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Comcast will Disney schlucken

11. Februar 2004

Der US-Kabelnetzbetreiber Comcast hat überraschend Übernahmepläne für den Traditionskonzern Walt Disney bekannt gegeben. Der Mega-Zusammenschluss würde die Medienwelt verändern.

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Keine Angst vor großen Namen: Comcast-Chef RobertsBild: AP

In der amerikanischen Medien- und Unterhaltungsbranche zeichnet sich eine Sensation ab: Der größte Kabelfernsehbetreiber Comcast will Walt Disney für 66 Milliarden Dollar (52 Mrd Euro) schlucken. Das teilte Comcast-Chef Brian M. Roberts am Mittwoch (11.2.2004) in New York mit.

Sollte Comcast bei dem traditionsreichen Mickey-Mouse-Konzern zum Zuge kommen, entstünde ein Unternehmen mit einem Umsatz von 45,4 Milliarden Dollar. Damit würde sich Comcast/Disney vor Time Warner (Umsatz: 40 Milliarden Dollar) auf den ersten Platz der globalen Rangliste der Medienkonzerne schieben.

Während Time Warner, der amerikanische Medienriese Viacom und die News Corp. neben ihren Filmstudios auch große Kabelfernseh- und TV-Töchter haben, musste Comcast in diesem Bereich bislang passen. Mit der Disney-Übernahme würde der Konzern diese Lücke schließen.

Schulden sollen mit übernommen werden

Der reine Kaufpreis für Disney soll im Zuge eines Aktientausches rund 54 Milliarden Dollar betragen. Comcast will aber auch Disney-Schulden von 11,9 Milliarden Dollar übernehmen. Das Unternehmen bezifferte den Gesamtwert der Transaktion auf 66 Milliarden Dollar.

Roberts schlägt den Disney-Aktionären einen Tausch von einer Disney-Aktie für 0,78 Comcast-Anteile vor. Für die Disney-Aktionäre bedeute dies eine Prämie von zehn Prozent oder insgesamt fünf Milliarden Dollar, erklärte Roberts, dessen Firma mit Sitz in Philadelphia der größte Kabelnetzbetreiber der USA ist. Die Disney-Aktionäre würden demnach nach dem Aktientausch 42 Prozent an der fusionierten Firma halten.

Disney will prüfen

Der Disney-Verwaltungsrat wird nach Angaben des Unternehmens das Übernahmeangebot "sorgfältig prüfen".
Dennoch ist die Offerte laut Comcast zuvor schon auf Ablehnung gestossen. Comcast-Chef Roberts hatte den Übernahmevorschlag Anfang der Woche Disney-Chef Michael D. Eisner unterbreitet. Es sei bedauernswert, dass Eisner nicht darauf eingegangen sei, erklärte Roberts. Deshalb müsse man den Vorschlag nun öffentlich an Eisner und den Disney-Verwaltungsrat machen. Hält Comcast an seiner Offerte auch nach einem Nein durch die Disney-Führung fest, müsste der Traditionskonzern eine feindliche Übernahme abwehren. Comcast würde dann versuchen, die Disney-Aktionäre auf seine Seite zu ziehen.

Für Eisner, der Disney seit 20 Jahren führt, kommt der Übernahmeversuch zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Der Disney-Konzern kämpft seit Jahren mit Problemen. Neben den Schwierigkeiten des Unternehmens durch die Medienkrise brachten auch hausinterne Querelen das Mickey-Maus-Imperium in die Schlagzeilen. Anfang Dezember 2003 verließ Roy Disney, der Enkel des Konzerngründers Walt Disney, die Firma im Streit. Er wirft Eisner vor, die traditionelle Kreativität des Konzerns dem Profit geopfert zu haben.

Bereits vorher "Giganten" übernommen

Eisners Gegenspieler Roberts hat keine Scheu vor Mammuttransaktionen. Comcast hatte Ende 2002 die viel größere Kabelfernsehsparte der Telefongesellschaft AT&T für 72 Milliarden Dollar übernommen und war damit zum größten US-Kabelfernsehunternehmen geworden. Comcast hat einen Umsatz von 18,3 Milliarden Dollar, während es Disney mit seinen Filmstudios, Freizeitparks, dem Fernsehsender ABC und mehreren Kabel-TV-Kanälen auf 27,1 Milliarden Dollar Jahresumsatz bringt.

Comcast hat rund 21 Millionen Kabelfernseh- und fünf Millionen Breitbandkunden. Das Unternehmen versucht Disney die Übernahme mit dem Hinweis schmackhaft zu machen, dass der Konzern so einen besseren Zugang zu technologischen Innovationen bei der Übermittlung seiner Unterhaltungsangebote habe. Als integriertes Unternehmen könne man den Herausforderungen der jeweiligen Wettbewerber besser begegnen. Comcast rechnet nach eigenen Angaben mit einer Dauer von einem Jahr bis zum Abschluss der Transaktion. (ali)