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Mögliche Veruntreuung

21. November 2007

Die Schonfrist für den Ex-Präsidenten scheint abgelaufen: Die französische Justiz hat gegen Jacques Chirac ein Verfahren wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder eröffnet.

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Frankreichs Ex-Präsident Jacques Chirac, Quelle: dpa
Unter Verdacht: Frankreichs Ex-Präsident Jacques ChiracBild: picture-alliance/dpa

Ein halbes Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem Amt ist gegen den ehemaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac ein Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung eingeleitet worden. Das bestätigte eine Sprecherin des Gerichts in Paris am Mittwoch (21.11.2007). Es liege aber noch keine Anklage gegen ihn vor. Die Vorwürfe beziehen sich auf die Zeit, als Chirac Bürgermeister von Paris war, wie der Anwalt des früheren Staatschefs, Jean Veil, erklärte.

Unter Chirac sollen Mitglieder seiner damaligen RPR-Partei Gefälligkeitsjobs im Rathaus bekommen haben. Im Mittelpunkt steht die Vergabe von etwa 40 Posten in der Verwaltung der Hauptstadt. Deswegen wird bereits gegen vier seiner Amtschefs aus der Zeit von 1983 bis 1995 ermittelt.

Chirac mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Quelle: AP
War stets Gentleman: Chirac mit Bundeskanzlerin Angela MerkelBild: AP

Der 74 Jahre alte Chirac wurde am Mittwochmorgen von der zuständigen Richterin Xavière Simeoni im Pariser Justizpalast drei Stunden lang vernommen. Laut Chiracs Anwalt ging es dabei zunächst nur um allgemeine Fragen zur Organisation des Pariser Rathauses unter dem damaligen Bürgermeister. In einigen Monaten soll es eine erneute Befragung des Ex-Präsidenten geben, die sich konkret mit den Vorwürfen zu "Gefälligkeitsjobs" in Chiracs Umfeld befasst.

Chirac weist Vorwürfe zurück

Chirac wies die Vorwürfe zurück. Er wolle die Wahrheit bei der richterlichen Anhörung "wiederherstellen", schrieb er in einem Namensbeitrag, den die Zeitung "Le Monde" am Mittwoch im Internet veröffentlichte. "Es wurden niemals Gelder der Stadt Paris für andere Zwecke verwendet als zum Nutzen der Pariser und Pariserinnen. Es gab keine persönliche Bereicherung", betonte Chirac. Er habe hoch qualifizierte Männer und Frauen eingestellt, die ihn beraten und Paris voranbringen sollten.

Chirac war von 1977 bis 1995 Stadtoberhaupt von Paris. Von dort aus wurde er von den Franzosen zum Präsidenten gewählt. Das Amt übte er bis Mai diesen Jahres aus. Als Staatschef war er durch die Verfassung vor strafrechtlichen Ermittlungen geschützt. Die Vorwürfe zu den Gefälligkeitsjobs beschäftigen seit 1998 die Justiz. Richterin Simeoni hat bisher gegen zwei Dutzend Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Ex-Premier Alain Juppé
Hielt den Kopf für Chirac hin: Ex-Premier Alain JuppéBild: AP

Weitere Affäre um Scheinbeschäftigte

Im Juli war Chirac bereits in einer anderen Affäre aus seiner Bürgermeisterzeit vernommen worden. Dabei geht es um den Vorwurf, RPR-Mitglieder seien von der Stadt Paris zum Schein beschäftigt und dann für nicht erbrachte Leistungen bezahlt worden.

In diesem Fall war der frühere Premierminister und Chirac-Vertraute Alain Juppé im Jahr 2004 zu 14 Monaten Haft auf Bewährung und einem Jahr Unwählbarkeit verurteilt worden. Chirac wurde in der Affäre im Juli in einem Sonderstatus vernommen, der zwischen Zeugen und Beschuldigtem liegt. Auch hier ist die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens möglich. (tos)