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Chinesische Banken locken ausländische Investoren

Christine Harjes24. August 2005

Nach vielen anderen westlichen Banken will jetzt auch die Royal Bank of Scotland bei einer chinesischen Bank einsteigen. Die deutschen Banken scheinen den Trend zu verschlafen. Oder sind sie einfach klüger?

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Bank of China - mit 11.000 Filialen ein interessanter PartnerBild: AP

Die Royal Bank of Scotland führt bei dem Kauf ein Konsortium mit dem US-amerikanischen Partner Merrill Lynch und dem Investmentunternehmen Li Ka Shing Foundation aus Hong Kong. Insgesamt zahlt das Konsortium 2,5 Milliarden Euro für einen Anteil von zehn Prozent an der Bank of China, der zweitgrößten chinesischen Bank. Das britische Geldinstitut erhält dabei etwas über fünf Prozent. Es hatte für das neue Engagement in Asien seine Anteile an der spanischen Großbank Banco Santander Central Hispano verkauft.

Gerüchte um die Deutsche Bank

Die britische Bank ist nicht die erste westliche Bank, die gute Geschäfte in China wittert: Bereits im Juni hatte die Bank of America mitgeteilt, sie wolle für umgerechnet rund 2,5 Milliarden Euro mit neun Prozent bei der China Construction Bank einsteigen. Im vergangenen Jahr zahlte die britische Bank HSBC rund 1,5 Milliarden Euro für einen Anteil von 19,9 Prozent an Chinas fünftgrößter Bank, der Bank of Communications. Die britische Standard Chartered hat sich mit ebenfalls 19,9 Prozent bei der Tiynjin Bank engagiert und die niederländische ING plant, bei der Bank of Beijing einzusteigen. Auch die Commonwealth Bank of Australia soll Beteiligungen an einer chinesischen Bank planen. Deutsche Banken haben sich dagegen bisher nicht in chinesische Banken einkauft. Gerüchte, die Deutsche Bank wolle für rund 90 Millionen Euro fünf Prozent der chinesischen Bank Huaxia erwerben, wollte die Großbank am Dienstag (23.8.2005) nicht kommentieren.

Verschlafen die Deutschen einen wichtigen Trend? "China ist ein aufstrebender, interessanter Markt", sagt Dieter Hein, Analyst bei der unabhängigen Research-Gesellschaft Fairreserach. Ein wichtiges Argument gegen das Engagement im chinesischen Bankensektor sei aber der Einfluss des Staates. In China dürfen sich ausländische Banken mit maximal 19,9 Prozent an einer chinesischen Bank beteiligen. Ein Konsortium darf nicht mehr als 25 Prozent erwerben. "China ist kein offener Markt", warnt Hein. "Wenn Übernahmen nicht möglich sind, sondern nur Anteile von bis zu 19,9 Prozent gekauft werden können, dann ist das zu wenig." Außerdem seien die meisten deutschen Bank zurzeit wirtschaftlich nicht in der Lage, in China einzusteigen. "Die müssen erstmal hier in Deutschland ihre Hausaufgaben machen", sagt der Analyst.

Belebte Einkaufsstraße Nanjing in Shanghai China
"Aufstrebender Markt": Einkaufsstraße in ShanghaiBild: dpa

Vorteil für den Vertrieb

Nicolas Schlotthauer, Fondsmanager Renten bei DWS-Investment betont, dass eine Mehrheitsbeteiligung zwar im Moment nicht möglich sei, sich dies aber durchaus ändern könne. "Beteiligungen an chinesischen Banken erleichtern das Vordringen in den lokalen Markt", sagt Schlotthauer. Schon jetzt lohne es sich beispielsweise unter Vertriebsgesichtspunkten, bei chinesischen Banken einzusteigen. So bietet die Bank of China in mehr als 11.000 Filialen ihre Dienste an. Am Kleinkreditmarkt hat sie einen Anteil von 12 Prozent. Die chinesische Bank wiederum profitiert unter anderem von den Erfahrungen des britischen Partners im Kreditkartengeschäft, der Vermögensverwaltung und dem Risikomanagement.

Menschen stehen am 12.01.2004 in Guangzhou Schlange vor einem Geldautomaten der Bank of China. Foto: Xin lei dpa Imaginechina
Überall in China präsent: Bank of ChinaBild: dpa

Herausforderungen und Risiken

"Besondere Herausforderungen bei einem Engagement im chinesischen Bankenbereich stellen sich - wie in anderen Branchen auch - durch die große Konkurrenz vor Ort. Sowohl durch chinesische Marktteilnehmer als auch durch die neue ausländische Konkurrenz", sagt Schlotthauer. Außerdem berge die Finanzlage der Geschäftsbanken einen Unsicherheitsfaktor, da die Quote schlechter Kredite unklar sei. "Der fehlende Einsatz von Effizienzkriterien bei der Kreditvergabe zeigt sich noch heute trotz vieler Schritte zur Bilanzbereinigung als Belastungsfaktor für die Geschäftsbanken", erklärt der Fondsmanager.

Potenzial auf langfristige Gewinne

Die Analysten der WestLB bewerten trotz solcher Risiken das Engagement der Royal Bank of Scotland als Schritt in die richtige Richtung. Die Bank erhalte so einen strategischen Anteil in Asien, wo die Bank-Gruppe sonst kaum präsent ist. Zwar seien die Auswirkungen kurzfristig nicht spürbar, langfristig habe die Investition aber erhebliches Potenzial. Chinas Chancen auf Wachstum seien auch in Zukunft mit die besten der Welt. Zurzeit legt die chinesische Volkswirtschaft mit einem Wachstum von 9,5 Prozent doppelt so schnell zu wie die USA. Deshalb lautet denn auch die Empfehlung der WestLB: Aktien der Royal Bank of Scotland kaufen.