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Business Forum China Mittel- und Osteuropa

Christian Stefanescu26. November 2013

Regierungschefs aus Mittel- und Osteuropa hoffen auf den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu China. Bereits vor dem Auftakt eines Gipfels in Bukarest unterzeichnete Premier Li Keqiang zahlreiche Absichtserklärungen.

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BChinesischer Premierminister Li Keqiang (Photo by Jochen Zick - Pool/Getty Images)
Chinas Premierminister Li KeqiangBild: Getty Images/Jochen Zick

16 Regierungschefs aus Mittel- und Osteuropa (MOE), ein chinesischer Premierminister und 1000 Vertreter der Wirtschaft, davon 300 aus China. Dazu kommt eine lange Wunschliste mit milliardenschweren Projekten, die auf dem Forum unterzeichnet und mit chinesischem Geld finanziert werden sollen. Die Gastgeber feierten das Wirtschaftsforum in Bukarest bereits vor seinem Auftakt am Dienstag (26.11.2013) als neues Kapitel einer Erfolgsstory. Nach Budapest (2011) und Warschau (2012) treffen sich die politischen Entscheidungsträger Mittel- und Osteuropas nun zum dritten Mal mit chinesischen Wirtschaftsvertretern.

Chinas Geld zählt

Auch in Peking wird dem Treffen große Bedeutung beigemessen. Auf der Website des chinesischen Außenministeriums heißt es im klassischen diplomatischen Ton, der Besuch von Premierminister Li Keqiang in Bukarest sei ein Zeichen für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen China und der Region. Und die offizielle chinesische Presse fügt hinzu, dass die mittel- und osteuropäischen Staaten - ähnlich wie China - eine Phase der Transition und der wirtschaftlichen Konsolidierung durchmachten und der Dialog von gemeinsamen und komplementären Themen beherrscht werde. Die Partner in Mittel- und Osteuropa (MOE) wünschten sich verstärkt chinesische Investitionen, um ihre Volkswirtschaften wettbewerbsfähiger zu machen und die Folgen der globalen Wirtschaftskrise zu überwinden. Eine erste mögliche Finanzspritze wurde vom früheren chinesischen Premierminister Wen Jiabao beim Wirtschaftsforum in Warschau 2012 diskutiert. Es geht um eine zehn Milliarden US-Dollar schwere Kreditlinie, die Peking für Infrastrukturprojekte, Umwelttechnik und andere moderne Technologien zur Verfügung stellen will.

Laut dem rumänischen Online-Portal cursdeguvernare.ro ist das Handelsvolumen zwischen China und den 16 früheren kommunistischen Staaten zwischen 2000 und 2010 von drei Milliarden auf über 40 Milliarden Dollar angestiegen. Doch damit sei der Spielraum bei Weitem noch nicht ausgereizt: Das gesamte Handelsvolumen entspreche gerade einmal dem zwischen China und Italien. Die chinesischen Investitionen in der Region seien geringer als die in Schweden. Zusammen investierten die 16 MOE-Staaten sogar weniger in China als Österreich allein.

Parlamentsgebäude in Bukarest (AFP PHOTO / DANIEL MIHAILESCU)
Rumänien braucht wie andere Länder Mittel- und Osteuropas dringend ausländische InvestitionenBild: AFP/Getty Images

Ärger in Brüssel?

Für Karel de Gucht, EU-Handelskommissar, sind die chinesischen Vorstöße in Europa nicht ungefährlich. Beim letzten bilateralen EU-China-Gipfel sagte er, China spiele die europäischen Staaten gegeneinander aus. "Wir haben die Pflicht, unsere Interessen zu verteidigen", sagte de Gucht beim EU-China-Gipfel Mitte November in Peking. Vorher hatte die Financial Times einen nicht näher bezeichneten europäischen Diplomaten zitiert, der das Wirtschaftsforum in Bukarest als Teil einer Strategie Chinas ansieht, die EU zu spalten um Europa anschließend "zu erobern".

Justyna Szczudlik-Tatar vom polnischen Institut für Internationale Angelegenheiten (PISM) meint in einem Interview mit der DW, die Motivation Chinas sei rein wirtschaftlich und entspringe dem Umstand, dass China eine lange Tradition mit den 16 ehemaligen kommunistischen Staaten in MOE verbinde. "Die chinesischen Politiker, die ich traf, sind der Meinung, dass die Beziehungen zwischen China und den MOE-Staaten viel weniger von Politik geprägt seien, als die mit der EU insgesamt", so die polnische Expertin.

Die Haltung Brüssels sei das Ergebnis eines Wettstreits innerhalb der EU, glaubt der rumänische Politologe Claudiu Degeratu vom Zentrum für Sicherheitsanalysen und Prävention (Center for Security Analysis and Prevention) in Prag. Es sei praktisch der Versuch einiger EU-Länder, den europäisch-chinesischen Dialog zu steuern. "In Wirklichkeit gibt es das Risiko einer Strategie 'divide et impera' (lat., 'teile und herrsche' - Anm. d. Red.) von Seiten Pekings gar nicht." Beleg dafür seien die weit geöffneten Tore für chinesische und südkoreanische Firmen in den Staaten der Visegrad-Gruppe (Ungarn, Tschechien, Slowakei, Polen). Dies habe "nicht zu einer wirtschaftlichen Invasion in der EU" geführt", so der rumänische Experte.

EU-Handelskommissar Karel De Gucht (EPA/JULIEN WARNAND(c) dpa - Bildfunk)
EU-Handelskommissar Karel De Gucht bleibt gegenüber China skeptischBild: picture-alliance/dpa

Rumänien - eine Schlüsselrolle?

Der rumänische Premierminister Victor Ponta sprach im Vorfeld des Forums von einem "historischen Besuch" seines chinesischen Amtskollegen Li Keqiang, der sich seit Montag in Bukarest aufhält. Rumänien wolle der wichtigste Partner Chinas in Europa werden - sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Bereits im Sommer hatte der rumänische Regierungschef bei seinem Besuch in Peking die bilaterale Partnerschaft als "strategisch" bezeichnet. Jetzt präsentiert die rumänische Seite Projekte im Wert von 8,5 Milliarden Euro, die mit chinesischem Geld verwirklicht werden sollen - unter anderem die Reaktoren 4 und 5 des Kernkraftwerks in Cernavoda am Schwarzen Meer. Auch Technologie-Parks stehen auf der rumänischen Liste, in denen für den europäischen Markt produziert werden soll.

Die 16 MOE-Staaten, die an dem Forum teilnehmen, sind Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Mazedonien, Montenegro, Polen, Rumänien, Serbien, Slovenien, die Slowakei, Tschechien und Ungarn. Seit 2012 besteht im chinesischen Außenministerium ein spezielles Sekretariat für die Kooperation mit der MOE-Region. Ein klares Zeichen für die Politologin Justyna Szczudlik-Tatar, dass China seine Interessen in diesem Teil Europas noch klarer verfolge als bisher.