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China erlaubt Bilder des Dalai Lama

28. Juni 2013

Wirklich ein erstes Signal der Entspannung aus Peking? Dürfen die Buddhisten in Tibet wieder offen ihre Verehrung für den Dalai Lama zeigen? Menschenrechtler prangern die anhaltende massive Unterdrückung der Tibeter an.

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Lautstark demonstrieren Tibet-Aktivisten in Berlin (foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Erstmals seit 17 Jahren soll die Volksrepublik China das Verbot von Bildern des Dalai Lama in tibetischen Gebieten versuchsweise gelockert haben. Das im indischen Exil lebende Oberhaupt der Tibeter soll als Religionsführer wieder verehrt werden dürfen, wenngleich nicht als politischer Anführer, heißt es jetzt in unbestätigten Berichten, die Organisationen von Tibet-Aktivisten zitieren. Die neue Politik sei nach offiziellen Aussagen ein "Experiment". Die Lockerung folgt auf eine Welle von rund 120 Selbstverbrennungen von Tibetern, die damit gegen Unterdrückung ihres Volkes durch China protestieren wollen.

Mönche im Kloster Ganden nahe der tibetischen Hauptstadt Lhasa seien informiert worden, dass sie Fotos des Dalai Lama zeigen dürften, berichtete die in London ansässige Organisation Free Tibet. Das Verbot war 1996 eingeführt worden und seither meist streng verfolgt worden. Eine Aufhebung sei auch in anderen tibetischen Gebieten schon diskutiert worden. Außerhalb der Autonomen Region Tibet, die nur einen Teil des historischen Tibets ausmacht, deutet sich ebenfalls eine mögliche Entkrampfung an.

Geistliches Oberhaupt der Tibeter: Dalai Lama, hier in Srinagar (foto: AP/dapd)
Bislang von der KP Chinas als "Spalter" und "Verräter" gebrandmarkt: Der Dalai LamaBild: AP

Freiheiten für die Klöster?

In der benachbarten Provinz Qinghai seien Vorschläge diskutiert worden, "das Bildnis des Dalai Lama zu zeigen, die Denunzierung des tibetischen Führers zu beenden und die Präsenz der Polizei in Klöstern zu verringern", berichtet die Internationale Kampagne für Tibet (ICT). Die Berichte stießen zunächst auf Skepsis. Eine solche Politik könne leicht rückgängig gemacht werden, warnte Direktorin Eleanor Byrne-Rosengren von Free Tibet. "Die Klagen des tibetischen Volkes bleiben die Besetzung ihres Landes, Verstöße gegen Menschenrechte, wirtschaftliche Marginalisierung und die Verweigerung des Rechts auf der Selbstbestimmung".

Wende unter neuem KP-Chef Xi?

Bislang hatte die kommunistische Führung den heute 77-jährigen Dalai Lama als "Separatisten" verurteilt, der das Land spalten wolle. Der Friedensnobelpreisträger wurde für die Unruhen 2008 in Tibet und die Selbstverbrennungen mitverantwortlich gemacht. Allerdings gibt es jetzt auch Rufe nach einer Veränderung der erfolglosen, harten Tibet-Politik. Selbst aus der Parteischule habe es "neue, mutige Vorschläge" gegeben, anders mit dem Dalai umzugehen, berichtet ICT. Die Hoffnung vieler Tibeter richtet sich auch auf den neuen chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping. Dessen Vater war persönlich mit dem Dalai Lama bekannt und galt als kompromissbereit in der Tibet-Frage.

System von Repression und Umsiedlung

Zeitgleich zu diesen hoffnungsvollen Nachrichten über eine mögliche Lockerung der Strategie der KP veröffentlichte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) eine Analyse, die von massiver Unterdrückung der tibetischen Minderheit berichtet. Zwischen 2006 und 2012 seien im Zuge eines staatlichen Programms mehr als zwei Millionen Tibeter zwangsumgesiedelt worden oder hätten in neue Wohnungen umziehen müssen, heißt es da. In der Autonomen Region Tibet seien "mehr als zwei Drittel der Gesamtbevölkerung" davon betroffen.

Außerdem seien "hunderttausend nomadisch lebende Hirten" in Regionen wie Qinghai außerhalb des Autonomiegebiets umgesiedelt worden. Es gehe der Regierung darum, die Nomaden sesshaft zu machen und in "dauerhafte Strukturen" zu drängen, doch laufe dies der tibetischen Kultur zuwider.

Tibeter hätten keine Stimmen, wenn es um politische Entscheidungen über "radikale Veränderungen ihrer Lebensumstände" gehe, beklagte die HRW-Direktorin für China, Sophie Richardson. In einem "hochgradig repressiven" Umfeld, könnten sie sich nicht zu Wehr setzen. Laut chinesischem Zensus leben rund 6,2 Millionen ethnische Tibeter in China, davon 2,7 Millionen im Autonomiegebiet.

SC/gmf (dpa, epd, afp, rtre)