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China warnt EU vor "Handelskrieg"

7. Juni 2016

Im Streit um die Einstufung Chinas als Marktwirtschaft hat Peking die Europäische Union in deutlichen Worten gewarnt. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist gerade in einer schwierigen Mission in China.

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Die chinesische und die EU-Flagge (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Aus Angst um Jobs will die EU ihre Zusage nicht einhalten, China als Marktwirtschaft einzustufen und so die Verhängung von Schutzzöllen zu erschweren - zum Ärger Pekings. Die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen könnten Schaden nehmen, wenn sich die EU weiter weigere, China den Status einer Marktwirtschaft zu gewähren, schrieb die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua in einem Kommentar: "Das schlimmste Szenario könnte ein ausgewachsener Handelskrieg sein." Beide Seiten seien wichtige Exportmärkte füreinander. "Der Preis könnte viel zu hoch sein."

Die Gewährung des Marktwirtschaftsstatus würde China vor teuren Anti-Dumping-Klagen schützen - also Beschwerden, dass es seine Waren unter Preis auf den Markt wirft. Gerade in der Stahlkrise wird das Land beschuldigt, wegen seiner Überkapazitäten den Stahl viel zu billig anzubieten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei den vergangenen Regierungskonsultationen in Berlin mit Chinas Premier Li Keqiang (Foto: Getty)
Bundeskanzlerin Angela Merkel bei den vergangenen Regierungskonsultationen in Berlin mit Chinas Premier Li KeqiangBild: Adam Berry/Getty Images

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte zuletzt für einen harten Kurs plädiert. "China kann den Status einer Marktwirtschaft erst bekommen, wenn es sich auch so verhält", sagte Gabriel dem "Spiegel".

Die Volksrepublik pocht aber darauf, dass ihr in Artikel 15 des Vertrages für den Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) 2001 versprochen worden war, 15 Jahre später als Marktwirtschaft anerkannt zu werden. Dieses Versprechen müsse termingerecht im Dezember erfüllt werden. Eine Weigerung der EU, die Verpflichtung zu erfüllen, könnte China zwingen, rechtlich über den Streitbeilegungsmechanismus der WTO vorzugehen, schrieb Xinhua.

Chinesischer Stahl - hier ein Werk in Peking (Archivbild) - stellt Europas Stahlfirmen vor Probleme (Foto: picture-alliance)
Chinesischer Stahl - hier ein Werk in Peking - stellt Europas Stahlfirmen vor ProblemeBild: picture alliance/landov/F. Jiwen

China ist der zweitwichtigste europäische Handelspartner, handelt aber selbst mit niemandem mehr als mit den Europäern. Das täglich ausgetauschte Volumen beider Partner beläuft sich auf einen Wert von mehr als eine Milliarde Euro.

Warnungen auch aus Brüssel

Im Mai hatten sich die Abgeordneten des EU-Parlaments, die sich wegen chinesischer Billigimporte um Arbeitsplätze sorgen, gegen eine Einstufung Chinas als Marktwirtschaft ausgesprochen. Zwar ist der Beschluss nicht bindend, doch braucht die EU-Kommission am Ende die Zustimmung der Parlamentarier, wollte sie China den Status einräumen.

Europäische Diplomaten warnen auch schon, dass beide Seiten auf einen "Handelskrieg zusteuern". "Der Druck im Kessel steigt", sagte ein EU-Diplomat der Deutschen Presse-Agentur. "Europa gerät immer mehr ins Fadenkreuz." Die Sprache habe sich zuletzt deutlich verschärft. Zudem sei China auch nach Ansicht europäischer Juristen rechtlich in einer guten Position. Deswegen sei es wichtig, möglichst bald einen Kompromiss anzustreben. Die Zeit werde knapp, sagte der Diplomat.

Schlechte Stimmung

Die Stimmung bei europäischen Unternehmen in China ist bereits so schlecht wie nie zuvor. Ihr Pessimismus habe "einen neuen Höchstwert" erreicht, heißt es in einer Umfrage der Europäischen Handelskammer in Peking. Demnach gaben 15 Prozent der befragten Firmen an, negativ auf ihre künftigen Wachstumschancen in der zweitgrößten Volkswirtschaft zu blicken. Noch vor einem Jahr hatte dieser Wert bei acht Prozent gelegen. Das Lager der Optimisten, die mit weiterem Wachstum in ihrer Branche rechnen, verkleinerte sich das sechste Jahr in Folge auf nun noch 44 Prozent und ist damit noch etwa halb so groß wie 2011. "Die Enttäuschung nimmt zu", sagte Kammer-Präsident Jörg Wuttke anlässlich der Präsentation der Studie. Die wirtschaftliche Abkühlung aber auch weiterhin eingeschränkte Marktzugänge seien demnach die gravierendsten Probleme für europäische Unternehmen in China.

Nach Angaben des US-Finanzministers Jack Lew erschweren Chinas Behörden ausländischen Unternehmen immer mehr die Geschäfte. "Sorgen über das Geschäftsumfeld haben in den vergangenen Jahren zugenommen", sagte Lew beim strategischen und wirtschaftlichen Dialog (SED) zwischen China und den USA in Peking. "Ausländische Unternehmen sind mit einem komplexeren regulatorischen Klima konfrontiert und fragen sich, ob sie in China willkommen sind." Beide Regierung hätten die Aufgabe, gesunden Wettbewerb zu fördern, die Berechenbarkeit und Transparenz politischer und regulatorischer Prozesse zu sichern, Urheberrechte zu schützen und diskriminierende Hürden zu beseitigen.

stu/sti (afp, dpa)