1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

China: „Niemand sagt, was erlaubt und was verboten ist“ 

Berthold Stevens
15. August 2017

Die Pressefreiheit in China werde immer weiter eingeschränkt. Das hat die Journalistin Audrey Jiajia Li auch persönlich erfahren. Im DW-Interview äußert sie sich zur Zukunft der Meinungsfreiheit in ihrem Land.

https://p.dw.com/p/2iGDE
Chinesische Journalistin  Li Jiajia (Audrey Jiajia Li) erhält das Stipendium Elizabeth Neuffert Fellowship
Bild: IWMF

Die langjährige TV-Journalistin und Filmemacherin Audrey Jiajia Li auch zeigt sich im Interview der Deutschen Welle „sehr pessimistisch“, was die künftige Entwicklung der Meinungsfreiheit in ihrem Land betrifft. 

So berichtet die Kolumnistin, sie habe unmittelbar nach dem Tod von Liu Xiaobo auf Weibo, dem chinesischen Mikroblogging-Dienst, gepostet: „Er war ein Geschenk des Himmels an China, aber wir wussten ihn nicht zu schätzen. Also hat ihn der Himmel wieder zu sich genommen.“ Nach einer Stunde sei dieser Eintrag verschwunden gewesen, so Audrey Jiajia Li. Menschenrechtler und Politiker bemühen sich derzeit, der Witwe Liu Xiaobos die Ausreise aus China zu ermöglichen. 

Auf Weibo mehr als 720.000 Follower

„Niemand sagt einem, wo der Grat zwischen dem verläuft, was erlaubt ist, und dem, was verboten ist.“ Angesichts dieser „unklaren Linie“ nutze sie verbleibende Möglichkeiten, schreibe weiter Kommentare auf Weibo, wo sie mehr als 720.000 Follower habe. Dabei müsse sie sich aber selbst zensieren. „Wenn ich also über Liu Xiaobo schreibe, veröffentliche ich das nicht auf dem Festland, sondern in Hongkong oder Singapur“, sagt Audrey Jiajia Li. Ihr Weibo-Account sei schon mehrfach gesperrt worden. 

„Vor fünf Jahren hatte ich die Hoffnung, China könnte in den Genuss von ein bisschen Freiheit und Demokratie kommen“, so Audrey Jiajia Li. Die Menschen hätten sensible Themen online diskutieren können. Seit 2012 habe sich die Situation immer weiter verschlimmert. „Heute ist jeder sehr ängstlich, weil man in jedem Moment dafür bestraft werden kann“, so die Journalistin, die von der International Women's Media Foundation (IWMF) in diesem Jahr als „Elizabeth Neuffer Fellow“ ausgewählt wurde. 

„Ich will nur teilen, was ich beobachte“

Wer in Chinas offiziellen Medien etwas veröffentlichen wolle, müsse nicht nur sich selbst zensieren. „Die Redakteure überarbeiten deinen Artikel an vielen Stellen. Ich will das nicht, deshalb arbeite ich momentan nur für Medien außerhalb des Festlands“, so Audrey Jiajia Li im deutschen Auslandssender. Bei englischsprachigem Material sei die Zensur nicht so strikt. „Die Zahl englischsprachiger Chinesen wächst und sie verstehen, was ich sagen möchte.“

Audrey Jiajia bezeichnet sich nicht als Dissidentin. „Ich will nur meine Augen benutzen und teilen, was ich beobachte. Vielleicht kann ich mein Land damit ein bisschen offener und demokratischer machen. Das war mein Traum. Ihn zu erreichen wird immer schwieriger.“

Audrey Jiajia Li lebt in Singapur und Guangzhou. Sie schreibt Kolumnen über Politik und Kultur für Medien außerhalb Festlandchinas, darunter die South China Morning Post aus Hongkong und Lianhe Zaobao, die größte chinesischsprachige Zeitung Singapurs. Als Filmemacherin drehte sie die Dokumentation „LA, Say Goodbye to Smog“, die in China verboten wurde. Auch als Buchautorin („Zhege Shidai, Zhexie Ren“ –„Diese Zeiten, diese Menschen“) thematisiert sie die politische Lage in der Volksrepublik.