durchaus imperialistisch" auf, meint Hilpert. "Hier geht es in erster Linie darum, Zugriff auf Energie und Ressourcen zu sichern, Märkte zu besetzen. Ein besonderes Interesse für Kultur und Leute gibt es da nicht", sagt der SWP-Mitarbeiter.

Immer mehr Experten glauben, dass das Auftreten Chinas als potentes Geberland die internationale Entwicklungshilfe grundlegend verändern wird. Deutlich wird dabei laut Hensengerth, dass China beispielsweise in Südostasien versuche, die USA aus der Region herauszudrängen. "Das funktioniert zwar nur sehr langsam, aber die Länder dort haben verstanden, dass China ein Faktor ist, den man nicht ignorieren kann", sagt Hensengerth.

China: Vom Empfänger zum Geber

Das Vordrängen Chinas sorgt nicht nur für Missstimmung der US-Regierung. Entwicklungsexperten fürchten, etablierte Standards bei der Vergabe von Hilfen würden aufgeweicht. Außerdem wird die Diskussion darüber, ob China selbst weiter Entwicklungshilfe bekommen soll, lauter. Japan forderte im Rahmen des Treffens der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds China bereits indirekt auf, künftig keine Kredite mehr von der Weltbank in Anspruch zu nehmen.

Allerdings gibt es nach wie vor Entwicklungshilfe, die Sinn mache. Hilpert weist darauf hin, dass Deutschland beispielsweise China mit Umwelttechnik helfe. "Außerdem ist die Entwicklungshilfe Deutschlands in gewisser Weise eine verkappte Außenwirtschaftsförderung. Wir geben Entwicklungshilfe und Kredite und dafür kaufen die Chinesen deutsche Waren und Maschinen", sagt Hilpert. Der Eigennutz für Deutschland sei sehr hoch.