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Christian Klar zieht nach Berlin

19. Dezember 2008

Ausgleichstage und Mindestverbüßungsdauer - das deutsche Strafrecht hat dem ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar eine wesentlich kürzere Haftzeit beschert, als noch 1985 gedacht. Nun ist er ein freier Mann.

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Christian Klar (Archivfoto von 1992)
Christian Klar (Archivfoto von 1992)Bild: picture-alliance/dpa

Der frühere RAF-Terrorist Christian Klar ist nach 26 Jahren Haft wieder auf freiem Fuß. Der 56-Jährige verließ am Freitag (19.12.2008) die Justizvollzugsanstalt Bruchsal in Baden-Württemberg, wie sein Anwalt Heinz-Jürgen Schneider in Hamburg mitteilte. Damit kam Klar knapp zwei Wochen früher als zunächst angekündigt frei, weil ihm nach Angaben des Justizministeriums in Stuttgart Ausgleichstage für in der Haft geleistete Arbeit angerechnet wurden.

Klars Anwalt Heinz-Jürgen Schneider sagte, sein Mandant könne ab jetzt "wieder selbst bestimmen, was er machen will und wo er es macht". Klar werde aber nicht die Öffentlichkeit suchen und "auf gar keinen Fall in Talkshows auftreten". Nach seiner Entlassung werde Klar zunächst in Berlin leben. "Ein solcher Umzug ist auch keine Überraschung", sagte der Jurist. In Berlin werde der 56-Jährige von einem Bewährungshelfer betreut.

Sechs Mal lebenslang plus 15 Jahren

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hatte im November die Aussetzung der Reststrafe Klars zum 3. Januar beschlossen. Zur Begründung erklärte das Gericht, es sei nicht zu befürchten, dass Klar künftig erneut erhebliche Straftaten begeht. Klars Entlassungstermin wurde nun vorgezogen, weil ihm laut Landesjustizministerium so genannte Freistellungstage zustanden. Dem Strafvollzugsgesetz zufolge müssen diese Tage demnach einem Gefangenen von Amts wegen angerechnet werden.

Klar war in den 1970er-Jahren einer der führenden Köpfe der zweiten Generation der linksterroristischen Rote Armee Fraktion (RAF). 1985 wurde er vom OLG Stuttgart wegen neunfachen Mordes und elffachen Mordversuchs zu sechs Mal lebenslanger Haft plus 15 Jahren verurteilt. Dabei befand ihn das Gericht aller Taten der RAF seit 1977 für schuldig. Dazu zählten unter anderem die Morde an dem damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback, dem Dresdner-Bank-Vorstandssprecher Jürgen Ponto und an Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer.

1997 entschied dann das OLG Stuttgart, dass die Mindestverbüßungsdauer 26 Jahre beträgt.

Klar zeigte bisher keine Reue

Im Mai vergangenen Jahres hatte Bundespräsident Horst Köhler eine Begnadigung Klars nach einem Gespräch mit dem Häftling abgelehnt. Klar hatte zuvor in einem TV-Interview keine Reuegefühle gezeigt und mit einer kapitalismuskritischen Grußadresse an eine linksgerichtete Konferenz in Berlin für Schlagzeilen gesorgt.

Nach der Freilassung Klars ist Birgit Hogefeld das letzte ehemalige Mitglied der RAF, das eine Haftstrafe verbüßt. Hogefeld, die zur dritten RAF-Generation zählt, wurde 1993 in Bad Kleinen verhaftet und wegen Mordes und Mordversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt. Ihr Gnadengesuch war von Köhler ebenfalls abgelehnt worden. (kas)

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