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Chinas Wirtschaft: Auf allen Märkten aktiv

5. August 2010

Anfang August übernahm Chinas Autobauer Geely die schwedische Firma Volvo - für 1,5 Milliarden Dollar. Das ist nur die jüngste Milliardeninvestition Chinas im Ausland. Weltweit drängen chinesische Firmen auf die Märkte.

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Börse in Hongkong (Foto: AP)
Mit Chinas Wirtschaftsdaten geht es zur Zeit steil bergaufBild: AP

Manchmal lohnt es, Entwicklungen in historischer Perspektive zu betrachten: Es ist knapp zwei Jahrhunderte her - 1820, die Qing-Dynastie stand noch in voller Blüte - da betrug Chinas Anteil am Weltwirtschaftsprodukt nach Schätzungen der OECD über 30 Prozent. 1978, vor dem Beginn der Reform- und Öffnungspolitik, waren es gerade einmal fünf Prozent.

Rasantes Wirtschaftswachstum

Hauptgebäude der Bank of China in Peking (Foto: AP)
Die Kassen der Bank of China sind derzeit gut gefülltBild: AP

Inzwischen scheint China auf dem besten Wege, seine alte Position als Wirtschaftsgroßmacht zurückzuerobern: In den letzten drei Jahrzehnten hat die Welt eine wirtschaftliche Aufholjagd ohne Beispiel erlebt, mit durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten in China um die zehn Prozent. China hat sich auf den Posten des Exportweltmeisters vorgeschoben. In seinem Außenhandel fährt China riesige Bilanzüberschüsse ein – allein im vergangenen Jahr knapp 200 Milliarden Dollar. Die Devisenreserven sind nach Angaben der als Zentralbank fungierenden "Bank of China" Ende Juli auf 2,4 Billionen US-Dollar angeschwollen.

Zwar ist der weitaus größte Teil der Devisen in Staatspapieren angelegt – insbesondere in US-Staatsanleihen. Aber China nutzt den Devisenschatz auch geschickt für die Stärkung seines globalen Auftritts. Knapp 50 Milliarden Dollar haben chinesische Firmen 2009 im Ausland investiert.

Gewaltiger Energiehunger

Chinesische Arbeiter auf einer Baustelle in Algier (Foto: AP)
Chinesische Arbeiter auf einer Baustelle in AlgierBild: AP

Die globale Wirtschaftskrise machte das Einkaufen mitunter zur Schnäppchenjagd, sucht China doch nach im Moment besonders preiswerten, zugleich aber auch langfristig profitablen Geschäften. Besonderes Augenmerk legt China auf die Sicherung der Rohstoffe für den unbändigen Bedarf der wachsenden Wirtschaft. Ganz oben auf der Einkaufsliste steht alles, was mit Öl und Gas zu tun hat, dicht gefolgt von Bergbaufirmen.

China erweist sich als kreativ in der Gestaltung seiner Investments mit Entwicklungsländern. Gerade in Afrika werden Geschäftsmodelle nach dem Modell Infrastrukturaufbau gegen Rohstoffabbau praktiziert: China baut Straßen, Häfen, Eisenbahnen und kann dafür Eisen, Kupfer, Öl gewinnen. Und so stiegen Chinas Investitionen im rohstoffreichen Afrika im Jahre 2008 um 75 Prozent.

Weg vom "Werkbank"-Image

Chinesinnen bei der Arbeit in einer Puppenfabrik (Bild: DW/Erik Pawlitzki)
Chinesinnen bei der Arbeit in einer PuppenfabrikBild: Eric Pawlitzky

Zugleich nutzt China seine Investments gezielt, um die eigene Wirtschaft weiter zu entwickeln: Es genügt China nicht mehr, "Werkbank der Welt" zu sein. Man will vielmehr mit eigenen Marken die Märkte der Welt erobern.

Bei Billigprodukten ist China ohnehin in vielen Bereichen Marktführer. Im oberen Preissegment aber - bei hochwertigen Qualitätsprodukten mit attraktiven Gewinnmargen - dominieren weiter westliche Marken. Der Aufbau einer Marke aber dauert lange. Um so besser, wenn man eine Marke einfach kaufen kann! So kann der chinesische Autobauer Geely nach seinem Kauf von Volvo Anfang August mit einem Schlag in der "Premium-Klasse" mitspielen.

China kauft sich in die Weltmärkte ein

Logos von Volvo und Geely
Nur eine Übernahme unter vielen: Volvo gehört jetzt zu Geely

Der Kauf von westlichen Unternehmen bietet aber auch die Chance, technologisches Know-How zu erwerben. Dabei werden nicht nur die Patente gekauft. Es werden auch die Ingenieure gewonnen, um den Vorsprung zu erhalten und auszubauen.

Weiterer Vorteil von Auslandsinvestitionen: Die Erschließung ausländischer Märkte durch etablierte Vertriebs- und Servicenetze. Um beim Beispiel Geely zu bleiben: Mit Volvo verfügt der Autobauer nun auch über ein Netzwerk von Autohäusern und kann sich deren zum Teil langjährige Kundenbeziehungen zu Nutze machen.

Mit seiner Investitionsstrategie verschafft sich China die Möglichkeiten, Produkte für alle Märkte der Welt und für alle Marktsegmente herzustellen. Einigen Herstellern wird der Sprung zum Qualitätshersteller gelingen. Aber auch für die zahllosen Kopisten und qualitativ fragwürdigen Billiganbieter wird es weiterhin genug Kundschaft geben.

Autor: Matthias von Hein
Redaktion: Thomas Latschan