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China schützt Privatbesitzer

8. März 2007

Volkskongress in Peking: Mit einer Revolution im Eigentumsrecht will China Investoren aus dem Ausland locken. Chinesische und ausländische Unternehmen sollen zudem steuerlich gleich behandelt werden.

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Die Chinesen beschreiten neue Wege: Staatspräsdident Hu Jintao (links) beim Nationalen Volkskongress
Die Chinesen beschreiten neue Wege: Staatspräsdident Hu Jintao (links) beim Nationalen VolkskongressBild: AP

Die kommunistische Regierung Chinas hat am Donnerstag (8.3.07) eine grundlegende Reform des Eigentumsrechts vorgelegt, das ein Grundpfeiler der staatlich kontrollierten Wirtschaft ist. In Zukunft sollen demnach Privatvermögen geschützt und die illegale Beschlagnahme von landwirtschaftlich genutzten Flächen gestoppt werden. Erstmals in der Geschichte der kommunistischen Volksrepublik stellt das Gesetz Privateigentum und Staatsbesitz unter denselben Schutz: "Der Besitz des Staates, des Kollektivs, von Einzelpersonen und anderer Berechtigter wird durch das Gesetz geschützt. Dieser Grundsatz darf nicht verletzt werden", heißt es in dem Entwurf.

Stütze für den Wirtschaftsboom

Die Entscheidung soll den Weg für mehr Privatinvestitionen auch aus dem Ausland frei machen, die als Voraussetzung gelten, um das derzeit boomende Wachstum aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig gilt das Gesetz als Versuch der Regierung, eine bessere Balance zwischen privatem Engagement und staatlicher Kontrolle zu finden und die entsprechenden Regelungen der Realität anzugleichen. Auch sollen Bauern besser geschützt werden. Wegen der Umwandlung großer Flächen in Industrie- und Baugebiete war es in ländlichen Gebieten wiederholt zu Unruhen gekommen. Allerdings lässt auch das neue Gesetz keine Privatisierung von Grund und Boden zu, der sich bislang in Kollektivbesitz befindet.

Chinesische Soldaten patrouillieren vor der "Großen Halle des Volkes"
Chinesische Soldaten patrouillieren vor der "Großen Halle des Volkes"Bild: AP

Die Regierung brachte ihren Entwurf im Nationalen Volkskongress ein, der voraussichtlich in der kommenden Woche darüber entscheidet. Das Gesetz wurde ungewöhnlich lange diskutiert. Im vergangenen Jahr war es kurzfristig wieder von der Tagesordnung des Parlaments genommen worden, weil Kritiker der Regierung vorwarfen, damit die soziale Ungleichheit im Land zu verstärken und die sozialistischen Prinzipien mit Füßen zu treten.

Gleiche Steuern für Unternehmen aus dem Aus- und Inland

In China soll nach dem Willen der Regierung künftig eine einheitliche Körperschaftssteuer von 25 Prozent gelten. Dies ging ebenfalls dem Gesetzentwurf hervor, der den Delegierten zur Abstimmung vorgelegt wurde. Die Regelung würde dazu führen, dass einheimische und ausländische Unternehmen den gleichen Steuersatz zahlen. Bislang ist die Körperschaftssteuer für Investoren aus dem Ausland niedriger als für chinesische Konzerne. Dem Gesetzentwurf zufolge soll nun aber eine Basis für fairen Wettbewerb geschaffen werden.

Einheimische und ausländische Unternehmen sollen künftig auch gleich behandelt werden, wenn es um Steuervergünstigungen geht. Dem Entwurf nach können beispielsweise jene Konzerne mit Vergünstigungen rechnen, die in den Umweltschutz investieren. Für Firmen in der High-Tech-Branche ist ein grundsätzlich geringerer Steuersatz geplant.

Kritik an den USA

Ebenfalls am Donnerstag hat China die Vereinigten Staaten für Menschenrechtsverstöße im Irak und in Afghanistan scharf kritisiert. In einem Bericht mit dem Titel "Menschenrechtsprotokoll der Vereinigten Staaten 2006" reagierte Peking auf den jährlichen Menschenrechtsbericht der USA, der am Dienstag veröffentlicht wurde. In dem Protokoll hieß es, das US-Außenministerium habe wie in jedem Jahr mit dem Finger auf mehr als 190 Länder und Regionen gezeigt, dabei aber die Lage der Menschenrechte im eigenen Land ausgelassen.

Die USA verstießen mit dem systematischen Missbrauch von Häftlingen im Irak und in Afghanistan gegen die Genfer Konventionen, hieß es in dem Bericht, der von der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua verbreitet wurde. Das internationale Ansehen der Vereinigten Staaten habe unter diesen Verstößen gelitten. Weiter wurde darauf verwiesen, dass auch in den Vereinigten Staaten gegen die Menschenrechte verstoßen werde. In dem Bericht hieß es, die Amerikaner würden seit den Terroranschlägen vom 11. September immer stärker überwacht. Ihre Bürgerrechte würden immer mehr eingeschränkt.

US-Finanzminister fordert offenen Finanzmarkt

US-Finanzminister Henry Paulson hat die Regierung in Peking bei seinem China-Besuch aufgefordert, Chinas Finanzmarkt schneller zu öffnen. Es liegt im Interesse für Chinas Zukunft, das Reformtempo auf dem Markt für Finanzdienstleistungen zu beschleunigen, sagte Paulson am Donnerstag in der Schanghaier Terminbörse vor Unternehmern. Chinas ökonomische Reformen würden ebenso wie Entscheidungen zu Energie und Umwelt heute die ganze Welt beeinflussen, hieß es in der Rede, deren Manuskript zuvor vom US-Finanzministerium veröffentlicht worden war.

Chinas Wachstum sei zunehmend unausgeglichen, warnte Paulson ferner. Ein gesunder Finanzmarkt sei unter anderem die "notwendige Voraussetzung" für Chinas Entwicklung, dessen Ziel ein "ausgewogenes, harmonisches, innovatives und nachhaltiges Wachstum" sei. Zwar habe Chinas Finanzsektor bereits substanzielle Fortschritte erzielt. Aber einige Probleme blieben bislang ungelöst. Chinas Kapitalmarkt schließe potenzielle Käufer aus dem Ausland aus. Es fehle an institutionellen Investoren und an einem modernen, marktorientierten und effizienten Bankensystem. Die Zentralregierung müsse in Zukunft weniger regulieren und die Marktkräfte wirken lassen. (al)