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Nordkorea pokert seit Jahrzehnten

31. Mai 2010

Der Streit um den Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffs im März 2010 hat den Korea-Konflikt neu angeheizt. Die Akteure, Drohmechanismen und Annäherungen haben eine lange Geschichte.

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Zehntausende Nordkoreaner recken bei einer Kundgebung in Pjöngjang ihre Fäuste in die Luft
Bild: AP
Karte der koreanischen Halbinsel mit Nordkorea im Fokus zwischen dem nördlichen Nachbarn China und Südkorea
Bild: AP

Die Teilung der koreanischen Halbinsel geht auf das Ende des Zweiten Weltkriegs zurück. 1945 wird das frühere japanische Kolonialgebiet entlang des 38. Breitengrads aufgeteilt in den sowjetisch besetzten Nordteil und den von den USA besetzten Süden.

Im Spätsommer 1948 wird zunächst in Seoul die Republik Korea ausgerufen, drei Wochen später proklamiert die kommunistische Führung im Norden die Demokratische Volksrepublik Korea. Die Besatzungsmächte Sowjetunion und USA ziehen sich zurück.

Korea-Krieg zieht USA und China in den Konflikt

Ein Besucher betrachtet Bilder vom Koreakrieg im Kriegsmuseum in Seoul
Bilder vom Koreakrieg im Kriegsmuseum in SeoulBild: AP

Nur zwei Jahre später beginnt mit dem Einmarsch der nordkoreanischen Truppen in den Süden der Koreakrieg. Die USA unterstützen den Süden, China greift auf Seiten Nordkoreas ein. Die Welt gerät an den Rand eines Atomkriegs. 1953 ist der Krieg mit bis zu drei Millionen Toten ohne Sieg beendet. Man schließt einen Waffenstillstand, einen Friedensvertrag gibt es bis heute nicht.

Nach 1953 werden die Verbindungen zwischen Nord- und Südkorea völlig abgebrochen, die demilitarisierte Zone zwischen beiden Staaten wird neben der innerdeutschen eine der am schärfsten bewachten Grenzen weltweit. Die Seegrenze im Gelben Meer ist bis heute umstritten.

Personenkult und Abschottung

Tausende nordkoreanischer Kinder halten farbige Karten, um ein riesiges Bild des verstorbenen Präsidenten Kim Il Sung zu bilden
Präsidentenkult in NordkoreaBild: AP

In Nordkorea etabliert Präsident Kim Il Sung eine kommunistisch-stalinistische Herrschaft mit starkem Personenkult. Ein Kult über seinen Tod hinaus: Sein Sohn und Nachfolger Kim Jong Il ernennt den toten Vater zum ewigen Präsidenten. Im Mausoleum in der Hauptstadt Pjöngjang wird der balsamierte Leichnam verehrt und vergöttert.

1961 schließt Nordkorea Freundschaftsverträge mit der Sowjetunion und der Volksrepublik China - bis heute der wichtigste Verbündete und Handelspartner. Von der übrigen Welt schottet die nordkoreanische Führung sich und vor allem ihre Bürger ab. Ins Ausland übertragen werden immer wieder Bilder von Militärparaden und jubelnden Menschenmengen.

Erste Phase der Annäherung

Anfang der 1970er-Jahre gibt es erste Gespräche über eine friedliche Wiedervereinigung mit dem Süden, doch es folgen auch immer wieder militärische Provokationen. Erst Mitte der 1980er-Jahre zeichnet sich eine Entspannung ab. Nordkorea unterzeichnet den Atomwaffensperrvertrag. Getrennte koreanische Familien aus Nord- und Südkorea können sich zum ersten Mal seit dem Ende des Koreakrieges besuchen.

Die Staatschefs Nord- und Südkoreas halten sich an der Hand und strecken ihre verbundenen Arme in die Luft
Historisches Gipfeltreffen im Jahr 2000Bild: AP

Beide Staaten werden 1991 UN-Mitglieder. Südkorea setzt mit seiner Sonnenscheinpolitik auf wirtschaftliche Hilfe und Kooperation, um Nordkorea zur Öffnung zu bewegen. 1992 treten ein Aussöhnungs- und Nichtangriffsvertrag sowie ein Abkommen über Atomwaffenfreiheit zwischen Nord- und Südkorea in Kraft.

In den Folgejahren leidet Nordkorea unter Überflutungen und Hungersnöten. Die Regierung gibt zu, dass sie Hilfe braucht, die Vereinten Nationen bringen Nahrungsmittel und Medikamente ins Land. Im Jahr 2000 kommt es zum ersten Gipfeltreffen der Staatschefs aus Nord und Süd in Pjöngjang.

Atomstreit mit den USA

Auch mit den USA gibt es seit 1994 ein Abkommen: Nordkorea verpflichtet sich, sein Waffenprogramm zu stoppen. Im Gegenzug erhält das Land Erdöl und zwei Leichtwasserreaktoren für die Stromproduktion.

Anfang 2002 aber widerruft US-Präsident George W. Bush den Vertrag mit Nordkorea. Er platziert den Staat neben Irak und Iran auf der so genannten Achse des Bösen. Die USA legen Beweise für ein geheimes Programm Nordkoreas zur Uran-Anreicherung vor. Nordkorea weist die Atominspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA aus. Anfang 2003 tritt Nordkorea aus dem Atomwaffensperrvertrag aus.

Vermittlungsversuch und Drohgebärde

Vertreter aus Nord- und Südkorea, den USA, Japan, China und Russland reichen sich beim 6-Parteiengespräch die Hände
Fürs Foto ganz innig: die Sechs-Parteien-Gespräche in PekingBild: AP

Um die Lage zu entschärfen, ruft man 2003 die Sechs-Parteien-Gespräche ins Leben. Neben den beiden koreanischen Staaten sitzen die USA, Japan, Russland und China mit am Tisch. Es gibt aber wenig Fortschritte.

2005 erklärt Nordkorea, es habe zur eigenen Verteidigung Atomwaffen gebaut. Pjöngjang bietet an, das Atomprogramm gegen Hilfslieferungen und Sicherheitsgarantien einzustellen. Die erhoffte Einigung platzt. Die USA verhängen Finanzsanktionen gegen Nordkorea, die Sechs-Parteien-Gespräche werden abgebrochen, der Gesprächsfaden reißt.

Poker mit der schärfsten Waffe

Südkoreaner schauen auf einen Monitor, der einen Atomtest zeigt
Südkoreas Fernsehen berichtet über Atomtest NordkoreasBild: AP

Ein Jahr später, im Oktober 2006, führt Nordkorea nach eigenen Angaben einen Atomwaffentest durch. Die Vereinten Nationen verhängen Strafmaßnahmen gegen Nordkorea, an denen sich China aber nicht beteiligt. Pjöngjang nennt die Resolution eine Kriegserklärung.

Schon im Folgemonat bietet Pjöngjang an, die Sechs-Parteien-Gespräche wieder aufzunehmen, wenn über die US-Finanzsanktionen verhandelt wird. Im Dezember gehen die Gespräche tatsächlich weiter.

Das Spiel wiederholt sich. In einem neuen Abkommen sichert Nordkorea zu, schrittweise sein Atomprogramm einzustellen. Im Gegenzug soll der Staat große Energielieferungen erhalten. Kritiker warnen davor, Nordkoreas Wechselspiel mit Drohungen und Zugeständnissen zu belohnen. Man spricht von einem gefährlichen Pokerspiel.

Endlich auf dem Weg zum Frieden?

Bild der nordkoreanischen Atomanlage Yongbyon, deren Kühlturm gerade gesprengt wird (dpa)
Nordkorea sprengt den Kühlturm des Atomreaktors in YongbyonBild: picture-alliance/ dpa

Zunächst setzt sich die Entspannung fort: Nordkorea schließt mehrere Atomanlagen. Das bestätigen Inspektoren der IAEA. Die Staatschefs Nord- und Südkoreas treffen sich erneut und vereinbaren, bald Friedensgespräche unter Beteiligung der USA und Chinas aufzunehmen.

Anfang 2008 bringt der neue konservative südkoreanische Präsident Lee Myung Bak schärfere Töne in den Dialog. Im Gegensatz zur entgegenkommenden Sonnenscheinpolitik seiner Vorgänger will er von Nordkorea Vorleistungen bei der nuklearen Abrüstung und der Beachtung der Menschenrechte. Die Beziehungen zwischen beiden Staaten verschlechtern sich. Im Herbst des Jahres droht Nordkorea damit, atomare Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen.

Zurück zur Konfrontation

Symbolbild: Treffen der Vereinten Nationen hinterlegt mit der nordkoreanischen Flagge
Nordkorea ist immer wieder Thema im UN-SicherheitsratBild: DW-Montage/picture-alliance/dpa

Im Mai 2009 führt Nordkorea nach eigenen Angaben einen weiteren erfolgreichen Atombombentest durch und erklärt, es fühle sich nicht mehr an den Waffenstillstand gebunden. Der UN-Sicherheitsrat verurteilt das Land noch am gleichen Tag einstimmig. Auch China stimmt zu, beteiligt sich aber nicht an Handels- und Finanzsanktionen.

Ende 2009 und Anfang 2010 folgten versöhnlichere Töne, doch seit der internationalen Untersuchung zum Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffs im März 2010 stehen die Zeichen wieder auf Konfrontation.

Autorin: Andrea Grunau

Redaktion: Kay-Alexander Scholz

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