1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Chinesische Investitionen in Südosteuropa

3. November 2010

Die Staaten in Osteuropa brauchen Geld. China bietet es zu äußerst günstigen Zinsen. Chinesische Investoren sichern sich in dieser Region immer mehr Großprojekte. Europäische Wirtschaftsvertreter sehen dies kritisch.

https://p.dw.com/p/N2Ov
Baustellenhütchen auf frisch asphaltierter Straße (Foto: Fotolia) Fotolia_7262773_emmi - Fotolia 2008
China investiert bevorzugt in InfrastrukturprojekteBild: Fotolia/emmi

Polen freut sich auf die Fußballeuropameisterschaft 2012. Doch bevor die Fans aus ganz Europa nach Polen und in die Ukraine kommen, soll der neue Autobahnabschnitt der A2 zwischen Warschau und Lodz fertig werden. Die China Overseas Engineering Group (Covec), eine Tochtergesellschaft der staatlichen Bahn, gewann im September 2009 zwei öffentliche Ausschreibungen zum Bau von Teilabschnitten dieser Autobahn. Es ist das erste Mal, dass ein solches Großprojekt der EU an einen chinesischen Konzern vergeben wurde. Die von Covec angebotenen Baukosten sind 30 Prozent niedriger als die des nächstgünstigen Anbieters. Für den Europäischen Bauverband in Brüssel ist das ein klarer Fall von Wettbewerbsverzerrung. China konnte diese Kampfpreise anbieten, weil die Firma Covec staatlich gefördert wurde wettert Ulrich Paetzold, Vorsitzender des Europäischen Bauverbands: "Wenn unsere Unternehmen auch mit 500 Millionen Dollar Staatshilfen unterstützt würden, dann könnten sie auch billiger anbieten. Aber mit der Volksrepublik China können unsere Unternehmen einfach nicht in einen fairen Wettbewerb treten."

Infografik über Investitionen Chinas weltweit (Grafik: DW)
China arbeitet sich in Europa vor

Verlockendes Angebot

China sticht deutsche und europäische Unternehmen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa systematisch aus, manchmal auch mit zweifelhaften Mitteln. Das ist auch das Fazit eines Dossiers, das der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft veröffentlicht hat. China hat natürlich jetzt die Krise der Industrie in Westeuropa genutzt, um Marktanteile zu gewinnen, erklärt der scheidende Ausschussvorsitzende Klaus Mangold. Doch diese Bedingungen, seien seiner Meinung nach nicht zu rechtfertigen und mit Folgen verbunden. So kämpfe auch Polen, die größte Volkswirtschaft der östlichen EU-Länder, dessen Bruttoinlandsprodukt 2009 trotz der Wirtschaftskrise gestiegen ist, mit der wachsenden Arbeitslosigkeit. Und da seien die die Jobangebote der Chinesen gern gesehen.

Griechen hoffen auf Nachahmer

Griechische Flagge und chinesische Geldscheine (Fotomontage: DW)
Athen setzt auf WirtschaftsweltmachtBild: DW/Sebastian Müller - Fotolia

Von der Krise stark angeschlagene Staaten wie Griechenland nehmen chinesische Investitionen dankbar an, vor allem in Zeiten, in denen westliche Investoren zurückhaltender geworden sind. Die Regierung in Athen hat bereits 2007 eine strategische Partnerschaft mit dem Riesenreich geschlossen. Das staatliche chinesische Transportunternehmen Cosco betreibt seit 2008 den Containerhafen von Piräus. Auch der Hafen von Thessaloniki soll dazukommen. Bei seinem Besuch in Athen Anfang Oktober sagte der chinesische Premierminister Wen Jiabao, sein Land wolle auch weiterhin griechische Staatsanleihen kaufen. Griechenland ist der ideale Brückenkopf für den chinesischen Handel mit Europa, unterstreicht Christos Alexakis, der Geschäftsführer der offiziellen griechischen Agentur zur Förderung von Investitionen. Sein Land profitiere nicht nur vom chinesischen Kapital, sondern auch vom "Know-How" der starken Partner. "Außerdem gibt es auch einen wichtigen psychologischen Aspekt, der für uns von Vorteil ist. Es ist sehr ermutigend, Chinas Entschlossenheit in seinem Vorgehen in Griechenland zu unterstreichen. Wo andere Turbulenzen fürchten und sich zurückziehen, entscheiden sich chinesische Firmen wie Cosco zum Aufbruch, um von einem der strategisch wichtigsten Transportprojekte in Europa zu profitieren", sagt Christos Alexakis. Er hofft, dass das chinesische Engagement auch bei anderen ausländischen Investoren mehr Vertrauen in Griechenland wecken wird.

Sukzessiver Vormarsch

Traditionelle Architektur Neben moderner Industrieanlage mit chinesischer Flagge im Hintergrund (Montage: DW)
Vorsichtige MarktpositionierungBild: DW-Montage

Auch in Serbien ist China sehr aktiv. Im April 2011 beginnt der Bau einer neuen Donaubrücke in Belgrad. 85 Prozent des Geldes ist ein Kredit der staatlichen chinesischen Export-Import Bank of China. Diese Bank hat auch Montenegro einen Millionenkredit zum Bau chinesischer Schiffe zur Verfügung gestellt. Mit Kroatien hat China den gemeinsamen Neubau des Flughafens in Zagreb vereinbart, und in Bulgarien soll eine chinesische Industriezone bei Sofia errichtet werden. In Rumänien hat Peking Unterstützung beim Ausbau der Windenergie angekündigt sowie weitere Investitionen in den Bereichen Infrastruktur, Energie, Landwirtschaft und Bergbau. Schon jetzt gibt es in diesem Land fast 10.000 chinesische Unternehmen. Und mit der verarmten Republik Moldau hat Peking 2009 ein Abkommen über einen Kredit von einer Milliarde US-Dollar unterschrieben. Das entspricht etwa zehn Prozent des moldauischen Bruttoinlandsprodukts.

Welche Interessen verfolgt Peking in diesen Ländern? Der China-Experte Eberhard Sandschneider von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik erklärt, die Ziele seien meistens gleich. Zunächst wolle man sich Ressourcen sichern, außerdem den Zugang zu Märkten und drittens will sich China vorsichtig stufenweise strategisch auf dem europäischen Markt positionieren. "Manchmal sind gerade so arme Länder, die sich von der Masse chinesischer Investitionssummen leichter beeindrucken lassen als andere Staaten, dankbare Einstiegsobjekte für eine solche Politik. Das würden wir vermutlich umgekehrt nicht sehr viel anders machen", meint Sandschneider.

Autorin: Alexandra Scherle

Redaktion: Mirjana Dikic / Gero Rueter