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China mit höherem Leitzins gegen Inflation

28. Dezember 2010

Während in weiten Teilen der Welt Weihnachten gefeiert wurde, hat die chinesische Notenbank nochmals an der Zinsschraube gedreht. Der Leitzins wurde auf 5,81 Prozent angehoben - das Wachstum soll nicht überhitzen.

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Zentrale der People's Bank of China - chinesischen Zentralbank (Foto: DW)
Der neue Zinsschritt der chinesischen Zentralbank kam nicht überraschendBild: DW
Der Politologe Gu Xuewu, Lehrstuhl International Relations/Center for Global Studies (CGS), Universtität Bonn
Der Politologe Gu XuewuBild: Xuewu Gu

Chinas Wachstumslokomotive läuft auf Hochtouren. Im zweiten Jahr hintereinander rast die Wirtschaft im Reich der Mitte mit rund zehn Prozent dem Rest der Welt davon. Doch für Gu Xuewu, Politologe an der Uni Bonn, ist dieses Wachstum noch nicht selbsttragend: "Das Wachstum, das wir in China seit zwei Jahren erleben, ist zurückzuführen auf massive staatliche Investitionen."

Überhitzung am Immobilienmarkt

Mit umgerechnet 460 Milliarden Euro hat die Zentralregierung in Peking der heimischen Wirtschaft unter die Arme gegriffen. Gleichzeitig verteilten die Banken großzügig Kredite. 2009 wurde die Rekordsumme von zehn Billionen Yuan (ca. eine Billion Euro) bei der Kreditvergabe erreicht. Bei der Jagd nach Rendite landete das meiste Geld in der Immobilienbranche. Das trieb die Häuserpreise in die Höhe. Mehrmals versuchte die Regierung dieses Jahr, der Überhitzung am Immobilienmarkt entgegenzuwirken. Sechsmal erhöhte die Zentralbank die Mindestreserven der Geschäftsbanken, zuletzt auf 19 Prozent. So viel Geld mussten die Geschäftsbanken noch nie bei der Zentralbank hinterlegen. Im Oktober wurde zudem der Leitzins zum ersten Mal seit 2007 angehoben.

Inflation als größtes Problem

Eine Verkäuferin an einem Fleischstand (Foto: AP)
Vor allem die Preise für Lebensmittel sind stark gestiegenBild: AP

Damit soll nicht nur die Kreditmenge eingedämmt werden, noch wichtiger: Die Inflation soll bekämpft werden. Sie durchbrach im November die Fünf-Prozent-Marke - erstmals seit 28 Monaten. Die Preise für Lebensmittel sind gar um über zehn Prozent gestiegen. Das trifft die Mehrzahl der Bevölkerung und könnte für Unruhe sorgen. Mit der erneuten Leitzins-Erhöhung hofft die chinesische Regierung, das Inflationsgespenst in den Griff zu bekommen.

Gu Xuewu bezweifelt jedoch den Erfolg der Zinspolitik, weil die Inflation importiert sei: "Weil sich die Preise für Rohstoffe, Energien und Getreide, wo China stark angewiesen ist auf die internationalen Märkte, in den letzten Wochen sehr schnell erhöht haben, nachdem die Amerikaner angekündigt haben, weitere 600 Milliarden Dollar in die Wirtschaft zu pumpen."

Noch mehr heißes Geld

Die lockere Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve hat nicht nur die Energiepreise angetrieben, das viele Geld in den USA sucht ebenfalls nach lohnenden Anlagen und ein Teil davon landet - wen wundert's - in China: "Das Geld fließt dorthin, wo höhere Zinsen geboten werden. Wir haben in China im Durchschnitt Leitzinsen in Höhe von fünf bis sechs Prozent. Und in den USA 0,25 Prozent", sagt Gu Xuewu. Er geht davon aus, dass die gerade vorgenommene Zinserhöhung noch mehr heißes Geld nach China locken wird. Das wiederum würde den Aufwertungsdruck auf den chinesischen Yuan, auch Renminbi genannt, verstärken.

Die alte und neue Forderung

Ein Mann sitzt vor Stapeln chinesischen Geldes (Foto: picture-allince)
Eine Aufwertung der chinesischen Währung könnte die Inflation dämpfenBild: picture-alliance / Newscom

Der Ruf nach einer deutlichen Yuan-Aufwertung ist nach der Bekanntgabe der Novemberzahlen für Im- und Exporte ohnehin wieder laut geworden. Im vergangenen Monat hat die Volksrepublik Produkte im Wert von über 150 Milliarden Dollar ausgeführt und für Waren aus dem Ausland 130 Milliarden Dollar ausgegeben. Beide Werte stellen neue Rekordhöhen dar. Ein teurerer Yuan wäre China zudem bei der Inflationsbekämpfung hilfreich. Doch die Zentralregierung setzt auf eine langsame Aufwertung.

Jens Ruebbert von der Deutschen Bank in China sieht darin auch den richtigen Weg: "Natürlich ist es ein Balanceakt zwischen einer größeren Aufwertung an einem Stück und dem Schutz der Exportwirtschaft. Das ist ein schmaler Grad. Die Sicherung von Arbeitsplätzen sollte meines Erachtens für die Chinesen das wichtigere Thema sein."

Ob China diesen Balanceakt meistert, ob das Wachstum auch ohne Konjunkturprogramme robust bleibt, hängt davon ab, wie schnell das Land sein exportgestütztes Modell auf ein von der Binnennachfrage getragenes Wirtschaften umstellen kann.

Autorin: Zhang Danhong
Redaktion: Klaus Ulrich